Montag, 6. März 2017

youtube: John Schlesinger - Midnight Cowboy

 youtube: John Schlesinger - Midnight Cowboy. Etwas im TV Format eingeschlafen ist die Karriere von Dustin Hoffman. Nun aber spielt er im neuen Film von Noah Baumbach mit dem Arbeitstitel Yeh Din Ka Kissa. Erinnern wir uns an seinen Karrierebeginn! - Midnight Cowboy gehört zu dieser Handvoll Filmen, die wirklich in Erinnerung blieben. Die Liebesgeschichte der beiden "Drifter", des naiven Joe Buck und des Strassen-Gauners Ratso Rizzo, diente so vielen Filmen als Referenz, dass wir, die "postmoderne" Generation, Midnight Cowboy zumindest auszugsweise kennen. Vielles aus John Schlesingers Film ist eh längst sprichwörtlich gewordenh: "I'm walking here!" Letztens hatte ein Kunde Midnight Cowboy bei uns in der Videothek geliehen und mochte ihn nicht besonders. Wirklich? Er meinte, der Film sei "hipster". Ich hab ihn mir nochmal angesehen. Tatsächlich funktioniert John Schlesingers Klassiker nur teilweise. Joe und Rizzo mochte ich noch immer, aber Schlesingers New York sieht vor allem schick aus, spiegelt aber nicht ihre Welt wieder. Joe und Rizzo leben in einer ganz eigenen Welt! Nicht dem Fashion-New York. Über jeden Zweifel erhaben, sind die Darsteller Jon Voigt und Dustin Hoffman als simpler Texaner und mit allen Wassern gewaschener New Yorker. Für Voigt bedeutete sein Joe Buck den Karriere-Aufschalg, während Hoffman mit Rizzo bewies, wie vielfältig er spielt! Dahinter, der Times Square, 1969. John Schlesinger ist allerdings nicht Willens, sich ganz auf seine beiden Protagonisten einzulassen, sondern verliert sich darin, modisch zu filmen. Der Geist der "Swinging Sixties" sorgt ironischerweise dafür, dass Midnight Cowboy weniger zeitlos wirkt. Die Charaktere, ihre Unmittelbarkeit, das fesselt an Midnight Cowboy. An sich haben sie mit Modeparties und dem Fashion-New York gar nichts zu tun. Im Gegenteil, sie träumen von der Sonne Floridas. Beide leben gemeinsam in einer Traumwelt. Das ist es, was sie verbindet. Joe und Rizzo sind permanente Gäste ihrer eigenen Imagination. Schlesinger ist leider nicht bereit, ihre Geschichte simpel zu erzählen. Die Grausamkeit der Existenz von Joe und Rizzo, immer am Abgrund der Obdachlosigkeit, verkommt so zur Seifenoper. Joe ist das Herz des Films. Ein naiver Texaner, der seinen kleinbürgerlichen Traum in New York leben will. Stattdessen verdient er sich als Liebhaber einer reichen Dame, deren Luxus-Existenz all seine Träume vernichtet. Joe verdient sein Geld als "Hustler", ohne aber zu wissen, wie man in der Grossstadt überlebt. Dann trifft er Rizzo. Der geht seinen eigenen Weg und der Begriff "Gefallen" existiert nicht in seinem Wortschatz. Er lebt ausserhalb von Joes Vorstellung. Rizzo zeigt Joe wie man überlebt. Das würde einen grossen Film ergeben: Wie sich die Beiden kennenlernen und etwas über sich selbst erfahren. Stattdessen: Melodramatische Szenen, eine psychodelische Andy_Warhol Party, zahlreiche Cameos. Wozu tritt eigentlich der religiöse Fanatiker auf? Und die Szene, in der Joe wegen eines schüchternen homosexuellen aus Chicago ausflippt? Der Gewaltausbruch schockiert heute nicht mehr und ist auch nicht nötig. Einer der Subtexte von Midnight Cowboy ist doch Joes eigene Homosexualität, die er nie begriff, noch wahrhaben wollte. Wir aber auch nicht, weil Schlesinger Joes Leben in Rückblenden aufrollt - zu kompliziert. Midnight Cowboy war 1969 einer der ersten Filme, die mit einer ganzen Reihe von Popsongs aufwarten konnte. Heute Standart, damals aber auffällig. Drückt sich aber Schlesinger hier nicht erneut darum, etwas zu zeigen? Stattdessen vertont er es. So vieles, was von den tollen Charakteren Joe und Rizzo ablenkt. Irgendwo, tief in Schlesingers Film, versteckt sich ein Meisterwerk, dass etwas verschüttet wirkt.

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