Montag, 13. November 2017

youtube stream: Claude Chabrol - Juste Avant La Nuit

 Die Blondine sieht schön aus, vielleicht ein bisschen zu sehr. Sie räkelt sich auf dem Bett. Sie fordert ihn auf, mit ihr zu spielen - und leckt sich die Lippen. Michel Bouquet sitzt voller Gram am Fenster. Ein kleiner Mann, korrekt gekleidet, mit dünnem Haar, dass ihm langsam ausgeht. Er will überhaupt nicht spielen, tut es dann aber doch. Die Blonde schliesst ihre Augen und widmet sich ganz ihren Vergewaltigungs-Fantasien. Natürlich wünscht sie auch, gewürgt zu werden. Die Leinwand verdunkelt sich, es erscheint der Titel: Juste Avant La Nuit. In dem Moment, da das Licht zurückkehrt ist die Blonde tot. Wie so oft in Claude Chabrols Filmen erscheinen seine Charaktere wie Prototypen der französischen Bourgeoisie. Sie sind furchtbar seriös und werden von allen respektiert, leben in erhabenen Anwesen und arbeiten in Schlüsselpositionen. Doch hinter der Fassade verbergen sich dunkle Fantasien und wohl behütete Geheminisse bis hin zum Mord. Killer sind sie nicht. Es ist eher so, dass sie sich über die eigene Tat wundern und erschrecken. Juste Avant La Nuit ist einer der besten Chabrol Filme zu seinem Lieblingsthema. Wie in seinen besten Werken verbirgt sich so viel mehr hinter den zunächst glatten Charaktere. So viel mehr kann Chabroll über sie erzählen! Just Avant La Nuit handelt von Schuld und Sühne - schliesslich auch von Vergebung. Irgendwann dachte ich mir, dass ein Mord doch eigentlich jedem passieren könnte. Doch wären wir genauso vulgär wie Chabrols Figuren, den Mord anschliessend zu beichten? Die Tote ist die Frau von Charles' (Bouquet) bestem Freund. Seit mehreren Monaten pflegen sie und Charles eine Affäre. Eine perverse Beziehung, die auf den Fantasien der Ermordeten beruht. Im Grunde verachtet Charles sie und ihre Spielchen. Das, was sie wünscht, ist ihm zuwider! Ich denke nicht, dass er den genauen Grund kennt, weshalb er sie ermorden will - jedenfalls kehrt er nach der Tat zurück in sein gewohntes Leben. Niemand verdächtigt ihn. Charles ist verheiratet mit einer eleganten Frau (Stephane Audran). Er ist Vater von netten und aufgeweckten Kindern. Während des Begräbnisses erlangt Charles die absolute Gewissheit, dass die Polizei seine Spur niemals aufnehmen wird. Nachts aber quält seine Tat ihn, bringt ihn um den Schlaf. Charls überkommt der Wunsch, sein Verbrechen jemandem zu beichten: Seiner Frau als auch seinem besten Freund, dem Witwer der Toten. Und welch Wunder - sie alle vergeben ihm. Niemand verspürt die Lust auf Rache. Doch genau danach verlangt Charles. Er möchte gerichtet und bestraft werden. Die Anderen aber verhalten sich nicht anders als die tote Blondine, ganz so als führten sie ihr Spiel fort. Juste Avant La Nuit ist eine Meditation über das Thema Schuld. Was ist richtig? Was ist falsch? Natürlich bedauert man die Tote. Die Polizei zu rufen würde aber doch etwas zu weit gehen. Wer ausser Chabrol wäre noch in der Lage, ein Verbrechen wie Mord weniger verachtungswürdig darzustellen? Wer könnte es noch skandalöser relativieren?

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