Dienstag, 9. Mai 2017

youtube: Rudolf Thome - Das rote Zimmer (germ. only)


youtube: Rudolf Thome - Das rote Zimmer (germ. only). Gibt tatsächlich niemand mehr Geld für einen neuen Thome Film? Armes Deutschland! - Unser alter Kollege Thomas Groh schreibt im Perlentaucher: Ein vorpommersches Filmwunder, in dem aller guten Dinge am Schluss drei sind, ist Rudolf Thomes jüngstes Werk "Das rote Zimmer". Vor einem Jahr ließ Rudolf Thome im Kino (in "Pink") noch eine Frau unter drei Männern auswählen - am Ende stand das Glück in trauter Zweisamkeit. Ein Jahr später, in "Das rote Zimmer", trennt sich nun eine Frau von ihrem Mann, der sich wiederum in Folge für zwei Frauen entscheidet - auf der Suche nach dem Glück in trauter Dreisamkeit. Der Mann, um den es geht, ist der Berliner Kussforscher (!) Fred (Peter Knaack), der zwar zu Prostituierten geht, aber eigentlich Romantiker ist: Mit seiner liebsten Prostituierten will er anfangs bei Kerzenlicht Geburtstag feiern, seiner Frau sagt er kurz vorm Scheidungstermin noch, dass er sie liebt. Zweifel an seiner Aufrichtigkeit kommen indes ebenso wenig auf wie Zweifel an einer Biene, die von einer Blüte zur nächsten fliegt. Im Grunde ist Fred kein böser Mensch, nur die üblichen "Formen der Liebe" (so der Titel eines Zyklus im Werk des Regisseurs sowie eines gerade erschienenen Buches über seine Filme) sind nicht die seinen. Auf dem Land, etwas abgelegen in einem seltsam künstlich blau ins Feld getupften Häuschen, lebt die wenig beachtete Schriftstellerin Luzie (Katharina Lorenz) mit ihrer jüngeren Freundin Sibil (Seyneb Saleh). Um ihren ersten Bestseller zu landen, will Luzie die Seele der Männer erforschen. Der zufällig von Sibil in Berlin aufgegabelte Fred ist dafür gerade der rechte Kandidat. Für den von Scheidung und Jobkrise gebeutelten Fred tut sich in dem blauen Haus mit dem geheimnisvollen roten Zimmer, mit Luzie und Sibil die Möglichkeit einer Utopie auf. Und wäre nicht Thome verantwortlich, man müsste Schlimmstes erwarten. Im "Roten Zimmer" tauchen auf: Drogen, lesbische Beziehungen, Polyamorie, Arbeits- und Lebenslaufverweigungerungen, Prostitution, ein gelegtes Buschfeuer, eine junge Kurdin, die nicht für eine Türkin gehalten werden will, Sex zwischen Menschen, die rund 20 Jahre auseinander liegen, eine Scheidung, spontaner Sex am Baggersee, Eifersüchteleien, ein mysteriöses Hinterzimmer, in dem wer weiß was geschieht (und es an dieser Stelle zu verraten, hieße einem wunderbaren Film Gewalt antun), alles also, was einem schlechte Roehler- und miese deutsche Problemfilme von der eigenen Relevanz unbedingt überzeugt um die Ohren hauen. Vom Trara solchen Filmboulevards ist "Das rote Zimmer" allerdings so weit entfernt wie _Godard zuletzt von seiner eigenen Oscarverleihung. Es zeichnet den Film gerade aus, dass er die in jeder Ecke lauernden, oben skizzierten Fallen mit souveräner Geste noch nicht einmal ignorieren muss. Vielmehr ist "Das rote Zimmer" ein sanftes, sommerlich entrücktes, von süßer Musik sacht aus dem Hintergrund umspieltes Kinowunder mit wunderbar lakonischem Witz, in dem sich nie erahnen lässt, was einen - buchstäblich - hinter der nächsten Tür erwartet, was in den nächsten zwei Minuten Spielzeit geschieht. Einmal etwa taucht eine Vorpommersche Aphrodite aus dem Baggersee auf, ganz einfach so, und verschwindet wieder. Thome erklärt das nicht - Traum? Günstige Gelegenheit an einem Sommerabend? Bedarf das wirklich der Erläuterung? Eben. "Das rote Zimmer" ist ein Märchenfilm, wenn es denn zuletzt einen Märchenfilm gegeben hat, der sich mit Mut zur Verknappung auf das allerwesentlichste konzentriert. Rudolf Thome filmt hier im Alter von 71 Jahren mit der Frische eines jungen Filmemachers, der das Wunder, einen eigenen Film drehen zu dürfen, womöglich gar nicht fassen kann. Was er erzählt, ist keine Anweisung, wie das Leben glücken könnte, sondern die fragile Utopie, dass das glückende Leben wirklich gelingt - in einem Sommer, in einer Küche, in einer Hängematte und im roten Zimmer aus dem Titel. Thomas Groh

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen