Indie vs. Indiewood zum Start von Queen Of Earth
Früher wussten wir, wie ein Indie Film auszusehen hat: So wie Jim
Jarmuschs Stranger Than Paradise! Dann verkam Indie zum Label "Arthouse"
und man produzierte "Feel Good Movies". Jetzt gibts wieder richtiges
Indie Kino! Und so heisst die neue Generation an Indie Regisseuren: Alex
Ross Perry (Queen Of Earth), Micah Magee (Petting Zoo), Robert Eggers
(The Witch), Sean Banker (Tangerine), um nur einige zu nennen. Mehr?
Kelly Reichardt, Debra Granik, Matthew Porterfield, Benh Zeitlin, Ava
DuVernay, Cary Fukunaga und nicht zuletzt Andrew Bujalski (Computer
Chess) oder Shane Carruth (Primer). Stilistisch liegen sie mitunter weit
auseinander, aber alle kämpfen mit prekären Rahmenbedingungen. Wer
weiss überhaupt noch, was "Indpendent" bedeutet? In den 60ern hiess das
"unabhängig von den grossen Studios. So wie John Cassavetes. Bis in die
80er wurde die Trennung zwischen Studio und Indie aufrecht erhalten.
John Sayles, Jim Jarmusch und Gus Van Sant waren typische Indies. Die
Coen Brüder oder David Lynch aber schon weniger. Anfang der 90er
schienen sich Indie und Hollywood zu vereinigen als sich das Sundance
Festival einen Namen als Talentschuppen gemacht hatte. Steven
Soderbergh, Quentin Tarantino, Richard Linklater, David O. Russell, Paul
Thomas Anderson oder Darren Aronofsky veränderten schliesslich alles.
Ausschlaggebend waren vor allem die Brüder Harvey und Bob Weinstein. Mit
Miramax schafften sie, dass Indie und Hollywood kaum noch zu
unterscheiden waren. In den 00er Jahren geriet der Indie Film wohl auch
dadurch in die Krise. Zumindest erlebte er eine Identitätskrise, während
Feelgood Komödien wie Little Miss Sunshine, Garden State oder Juno
Kasse machten. Geoff King nannte diese Entwicklung "Indiewood". In den
vergangenen zehn Jahren aber, mauserte sich Indie dahingehend, dass die
Filme auch wieder so aussahen wie etwas, dass eben nicht in Hollywood
fabriziert worden war. Einige der Indies konnten in Hollywood Fuss
fassen und blieben doch unabhängig: Richard Linklater und Noah Baumbach.
Darunter treibt der Wildwuchs schöne Blüten und Sundance hat sich
endlich wieder auf seine Herkunft besonnen. Der neue Shootingstar dieser
Vielfalt heisst Ross Perry! Am anderen Ende des Spektrums steht Sean
Baker, dessen Tangerine übrigens von den Mumblecore Ikonen Mark und Jay
Duplass produziert wurde. Einige der Indies nutzen auch das Internet.
Results, der neue Bujalski oder Queen Of Earth von Perry haben im Grunde
nur noch Alibi Kinostarts. Die dienen einzig dazu, eine gute Presse für
ihren VOD Start zu erheischen. Was das heisst? Video On Demand, bei
Anbietern, die nie ihre konkreten Zahlen herausrücken. Wieviele Menschen
diese Filme tatsächlich gesehen haben? Wird von der industrie unter
Verschluss gehalten. Viele Indies werden mittlerweile von ausländischen
Geldegebern bezahlt. Frank, Room oder The Lobster haben an sich nicht
viel zu tun mit amerikanischem Independent. Hier wird ausländisches
Venture-Kapital verbraucht oder die Hilfe von Netflix & Co
herangezogen wie in Spike Lees letztem Film Chi-Raq. Ich als Videothekar
sage: Vielleicht sollte man sich weniger Sorgen um den Zustand des
Indie Films machen und dafür viel mehr über dessen Vertriebswege?
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