Samstag, 28. April 2018

youtube stream: Rainer Werner Fassbinder - Fear Eats Soul (engl. subt.)


Bereits die Eröffnungs-Szene gibt das Thema vor: Sie gegen uns. Eine ältere Frau, einfach gekleidet und etwas pummelig, geht in eine Bar und setzt sich an den Tisch in der Ecke. Sie bestellt eine Cola. Eine Gruppe von Gästen starrt hinüber zu ihr. Die Kamera verdeutlicht uns die Distanz zwischen ihr und der Gruppe. Die blonde Barbedienung bittet einen arabischen Kunden, mit der Dame zu tanzen. Er kommt dem Wunsch nach, während die Anderen starren... Angst essen Seele auf ist ein Film über diese beiden Menschen: Emmi Kurowski (Brigitte Mira), eine etwa 60jährige Witwe, die als Putzfrau arbeitet und deren Kinder sie meiden. Ali (El Hedi ben Salem) ist ein "Gastarbeiter" um die 40, ein Mechaniker aus Marokko. Mit fünf Männern lebt er gemeinsam in einem Raum und kann sein Leben einfach beschreiben: Immer Arbeit, immer betrunken. Ali ist nicht einmal sein richtiger Name, doch in Deutschland 1974 heissen vermutlich alle dunkelhäutigen Gastarbeiter Ali (und heute?). Rainer Werner Fassbinder erzählt ihre Geschichte knapp - den Film hat er in zwei Wochen abgedreht. Inspiriert durch Douglas_Sirk, den Fassbinder immer bewunderte. Fassbinder aber lässt alle Höhen und Tiefen des klassischen Melodrams weg und übernimmt nur die stille Verzweiflung (er war der Ansicht, Hollywood Filme seien zwar phantastisch, aber verlogen). Angst essen Seele auf ist so kraftvoll, weil der Film ganz simpel funktioniert. Die beiden Hauptfiguren sind zwar aufgrund ihres Alters und ihrer Herkunft voneinander getrennt, haben aber eine Sache gemein: Sie mögen sich - in einer Welt, die kalt ist und gleichgültig. Schüchtern gesteht Emmi, dass sie Gebäude-Reinigungskraft ist und dass viele deshalb auf sie herab sehen würden. Ali entgegnet nur: Deutscher Herr, arabischer Hund. In vielen Fassbinder Filmen spielt der Sex eine gewisse zynische Rolle und dient zur gegenseitigen Ausbeutung. In Angst essen Seele auf aber beruht alles auf Zärtlichkeit. Oft begleitet der Marokkaner die Putzfrau nach Hause. Es regnet und sie lädt ihn auf einen Kaffee ein. Sein Heimweg mit dem Bus dauert sehr lang. Sie fragt ihn, ob er die Nacht bei ihr verbringen möchte. Er kann nicht schlafen, möchte reden. Sie schlägt ihm vor, an ihrem Bettrand zu sitzen. Als ich den Film wieder sah, fiel mir auf, dass er in dieser Szene zum ersten Mal ihre Hand hält und auch den Arm streichelt(...)

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