Sonntag, 6. Mai 2018

youtube stream: Gus van Sant - Elephant


 Gus van Sants Elephant ist ein Film über einen ganzen Tag. So einen Tag wie das Massaker von Columbine, an dem 13 Kinder starben. Er versucht keinerlei Erklärungen für die Tragödie, keine Einsichten in die Psyche des Killers. Er bietet keine Theorien an über Teenager, die heutige Gesellschaft oder das amerikanische Recht, Waffen zu besitzen. Elephant betrachtet einfach diesen einen Tag und das an sich ist mutig und radikal. Was bedeutet das für uns? Nach dem Abspann ists schlicht unmöglich, diesen Fall einfach zu vergessen und zum Tagesgeschehen zurückzukehren. Van Sant scheint zu glauben, dass es keine Gründe für Columbine gibt und deshalb auch keine Abhilfe. Sinnlose Gewalt wird auch in Zukunft geschehen. Erinnern wir uns nur an manche Kritikerstimmen, nachdem Elephant 2003 die goldene Palme gewann: Sie waren gänzlich unbefriedigt. Man stelle sich vor, Elephant hätte die berühmte Frage beantwortet, ob gewalttätige Filme Schuld sind an Columbine? Meine Antwort: Nein. Sah man ein ähnliches Szenario nicht zuvor in Basketball_Diaries mit Leonardo_Di_Caprio? Doch wer erinnert sich schon an Basketball_Diaries. Der Film floppte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer der Täter ihn vorher sah. Genauso gut könnte man der Presse vorwerfen, Ereignisse wie Columbine in Gang zu setzen, einfach, indem dadurch berichtet wird. Was lernen solche Kids daraus? "Wenn ich alle in meiner Schule erschiesse, werde ich berühmt sein. Das Fernsehen wird nur noch über mich berichten. Die anderen Schüler und Lehrer werden lernen, wie es ist, mich zu verarschen. Ich werde in einem Feuerwerk untergehen." Verkürzt gesagt: Columbine wird vor allem durch die Berichterstattung angeheizt und den Versuch, die Täter zu "erklären". Elephant IST ein gewalttätiger Film, dadurch dass viele Kids erschossen werden. Keiner dieser Morde aber wird für uns filmgerecht präpariert. Der Film bläst seine Gewalt-Szenen nicht künstlich auf, verweilt nicht, spitzt nicht zu, bietet keinen Höhepunkt und keine Auflösung. In diesem Sinne funktioniert Elephant als Anti-Gewalt Film. Ich bezweifle, dass er so irgendwen anstachelt, solch eine Tat zu wiederholen. Van Sant zeigt, wie die Kids mit ihrer täglichen Routine in der Schule eintreffen. Einige begegnen den Mördern und sterben, andere entkommen. Ganz grundlos. Van Sant zeigt uns das in langen Einstellungen, so als würde er sich für keinen einzelnen Charakter besonders interessieren. Einmal folgt die Kamera einem afro-amerikanischen Teenager wie er allein durch die Korridore geht. Wird er die Killer stellen, ihnen die Waffen abnehmen und wir könnten ihn als Helden feiern? Aber nein! Nichts dergleichen. Alles, was Van Sant uns zeigt ist der plötzliche, traurige Tod. Wir sind also gezwungen, unsere eigenen Beobachtungen anzustellen. Womöglich finden wir sogar eigene Lösungen? Elephant jedenfalls verweigert sich der Hollywood Industrie. Normalerweise müsste Hollywood eine Art Katharsis anbieten nach einer Tragödie wie Columbine. Van Sant aber filmt ohne Stars mit geringem Budget. Columbine ist eben nicht "kommerziell".

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