youtube stream: Federico Fellini - La Dolce Vita
 Wie das so ist mit den berühmtesten Filmen aller Zeiten: So viele 
Interpretationen ranken sich um die Klassiker! Wer kennt die von den 
sieben Todsünden, den sieben Hügeln Roms und den sieben Nächten in La 
Dolce Vita? Oder würdigt das Fellinis Film herab zu einem 
Kreuzworträtsel? La Dolce Vita ist eine Parabel. Eine Parabel über einen
 Mann ohne Eigenschaften. Einen Mann, der seine Mitte nie gefunden hat. 
Gedreht hat Fellini La Dolce Vita in der berühmten Via Veneto - der 
Strasse der Nachtclubs und Strassencafes. Die Strasse des vergänglichen 
Ruhms und der aufstrebenden Stars aus der zweiten Reihe. Der Held, 
Marcello, ist ein Klatschreporter. Er chronologisiert das süsse Leben. 
Gespielt wird Marcello von Marcello Mastroianni. Beide Marcellos 
verschmelzen zu einem schönen, erschöpften und verzweifelten Mann, der 
davon träumt, eines Tages auch einmal etwas Gutes zu bewirken. Leider 
aber ist er in seinem Leben gefangen. Im Leben der langen Nächte und 
einsamen Träume. Der Film folgt Marcello und bietet ganz nebenbei eine 
Extravaganz nach der anderen. Was für Bilder! Marcello wiederum folgt 
den Frauen und einer STORY. Sicher, zu Hause wartet die suizidale 
Verlobte (Magali Noel) - doch im Nachtclub trifft er eine wunderschöne 
Dame der Gesellschaft (Anouk Aimee), mit der er ein Bordell besichtigt. 
Wieder dämmert es. Der Dämmerung folgt die Nacht und wieder und wieder. 
Eine Reihe von Abstiegen und Aufstiegen. Hinunter in den Nachtclub, zu 
den Huren. Dann wieder hinauf in den St. Peters Dom oder die Wohnung des
 Intellektuellen: Steiner (Alain Cuny), dem Held des Films.  Wie 
wundervoll ist die Eröffnungs-Szene, in der eine Christus Statue mit 
einem Hubschrauber nach Rom gebracht wird? Währenddessen finden die 
Fischer an der Küste ein Monster, einen riesigen Fisch. Die Statue ist 
schön, aber unecht. Der Fisch ist hässlich und echt. Dann taucht 
Marcello aus, der versucht, die Telefonnummer einer der badenden Bikini 
Schönheiten zu ergattern. Ganz am Ende trifft Marcello das schüchterne 
Mädchen, das er mal während eines Landausflugs kennengelernt hatte, sich
 aber nicht mehr erinnert. Verfehlte Kommunikation zu Beginn und im 
Finale. Eröffnung und Ende sind symmetrisch. Überhaupt ist vieles in La 
Dolce Vita symmetrisch aufgebaut. Zu Beginn trifft Marcello auf einen 
grossen Filmstar (Anita Ekberg), der sein Verlangen weckt. Er folgt ihr 
auf den St. Peters Dom und wieder hinab in einen Nachtclub. Man hört die
 wilden Strassenköter heulen und sie heult zurück. Dann wartet sie in 
die berühmte Trevi Fontäne und er folgt ihr in den Brunnen. Marcello 
idealisiert sie - SIE, die Frau aller Frauen. Natürlich bleibt sie für 
Marcello unerreichbar. Im Zentrum von La Dolce Vita aber steht Steiner, 
der all das verkörpert, was Marcello gern wäre. Steiner lebt in einer 
Wohnung, die angefüllt ist mit Kunstgegenständen. Er steht einem Salon 
voller Poeten, Intellektuellen und Künstlern vor. Seine Frau ist 
wunderschön, seine Kinder perfekt. In einer Kirche spielt Steiner Bach, 
drängt Marcello, endlich mehr Vertrauen in sich selbst zu haben und 
seinen Roman zu beenden! Doch auch Steiners Heiterkeit soll als Lüge 
enttarnt werden... Wie in kaum einem anderen Werk, folgt eine berühmte 
Szene auf die nächste. Wer erinnert sich an die Echo Kammer oder die 
berührende Sequenz mit Marcellos Vater Annibale Ninchi)? Fellini hat La 
Dolce Vita mit zügelloser Energie inszeniert! Er steht am Scheideweg 
seiner frühen neorealistischen Filme und seiner späteren verrückten 
Werke. Der Soundtrack von Nino Rota passt perfekt zum Lebensrhythmus des
 Films, ist mal vom Jazz beeinflusst, dann wieder wirkt er wie eine 
Liturgie. Alles ist ständig in Bewegung und das unterstreicht die Musik.
 Während sich La Dolce Vita nie verändert hat, sehe ich selbst den Film 
heute ganz anders. Als Teenager träumte ich vom süssen Leben. Sünden! 
Glamour! Eine beschwerliche Romanze! Heute erlebe ich Marcello als Opfer
 auf der Suche nach dem Glück, das sich nie erfüllen wird. Ich fühle 
Mitleid und Liebe für seine Figur! La Dolce Vita wirkt wie die 
Momentaufnahme einer Suche, die Fellini unvergänglich machte. Das süsse 
Leben - es gibt es nicht. Genau das muss aber jeder für sich selbst 
herausfinden.
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