Montag, 10. Juli 2017

FILM LIST: Oktober 1917

 Hast du im Kino die Doku 1917 gesehen und willst nun mehr aus dieser Zeit des sovietischen Kinos? Dann lies weiter. Zum Glück haben wir seit Jahren schon eine gute Auswahl an "revolutionären" russischen Filmen aus der Zeit nach 1917. Als die DVD noch ein neues Medium war, da gabs weder "Mother", noch "Strike". Später brachte das Indie Label absolut eine Reihe russischer Stummfilmklassiker heraus. Meine Quelle damals aber war das staatliche Bo Ying Label aus China. Das arbeitet wie folgt: Filmklassiker, die nirgendwo auf DVD erscheinen, bringt Bo Ying heraus. Nach dem chinesischen Verständnis sind die Rechte an solchen Werken frei. Es benutzt sie ja niemand. Deshalb steht in unserem Filmarchiv der Filmkunstbar Fitzcarraldo eine schöne Reihe an Stummfilmklassikern der UDSSR. Immerhin, die 20er waren eine Zeit, in der im russischen Kino einfach alles möglich war! Bis Ende der 20er besassen russische Filmemacher die nahezu uneingeschränkte Freiheit, dass zu zeigen, was sie wollten! Wie alle anderen Künste wurde der russische Film vom Elan der Revolution getragen, was sich in den Themen zeigte: Die Geschichte der Revolution, die Erziehung hin zum sozialistischen Menschen und die Masse als historisches Subjekt. Abgelehnt wurde die überkommene bürgerliche Erzählweise, das hatten alle Filme der Zeit gemein. Die Produktionen verliefen chaotisch, ein kreatives Chaos statt straffer Planung hielt alles zusammen. Es entstanden einige der seltsamsten und befreiendsten Filme aller Zeiten, bis die kommunistische Partei 1928 die Kontrolle über die Drehbücher und endgültigen Fassungen einführte. Unrealistische Darstellungen und unorthodoxe Strukturen sollten ein für alle Mal verhindert werden, gegen Formalismus wurde vorgegangen. Ab 1929 gab es weniger Spielfilme als die neue Form des Agitpropfilms. Ab 1930 wurde planwirtschaftliche Propaganda produziert vom staatlichen Sojuskino. Technisch und ästhetisch wurde das Sovietkino erdrückt, es stagnierte, die Basisdemokratie war vorbei. Bis zu Stalins Tod setzte der „sozialistische Realismus“ der Lust am Experimentieren ein Ende. Das russische Kino der Zeit wirkt wie die Tragödie gescheiterter Hoffnungen, der Einfluss von Eisenstein oder Dowshenko tauchte weltweit zwar immer wieder auf, in der Nouvelle Vague oder dem Cinema Novo, doch immer nur als Protestnote, nie mit gesellschaftlichen Rang. Die wichtigsten Errungenschaften des Revolutionskinos wie die Parallelmontage wurden im westlichen Kino nicht zufällig vor allem verwendet, um etwas voneinander zu trennen und nicht etwa dialektisch zu verbinden. Es scheint, als hätte sich die sowjetische Farce ständig wiederholt.

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