youtube: The Homesman
youtube: The Homesman. Er ist das Gesicht des modernen Westerns: Tommy
Lee Jones. Gerade dreht er mit einem anderen Veteranen, Rob Reiner, wir
aber sehen uns seinen zweiten tollen und genauso skurrilen Western an,
den er selbst inszenierte. -
Trotz des Titels ist The Homesman ein Film über Frauen. Frauen stehen im
Zentrum der Action, trieben sie voran. Sie sind nicht die schönen
passiven Begleiterinnen wie in anderen Western, sondern Heldinnen:
Charakterstark und mutig, manchmal beides im selben Moment! In dem
Western gibt es nur einen Bösewicht und der ist deshalb schlecht, weil
er herzlos agiert. Tommy Lee Jones Film ist gleichermassen sensibel und
seltsam, fast surreal. Die Figuren, wie Zwerge wirken sie unter dem
gleichbleibenden Horizont. Fast werden sie erschlagen von der Monotonie
der Landschaft. Wir erleben den Westen von Nebraska bis Iowa als Platz
ohne Vergebung. Drei Frauen haben den Verstand verloren in The Homesman -
obwohl im Grunde niemand recht bei Trost ist. Am wenigsten der Homesman
selbst! Womöglich sind die verrückten Frauen die einzigen Realisten? Im
Grunde steht The Homesman ständig auf der Kippe - in seinem eigenen
moralisch zweideutigem Gebiet. Das spendet dem Film Chaos, Humor und
Gewalt. The Homesman riskiert viel, wiegt sich nie in Sicherheit. Mary
Bee Cuddy (Hilary Swank) ist eine Frau mittleren Alters. Sie kam aus New
York, kaufte Land in Nebraska, das sie ohne Mann, allein
bewirtschaftet. Wir erleben sie in einer frühen Szene, wie sie sich
einem Bauern als Frau anbietet: Als vernünftige wirtschaftliche
Entscheidung. Er lehnt ab: "You're too bossy and you're too damn plain."
Es schmerzt, The Homesman kann wirklich weh tun. Mary Bee aber hat
keine Zeit für Selbstmitleid und arbeitet einfach weiter. Nun sollen
drei wahnsinnige Frauen in eine Kirche nach Iowa transportiert werden.
Keiner der Farmer meldet sich für die lange und gefährliche Reise; es
bleibt an Mary Bee. Auf dem Weg liest sie den Homesmann auf als dringend
notwendige Unterstützung. Sie schneidet den Besoffenen buchstäblich vom
Galgen ab. Die Einführung der mental kranken Frauen gelingt sehr
eindringlich: Gro Svendsen (Sonja Richter) schreit qualvoll, als ihr
Mann die stinkende Leiche ihrer Mutter aus dem Haus schafft. Arabella
(Grace Gummer) ist fast noch ein Teenager. Ihre drei Kinder starben an
Diphtheria, nun blickt sie komatöse aus dem Fenster. Theoline (Miranda
Otto) ist gewalttätig und verspricht die Strafe Gottes. Der Wahnsinn
wird mitfühlend dargestellt, aber auch ungerührt. Briggs, der Homesman,
wird wie eine Comic Figur eingeführt. Er ist geschwätzig und kümmert
sich um nichts, verlangt ständig nach Whiskey. Schliesslich entwickelt
sich zwischen dem Junggesellen und der strengen Frau eine Kumpanei -
eine der schönsten Überraschungen des Films! Beide passen nicht in die
Gesellschaft, was eine Tragödie oder einen Triumph bedeuten könnte. Der
Film entscheidet sich nicht, es gibt kein entweder/oder. Während der
Fahrt werden sie mit Unwettern konfrontiert und manchmal drohen sie, die
Kontrolle über die Frauen zu verlieren: Eine versucht, davon zu rennen,
die Andere bekommt einen Tritt ins Gesicht. Briggs und Mary Bee aber
erweisen sich als gute Partner. Mary Bee steht im Zentrum des Films.
Durch eine irrsinnige Wendung aber rückt Briggs im letzten Viertel in
den Mittelpunkt - auch hier wirken Trauma und Stärke gleichermassen...
Ein hämischer Kommentar zum Konzept der "Zivilisation" gelingt, als Mary
Bee und Briggs zu einem Gasthaus mitten in der Einöde gelangen. Hier
weist man sie allerdings höflich ab. Niemand kennt in diesem feinen Haus
Mitgefühl und in dieser Sequenz lernen wir Briggs Charakter besser
kennen als in jeder anderen Einstellung des Films: Die Figur Briggs, sie
wohnt draussen in der Wildnis, im Territorium. Es scheint, als erlebten
wir die "Zivilisation" durch seine Augen. Bis zum Ende ist alles
möglich, nichts verwundert uns mehr. In Bildern, die aus einem
klassischen Western stammen könnten, wird das Genre auf den Kopf
gestellt. (Du findest den Film auf youtube)
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