Alejandro Jodorowsky - Endless Poetry
Endless Poetry, der zweite Teil der autobiographischen Fantasie des 88jährigen chilenischen Surrealisten Alejandro Jodorowsky, ist kein Werk eines alten Mannes geworden. Im Gegenteil, Endless Poetry wirkt wie die Passion eines jungen Mannes mit dem Egoismus eines solchen! Jeder Charakter darin darf als Reflexion oder Abstraktion der anarchischen Erinnerungen der Hauptfigur gelten. Sie alle schmücken diese Erinnerungen nur aus oder reichern sie an! Alles führt zurück zu Jodorowsky, diesem radikalen Anti-Kapitalisten, dem Anti-Kirchlichen, dem Anti-Staatlichen, dem Anti-Familienmenschen (obwohl er doch seine beiden Söhne einsetzt). Und so wirkt Endless Poetry dann doch wieder wie der Film eines alten Mannes, denn er erlaubt es, uns selbst zu betrachten - aber durch Jodorowskys Leben. Der junge Alejandro (Jeremias Herskovits, und später Alejandros Sohn Adan Jodorowsky) muss sich behaupten. Poet möchte er werden, sein hartherziger Vater aber hat andere Pläne. Alejandro soll Medizin studieren. Deshalb kommt es nach einer Feier zum Bruch. Mehr passiert nicht. Lose verknüpft trifft er eine Reihe skurriler Gestalten, die den werdenden Dichter inspirieren. Dann, in einer wahnwitzig überzeichneten Künstler-WG, lernt er, Puppen zu basteln. Währenddessen kauern in den Ecken, wie Dämonen, Bühnenhelfer, die Requisiten reichen, die wiederum im Film gebraucht werden. Alles klar? Wir dürfen uns auf eine Reise begeben, in der sogar Jodorowsky selbst als eine Art Scharlatan (oder Therapeut) auftritt mit erhobenem Finger wie damals in Montana_Sacra. Endless Poetry funktioniert wie ein Sequel zu seinem letzten Film, dem grossen Comeback The Dance Of Reality. Wobei: Endless Poetry ist der zugänglichere Film! Das kommt daher, da er einen bestimmten Punkt seines Lebens heraussucht, in dem es darum geht, aus eigenen Fehlern zu lernen. An manchen Stellen aber kehrt Endless Poetry auch wieder zurück zum Stil von The Dance Of Reality, fast wie in einer Jodorowsky Sitcom. Weiter im Text; denn Alejandro muss sich vom Vater Jaime (Brontis Jodorowsky - Sohn Nummer Zwei) emanzipieren. Jodorowsky damals, das war keiner, der sich passiv dem Mystizismus unterwirft. Er war ein aktiver Suchender nach allem, was das Leben GRANDIOS macht! Er entflieht seinem Zuhause, schliesst sich einem Künstler-Kollektiv an. Mit Sicherheit weiss er; er ist so wie sie! Für Jodorowsky war die Entscheidung, Poet zu werden, eine rebellische Handlung. Er lernt neue Freunde und Liebhaber kennen, Enrique Lihn (Leandro Taub), und Stella (Pamela Flores), die ihn inspirieren. Letztendlich aber wurde alles von Männern geschaffen. Von einem Mann. Ihm selbst. Endless Poetry ist ein Tribute Jodorowsky an sich selbst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen