Sonntag, 15. Mai 2016

Our Daily Free Stream: Hark Bohm - Yasemin (german only)


Our Daily Free Stream: Hark Bohm - Yasemin (german only). Als ich noch zur Schule ging, gab es einen Film, der Pflichtprogramm war. Klassenweise wurden wir in Reisebusse gesetzt und zum Kino transportiert, um Hark Bohms Yasemin anzusehen. Das war 1988 als Berlin noch die Mauer hatte und wir das Film Genre "Culture Clash" noch gar nicht kannten. Ende der 60er war die erste Generation der "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen, die zweite liefert nun den Stoff für eine Romeo & Julia Geschichte. Bohms Film spielt in Hamburg Altona, dort, wo es türkische Einzelhändler gibt und das Strassenleben gar nicht mehr so deutsch ist. Hier findet Hark Bohm seine verfeindeteten Familien, hier lebt auch seine Julia. Sie heisst Yasemin (Ayse Romey, die nie Karriere machte, obwohl sie so eine tolle Schauspielerin ist - womöglich gabs noch nicht genug "Türkenrollen"?). Yasemin ist 16 und darf merkwürdigerweise Judo trainieren und sich mit Jungs schwitzend auf dem Boden wälzen. Ihr Vater lässt sie Medizin studieren, doch die konservativen Verwandten sehen all das ungerne. Uwe Bohm, den wir aus früheren Hark Bohm Filmen als jungen Abenteurer kennen, spielt den Milieu Romeo auf dem Mofa. Vor seinen Kumpels prahlt er; "In drei Tagen krieg ich sie rum!" Seine Liebe sprayt er an die Wand und bekommt schliesslich Date in Övelgönne an der Elbe auf einem Schiff. Wohl bemerkt: die Angeberei wird zur wahren Liebe! Da tritt der Tybalt auf, Yasemins Vetter, der den Liebhaber mit einer Stange bekämpft, aber besiegt wird. Tragisch, dass er ohne Papiere in Deutschland ist und kein Krankenhaus aufsuchen kann. Schliesslich klettert Bohm - nicht zu ihrem Balkon - aber zu ihrem Fenster hoch und die unschuldig Liebenden küssen sich. Hark Bohm hat reichlich Folklore untergebracht (die türkische Hochzeit oder die Brautnacht) und das haben die Lehrer damals erkannt. Yasemin ist ein ziemlich pädagogischer Film, der uns lehren soll wie sie leben, unsere anatolischen Nachbarn. Er meint das aber ganz aufrichtig, weil Bohms Kamera selbst noch staunend das "Fremde" entdeckt. Folklore hat hier keinen Selbstzweck für das ARD Abendpublikum. Die Charaktere wurden mittlerweile (da sich Culture Clash als Genre etabliert hat) schön breit getreten: Der durchgeknallte Vetter, die verständnisvolle Mutter usw. Das ist aber Hark Bohms Yasemin gar nicht anzulasten, weil er damals schliesslich Neuland betrat! Am interessantesten ist der Vater Yasemins, gespielt von Sener Sen. Eigentlich ist er liberal und tochtervernarrt. Durch den Druck von aussen, sprich durch die Verwandten, muss er sich vom aufgeklärten Patriarchen zum Tyrannen wandeln. Wider besseren Wissens. Geniessen wir Yasemin als romantischen Ausreisserfilm wie Hark Bohm sie am besten kann im Neuen Deutschen Film! Geniessen wir die schöne Ayse Romey und den draufgängerischen Uwe Bohm! Geniessen wir das ungewisse Happy Ending...

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