Freitag, 10. Februar 2017

youtube: Ingmar Bergman - The Virgin Spring (multi subt.)

 Man stelle sich vor, man müsste während der frühen 60er in Deutschland leben. Überall in Europa und sogar den USA tobt die Bergmania. Ingmar Bergman gewann drei Mal in Folge Cannes! Niemand bekam wohl mehr Preise auf A-Festivals verliehen! In Deutschland aber bleibt Bergman ein Fall für die "Kunstkinos". Dann kommt The Virgin Spring ins Kino. Wir sehen die Jungfrau, gewandet in Seide, wie sie durch den nordischen Wald reitet. Zwei abgerissene Gestalten packen sie, reissen sie zu Boden und vergewaltigen sie. Die Kamera hält drauf, minutenlang. Laut dringt das Keuchen aus den Lautsprechern. Das Publikum ist angewidert, fasziniert, nachdenklich. Bergman, der Dämon des Kinos, mit seiner hochgewachsenen, knöchernen Gestalt, seinem schmalen Schädel. Doch während einer Münchener Vorstellung dringen deutsche Beamte ins Kino ein und beschlagnahmen den Film. Sechzehn Meter werden herausgeschnitten, da dieses Werk unerträglich und "sexuell aneizend" sei. Die katholische Filmkommission, bis heute zuständig für das, was auf die Leinwand darf, findet Bergmans Werk "abstossend". Während The Virgin Spring in München zensiert wird, schnellen in anderen deutschen Städten die Zuschauerzahlen in die Höhe. Jetzt erst hatte Bergman auch in Deutschland ein grosses Publikum erreicht (der katholischen Filmkommission sei Dank!). Wochenlang lief er nun in den Premierenkinos von Berlin und Hamburg. Im Alleingang war Bergman für die Renaissance des schwedischen Films zuständig und wie nur wenige Autoren, stand er für originäres Kino. Alles machte er allein, Drehbuch, Regie, Schnitt, meistens mit denselben Schauspielern und lächerlich geringen Budgets. Bei ihm war das Leben im schwedischen Wohlfahrtsstaat pathologisch. Bergman, der Psychoanalytiker des Kinos. Übrigens: The Virgin Spring darf auch als erster "Rape & Revenge" Film in die Geschichte eingehen. Ein Schocker, der nichts von seinem Schrecken verloren hat!

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