FILM LIST: Oktober 1917
Hast du im Kino die Doku 1917 gesehen und willst nun mehr aus dieser
Zeit des sovietischen Kinos? Dann lies weiter. Zum Glück haben wir seit
Jahren schon eine gute Auswahl an "revolutionären" russischen Filmen aus
der Zeit nach 1917. Als die DVD noch ein neues Medium war, da gabs
weder "Mother", noch "Strike". Später brachte das Indie Label absolut
eine Reihe russischer Stummfilmklassiker heraus. Meine Quelle damals
aber war das staatliche Bo Ying Label aus China. Das arbeitet wie folgt:
Filmklassiker, die nirgendwo auf DVD erscheinen, bringt Bo Ying heraus.
Nach dem chinesischen Verständnis sind die Rechte an solchen Werken
frei. Es benutzt sie ja niemand. Deshalb steht in unserem Filmarchiv der
Filmkunstbar Fitzcarraldo eine schöne Reihe an Stummfilmklassikern der
UDSSR. Immerhin, die 20er waren eine Zeit, in der im russischen Kino
einfach alles möglich war! Bis Ende der 20er besassen russische
Filmemacher die nahezu uneingeschränkte Freiheit, dass zu zeigen, was
sie wollten! Wie alle anderen Künste wurde der russische Film vom Elan
der Revolution getragen, was sich in den Themen zeigte: Die Geschichte
der Revolution, die Erziehung hin zum sozialistischen Menschen und die
Masse als historisches Subjekt. Abgelehnt wurde die überkommene
bürgerliche Erzählweise, das hatten alle Filme der Zeit gemein. Die
Produktionen verliefen chaotisch, ein kreatives Chaos statt straffer
Planung hielt alles zusammen. Es entstanden einige der seltsamsten und
befreiendsten Filme aller Zeiten, bis die kommunistische Partei 1928 die
Kontrolle über die Drehbücher und endgültigen Fassungen einführte.
Unrealistische Darstellungen und unorthodoxe Strukturen sollten ein für
alle Mal verhindert werden, gegen Formalismus wurde vorgegangen. Ab 1929
gab es weniger Spielfilme als die neue Form des Agitpropfilms. Ab 1930
wurde planwirtschaftliche Propaganda produziert vom staatlichen
Sojuskino. Technisch und ästhetisch wurde das Sovietkino erdrückt, es
stagnierte, die Basisdemokratie war vorbei. Bis zu Stalins Tod setzte
der „sozialistische Realismus“ der Lust am Experimentieren ein Ende. Das
russische Kino der Zeit wirkt wie die Tragödie gescheiterter
Hoffnungen, der Einfluss von Eisenstein oder Dowshenko tauchte weltweit
zwar immer wieder auf, in der Nouvelle Vague oder dem Cinema Novo, doch
immer nur als Protestnote, nie mit gesellschaftlichen Rang. Die
wichtigsten Errungenschaften des Revolutionskinos wie die
Parallelmontage wurden im westlichen Kino nicht zufällig vor allem
verwendet, um etwas voneinander zu trennen und nicht etwa dialektisch zu
verbinden. Es scheint, als hätte sich die sowjetische Farce ständig
wiederholt.
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