Our Daily Free Stream: Michael Mann - Heat
Our Daily Stream: Michael Mann - Heat. Zum Geburtstag des Regisseurs! -
Es gibt diese eine Szene im Zentrum von Heat, die das Subjekt von
Michael Manns Action Thriller ist. Hier haben wir den Polizisten Hanna
(Al Pacino), der einen der meistgesuchten Diebe, McCauley (Robert De
Niro), jagt. McCauley ist ungeheuer raffiniert und achtsam - fast
unmöglich zu fangen. Seit Tagen ist Hanna bereits hinter ihm her, bis
dahin erfolglos. Eines Nachts als Hanna McCaulys Wagen beschattet, lässt
er ihn einfach rechts ran fahren. McCauley ist bewaffnet, doch das ist
kein Moment der Gefahr. Hanna fragt bloss: "What do you say I buy you a
cup of coffee?" - McCauley antwortet, dass sich die Idee gut anhört. Nun
sitzen sich diese beiden müden Männer mittleren Alters im Diner
gegenüber. Beide haben so viel Erfahrung, dass sie genau wissen, was der
Gegenüber repräsentiert. Sie trinken zusammen Kaffee. McCauley erzählt
eine Anekdote, wie er mal einen Liqueur Store ausraubte. Schliesslich
endet ihr Gespräch. "I don't know how to do anything else", sagt der
Dieb. "Neither do I." Diese Szene verdeutlicht uns: Hier sitzen zwei
Männer, die einander brauchen. Sie sind Feinde, teilen aber diesen
intimen Moment, der sie einander näher bringt als es ein Treffen mit
Freunden könnte. Oder mit ihren Frauen. Frauen, sie sind das andere
Thema in Heat. Zwei der wichtigsten Charaktere sind verheiratet und auch
McCauley verliebt sich. Hannas dritte Ehefrau, die auch noch Justice
(Diane Venora) heisst, ist zornig über die Obsession, die er seiner
Arbeit entgegenbringt. McCauley seinerseits will sich auf nichts
einlassen, dass eine längere Zeitspanne als 30 Sekunden umfasst. Er
lernt eine Frau namens Eady (Amy Brenneman) kennen, die unbedingt wissen
will, was er macht. McCauley fragt sie, woher dieses unbedingte
Interesse rührt. Eady begründet es mit ihrer Einsamkeit. "I am not
lonely", entgegnet der Dieb, obwohl er offensichtlich der einsamste Mann
der Welt ist. Später wird er merken, dass er sie braucht. Da ist er
wieder, der uralte Konflikt im amerikanischen Film: Der arbeitende Mann
und die Frau, die ihn zu Hause halten will. Michael Mann behandelt das
mit viel Verständnis und Einsicht. Sein Drehbuch hat phasenweise fast
literarische Qualitäten. Die Männer in Manns Film können gar nicht
anders. Selbst als McCauley und seine Bande das Geld zusammenhaben, sich
nach Neuseeland abzusetzen, sind sie dazu nicht in der Lage. Es ist
nicht die Beute, es ist der Kitzel! Während des gesamten Films bleibt
McCauley der Stratege, während Hanna seinen nächsten Schritt erraten
muss. De Niro und Pacino (zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera) haben
die meiste Zeit ihrer Karriere damit verbracht, Cops und Gangster zu
spielen. An dieser Stelle soll die Diskussion vorweggenommen werden, wie
diese beiden Actors (sie lernten ihr Schauspiel im Actors Studio nach
den Prinzipien von Lee Strasberg) an ihre Rollen herangehen würden.
Würden sie als Vorbereitung ihre Zeit mit Cops und Gangstern teilen? Ich
denke aber, De Niro und Pacino haben ihre Rollen aus Versatzstücken
alter Hollywood Filme zusammengesetzt. Instintktiv erfassen sie, wie der
maximale Effekt erreicht wird! Die Frauen befinden sich meist in der
Küche und es wirkt, als ob sie ihre Jungs abends vom Spielen heim rufen.
Hannas Frau ist die unerbittlichste und auch die verbitterste: Immerhin
bringt ihr Mann seine Leichen mit ins Ehebett, wenn er nachts unter
Albträumen leidet. Im Grunde ist ihre Ehe ein Witz. Die anderen Frauen
mögen noch Illusionen haben, doch wir wissen, wo die enden werden.
Bestimmt nicht in Neuseeland! Heat ist nicht einfach bloss ein Action
Film. Die Dialoge erlauben den Figuren, uns mitzuteilen, was sie denken
und fühlen. Es gibt sogar poetische Momente und im Grunde sind ihre
Themen existentialistisch. Es ist schrecklich, wenn man sich niemandem
mitteilen kann, wenn man seine Gefühle nicht ausdrücken kann. Diese
Charaktere sind dazu in der Lage. Es hilft ihnen aber trotzdem nichts.
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