youtube: Ingmar Bergman - The Virgin Spring (multi subt.)
Man stelle sich vor, man müsste während der frühen 60er in Deutschland
leben. Überall in Europa und sogar den USA tobt die Bergmania. Ingmar
Bergman gewann drei Mal in Folge Cannes! Niemand bekam wohl mehr Preise
auf A-Festivals verliehen! In Deutschland aber bleibt Bergman ein Fall
für die "Kunstkinos". Dann kommt The Virgin Spring ins Kino. Wir sehen
die Jungfrau, gewandet in Seide, wie sie durch den nordischen Wald
reitet. Zwei abgerissene Gestalten packen sie, reissen sie zu Boden und
vergewaltigen sie. Die Kamera hält drauf, minutenlang. Laut dringt das
Keuchen aus den Lautsprechern. Das Publikum ist angewidert, fasziniert,
nachdenklich. Bergman, der Dämon des Kinos, mit seiner hochgewachsenen,
knöchernen Gestalt, seinem schmalen Schädel. Doch während einer
Münchener Vorstellung dringen deutsche Beamte ins Kino ein und
beschlagnahmen den Film. Sechzehn Meter werden herausgeschnitten, da
dieses Werk unerträglich und "sexuell aneizend" sei. Die katholische
Filmkommission, bis heute zuständig für das, was auf die Leinwand darf,
findet Bergmans Werk "abstossend". Während The Virgin Spring in München
zensiert wird, schnellen in anderen deutschen Städten die
Zuschauerzahlen in die Höhe. Jetzt erst hatte Bergman auch in
Deutschland ein grosses Publikum erreicht (der katholischen
Filmkommission sei Dank!). Wochenlang lief er nun in den Premierenkinos
von Berlin und Hamburg. Im Alleingang war Bergman für die Renaissance
des schwedischen Films zuständig und wie nur wenige Autoren, stand er
für originäres Kino. Alles machte er allein, Drehbuch, Regie, Schnitt,
meistens mit denselben Schauspielern und lächerlich geringen Budgets.
Bei ihm war das Leben im schwedischen Wohlfahrtsstaat pathologisch.
Bergman, der Psychoanalytiker des Kinos. Übrigens: The Virgin Spring
darf auch als erster "Rape & Revenge" Film in die Geschichte
eingehen. Ein Schocker, der nichts von seinem Schrecken verloren hat!
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