In Cinemas: Mike Nichols - The Graduate
WIEDER IM KINO: Cinestar/Kulturbrauerei um 22.45 sowie Lichtblick um
22.30! The Graduate bleibt eine der witzigsten Komödien überhaupt. Gar
nicht wegen bestimmter Dialoge oder Situationen. Mike Nichols Film nimmt
eine bestimmte Sicht ein. Er ist gegen etwas! Ich denke, 1967 konnte er
die Vorbilder für diese Art von Komik nur in England finden, auf keinen
Fall in Hollywood. The Graduate, wie alle grossen Komödien, ist
subversiv! Wer sich mal andere US Filme der Zeit ansieht, der merkt,
dass viele der Hollywood Produktionen im Grunde nicht filmisch wirken.
Sie könnten genauso gut aus dem Theater stammen. Hier aber sind wir -
die Zuschauer - das Ziel der Komik. Sie findet nicht nur im Film statt.
Es ist der Film selbst! Etwas Lustiges geschieht, aber die Darsteller
reagieren nicht. Stattdessen tuts der ganze Film. Mike Nichols hat das
begriffen und deshalb eine DER Initialzündungen eines neuen
amerikanischen Kinos geliefert. Im Grunde wirkt The Graduate sogar nach
bis in die Indie Produktionen von heute. Dustin Hofmann spielt den
College Abgänger Benjamin, der zurückkehrt in eine grausame
Vorstadtgegend (auch das eines der zentralen Indie Motive!). Am liebsten
würde er nichts tun, ein paar Monate am Pool hängen und nachdenken.
Nachdenken über die Zukunft. Seine Eltern und deren Freunde aber drängen
ihn hinein in die Rolle des erfolgreichen Absolventen. Sein Vater
kleidet ihn sogar dementsprechend ein und so fühlt er sich - allein
gelassen. Dann lernt er die Frau eines Geschäftsfreundes seines Vaters
kennen. Mrs. Robinson (Anne Bancroft) und später ihre Tochter (Katharine
Ross). Wir kennen die Geschichte. Benjamin schläft mit Mrs. Robinson,
verliebt sich in die Tochter, die er schliesslich vom Traualtar
entführt. Eine unerhörte Geschichte? Insbesondere für die 60er! Nichols
aber hat die Gabe, dass alles ganz unkompliziert vorzuführen. Hofmann
wiederum spielt seinen Benjamin so ungeschickt, so plump, dass wir uns
sehr wohl vorstellen können, in seiner Situation genauso zu handeln.
Anne Bancrofts Rolle ist schwierig: Sexy, zänkisch, von sich selbst
besessen. Wer weiss, womöglich ist ihre Position als Mutter gar nicht so
abwegig? Doch sie machts uns leicht, gegen sie zu sein. Die Tragik
ihrer Figur, sie ist mir erst nach dem Abspann wirklich aufgegangen.
Katherine Ross ist hübsch und hat ein Faible für angeklebte Wimpern. Als
ich den Film gestern nochmal ansah, anlässlich der Wiederaufführung im
Kino, fiel mir auf, dass wesentliche Zutaten der 60er fehlen: Es treten
keine Hippies auf, niemand raucht Dope oder hört harten Rock. Benjamin,
der Held, lebt auch kein offen rebellisches Leben. Im Gegenteil, er
hängt die ganze Zeit daheim am Pool herum. Dann bekommt er die
Möglichkeit, mit einer schicken reifen Dame zu schlafen, wirft die aber
weg, um ihre etwas verpennte Tochter zu heiraten (oder kann sich jemand
an einen einzigen Dialog Elaines mit Tiefe erinnern?). Einzig Mrs.
Robinson erkennt bestimmte Muster, und weiss, dass sie unglücklich ist.
Mike Nichols hat seine Komödie jederzeit im Griff. Er gönnt uns keine
Pause. Alles bleibt unserem eigenen Urteil überlassen. Niemals
entschuldigt er sich; macht keinerlei Abstriche. Simon & Garfunkel
spielen ihr The Sound Of Silence und im Finale eine grossartige Version
von Mrs. Robinson (während Hofmann im Alpha Romeo dem Happy Ending
entgegenjagt). Am Ende lachen wir nicht nur ziemlich laut, sondern
dürfen genauso in uns selbst hinein horchen. Übrigens; anlässlich der
nervigen Diskussion über die Ehe für alle: In The Graduate spielt
"Heirat" überhaupt keine Rolle. Elaine ist sich nicht sicher, Benjamin
oder "diesen Carl Smith" zu heiraten. Und für Benjamin ist ein Kruzifix
nichts weiter als eine praktische Keule. Was aber mögen Benjamin und
Elaine am Ende von The Graduate im Bus denken? Sicher nicht daran, zu
heiraten. Vielleicht wollen sie einfach etwas Eigenes versuchen. (Bild:
amazon.com)
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