Montag, 30. Januar 2017

youtube: Junebug

 youtube: Junebug. Gibts überhaupt wen, der Amy Adams nicht mag? Nach Arrival spielt sie in Disenchanted, einer animierten Komödie. Doch wer erinnert sich an Junebug? - Junebug heisst der Film, der das Leben in einer Kleinstadt wie kein zweiter begriffen hat. Das muss keine amerikanische Kleinstadt im Süden sein, das kann auch jede deutsche Kleinstadt sein. Oder der Stadtrand von Berlin. Junebug beobachtet scheinbar unwichtige Details, die natürlich wichtig sind, eben WEIL es sich um Details handelt. Phil Morrisons Film mag jeden seiner Charaktere und vermeidet zwei typische Fehler: Die Kleinstädter werden nicht als Idioten dargestellt, die Grossstädter nicht als blosse Materialisten. Morrison weiss, dass die Menschen voll guter Intentionen sind und doch immer wieder vom Leben in bestimmte Rollen gepresst werden. Er weiss, dass der Ton die Melodie macht. Es ist nicht ausschlaggebend, was seine Charaktere sagen, sondern wie sie es tun. Wer sind also diese Menschen? Die Geschichte beginnt in Chicago. Die Kunsthändlerin Madeleine (Embeth Davidtz) veranstaltet einen Wohltätigkeits-Basar auf dem George (Alessandro Nivola) anwesend ist. Sie sprechen über Kunst, verlieben sich auf den ersten Blick und heiraten eine Woche später. Seine Familie aus North Carolina ist geladen, reagiert aber nicht. Sechs Monate später hört sie von einem interessanten Künstler aus dem Süden und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Bei der Gelegenheit, kann sie gleich auch ihre neue Familie kennenlernen. Peg (Celia Weston) ist die Matriarchin, die jeden und alles kritisiert. Während sie stets Recht behält, ist ihr Mann Eugene (Scott Wilson) zu einer stillen Schatten-Existenz erstarrt. Georges jüngerer Bruder Johnny (Ben McKenzie) hat eine typische Highschool Süssmaus geheiratet und geschwängert: Ashley (die tolle Amy Adams). Als sie eintreffen, weigert sich Johnny, allzu viel zu reden und verbringt die meiste Zeit in der Garage. Ashley dagegen ist süss und optimistisch und ich denke eine gute Seele. Sie ist ausserordentlich neugierig und mitteilungsbedürftig. Madeleine, die Grossstädterin, lächelt die meiste Zeit. Falls sie sich von der Südstaaten-Familie gestört fühlt, merken wir ihr das nicht an. Jeder in der Familie ist dermassen in seiner Rolle befangen, dass die Ankunft der "Neuen" aus Chicago wie ein Sturm wirkt. Es exisitert eine unausgesprochene Spannung zwischen George und Johnny, aber auch Ashley und Johnny. Wohl zwischen Johnny und dem Rest der Welt. Schliesslich muss Ashley ins Krankenhaus; es ist soweit! Das Baby kommt. Madeleine aber begleitet die Familie nicht, sondern will den Vertrag mit ihrem Künstler fixieren. Es stellt sich folgende Frage: Wie wichtig ist das Baby für George? Würde er eigens aus Chicago rüberfliegen, um sie zu unterstützen? In dem Moment aber, da er im Elternhaus weilt, folgt er den Regeln dort (während Johnny natürlich nicht im Krankenhaus ist, glaubt George, Madeleine sollte dort sein und nirgendwo sonst). Dieser Konflikt führt zu einer grossartigen Szene zwischen George und Ashley, nachdem wohl auch der letzte von Amy Adams überwältigt sein wird... Junebug ist ein grosser Film. Ein wahrhaftiger Film. Er führt keinen Wettstreit gegen all die "Indie" Familienfilme, in denen die Familien möglichst exzentrisch und witzig vorgeführt werden. Junebug versteht, wie komplex Familien funktionieren und dass ihre Probleme nicht mal eben während eines Kurzbesuchs gelöst werden können. Auch nicht in 90 Filmminuten (inklusive Happy Ending). Die Probleme werden fortdauern und fortdauern. Achtet mal auf die Szene zwischen Madeleine und ihrem stillen Schwiegervater Eugene, in dem Moment, da sie ihn auf seine Frau anspricht: "She's a very strong personality." Er aber antwortet: "She's not like that inside." Dann fügt er hinzu: "Like most". Zwei wichtige Wörter, die gesagt werden müssen. Sie tragen die gesamte Last des Films.

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