Dienstag, 1. August 2017

FILM LIST: Jeanne Moreau


Sollten wir denn nicht vor Ehrfurcht erstarren? Ist sie denn tatsächlich menschlich? Jeanne Moreau hat mehr grosse Filme mit den grössten Regisseuren gemacht als jede andere. Manchmal konnte sie so lächeln wie ein kleines Mädchen. Wer ein Interview mit ihr liest, ist erstaunt, wie freundlich und direkt sie antwortet. Also doch keine Gottheit, nur menschlich? Ich kann das nicht glauben. Moreau arbeitete drei Mal mit Orson Welles, zwei Mal mit Francois Truffaut. Sie spielte in einem Michelangelo Antonioni Film und in Werken von Luis Bunuel, Jean Renoir, Louis Malle (...). Ihre Biographie überrascht uns wenig, angesichts ihrer Filmographie. Sie, die Tochter eines britischen Vaters und einer französischen Mutter, wurde während sie auf der Comedie-Francaise lernte, schwanger von einem Studenten. Man zwang sie zur Heirat, doch Moreau verliess ihren Mann und das Kind. Doch wie die meisten ihrer Liebhaber blieb ihr Mann doch im Umfeld von Moreau - er inszenierte sogar Filme mit ihr. Einmal sagte sie, ein Mann, den sie liebt, würde für immer wie ein Bruder für sie sein. Moreau verglich gern die Liebe mit einer Schüssel Suppe. Die ersten Löffel zu heiss, die letzten zu kalt. In Les Amants von Louis Malle flieht Moreau aus ihrem bürgerlichen Leben, verlässt ihr Kind, um mit dem Mann, der sie liebt, eine einzige Nacht zu verbringen. Ihr berühmtester Film, Truffauts Jules Et Jim, wurde fast ohne Geld produziert. Moreau, die selten mehr als einen Take braucht, kam das bestimmt zugute! Stets suchte sie nach Projekten, die sie liebte, selten nach kommerziellen Erfolgen. In ihrem ersten Film Elevator to the Gallows von Louis Malle gibt es diese Szene, in der sie nachts durch Paris geht. Wir sehen ihr Gesicht nur gespiegelt in den Schaufenstern, manchmal hässlich, dann wieder attraktiv. Ein Film, der von der Jazz-Musik Miles Davis lebt. Später sollte auch Moreau eine Schallplatte mit Chansons einspielen. In Maguerite Duras Verfilmung von Moderato Cantabile (1960) trank Moreau tatsächlich bis in die frühen Morgenstunden, um ihre Rolle auch zu spüren. Ich denke, es ist ihr grösster Auftritt überhaupt geworden! Moreau scheint fast von Sinnen; niemand hätte sich gewundert, wäre sie mitten in einer Szene einfach umgefallen. Wie real wurde Duras doch so artifizielles Werk durch diese Performance! Angeblich verpflichtete Antonioni Moreau für La Notte wegen ihres Ganges. Bunuel war offensichtlich in Diary of a Chambermaid auch fasziniert davon! Am meisten aber glorifizierte Orson Welles Moreau. In The Immortal Story spielt sie eine Hure und man fragt sie, ob sie 17 sei. "Yes!"; entgegnet Moreau und dann ist sie auch 17. Am attraktivsten war sie natürlich in Jules and Jim - mit diesem Lächeln! Oder doch in Jacques Demys Bay of Angels? Ist ihre Spielsucht nicht höllisch attraktiv? Die tollsten Moreau Filme aus den 60ern sind fast handlungslos. Sie sind ganz Stimmung, beruhen auf einer Idee, auf einem Thema. Moreau spielt fast immer Rebellen. Sie bricht die Regeln, aber mit vollem Herzen. Genau das machte sie während der 60er zu einer solch glamorösen und romantischen Figur! Zu einer einsamen aber eben auch. Nie spürte man das deutlicher als in Tony Riichardsons Mademoiselle, in dem sie eine kranke Lehrerin mit tiefliegenden, schwarzen Augen verkörpert. Ganz anders die Moreau in Viva Maria von Louis Malle - auf Augenhöhe mit Brigitte Bardot. In einem Moment diese schwarzen Ringe um ihre Augen. Sie wirkt verloren. Nur ihr Moreau Lächeln vermag es, diese Dunkelheit zu durchbrechen! Sie war die Schlüsselfigur der Nouvelle Vague. Das Vorbild aller selbstbestimmten Frauen. Moreau hat einmal bemerkt, sie lebe nur für den Moment. Wem sonst hätten wir das mehr geglaubt?

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