FILM LIST: Philippe Garrel
Philippe Garrel
Nur sein neuester Film L'ombre
Des Femmes (Im Schatten der Frauen) kam bei uns ins Kino. Philippe
Garrel ist nahezu unbekannt in Deutschland. In Frankreich dagegen zählt
er zu den Grossen - obwohl er auch dort nur ausnahmsweise ein grosses
Publikum erreicht. J'Etends La Guitare (1991) und Le Vent De La Nuit
(199), beide mit Catherine Deneuve, spielten Geld ein. Beide hat Garrel
in Farbe gedreht, normalerweise bevorzugt er Schwarzweiss. Wer die Retro
im Arsenal sah, wird vermutlich überhaupt zum ersten Mal in den Genuss
eines Garrel Films auf der grossen Leinwand gekommen sein. Alle anderen
müssen zu uns kommen und zu Hause glotzen. Garrel hat immer gemischte
Gefühle ausgelöst. Es gibt diejenigen, die seine Eigenheiten feiern. Die
seinen radikal persönlichen Stil lieben, seine Vorliebe für
Grossaufnahmen und einfache Filmformen. Dann gibt es diejenigen, die ihn
unter Generalverdacht stellen, dass sich unter der betörenden
Oberfläche gar nichts verbirgt. Nur Plattituden. Am liebsten genannt:
Liberte La Nuit (1983) oder Une Ete Brulant (2011). Reiner Narzismus,
immer wieder Motive der eigenen Biographie zu verbrezeln und sich
selbst, erst den Vater Maurice, später den Sohn Louis Garrel dafür
einzusetzen? Philippe wurde 1948 geboren als Sohn von Maurice Garrel.
Wie Jean Eustache oder Jacques Doillon gehört er zu einer Generation,
die ganz dicht auf die Nouvelle Vague folgte. Mit sechszehn drehte er
seinen ersten Kurzfilm Les Enfants Desaccordes (1964). Bereits in Droit
De Visite (1965) behandelte er unverkennbar sein eigenes Leben. Es geht
um einen Landausflug mit seinem Vater Maurice, kurz nachdem der die
Familie verliess. In allen seinen Filmen gehts um Trennung, Eifersucht
und neue Perspektiven. Sehr eindringlich in L'Enfant Secret (1982) und
La Jalousie (2013). Philippe Garrel ist ein Kind des Pariser Mai 1968.
Er beteiligte sich und war anschliessend umso enttäuschter. Das
Scheitern schlug sich in Le Revelauteur nieder, den er mit Bernadette
Lafont inszenierte. Ohne Ton! 1969 lernte er Nico kennen und lebte zehn
Jahre mit ihr. Beide nahmen Heroin und hatten kaum genug zum Überleben.
Seitdem fungiert Nico als Untote in seinen Filmen. In J'Entends Plus La
Guitare wird Nico von Johanna Steege vertreten. Der bekannteste
gemeinsame Film mit Nico hiess La Cicatrice Interieure (1972). Nico und
Garrel selbst bewegen sich durch halluzinatorische Wüstenlandschaften.
Die Garrel Filme der frühen 70er sind psychodelische Trips mit grossen
visionären Bildern, ohne Handlung. Les Hautes Solitudes (1974) mit Jean
Seberg oder Le Berceau De Cristal mit Nico und Anita Pallenberg.
L'Enfant Secret schliesslich markiert einen Einschnitt. Sicher, ein
Underground Film, aber doch einer, der sich auch darin versucht, eine
Geschichte zu erzählen. Bis heute ist Garrel von den besten Kameraleuten
umgeben. Ob Raoul Cotard, William Lubschansky oder Caroline Champetier.
In der Disziplin, fortlaufend zu erzählen, darf Les Amants Reguliers
(2005) als sein ausgereiftester Film gelten. Und natürlich L'ombre Des
Femmes. Garrel blickt zurück. In Les Amants Reguliers auf den Pariser
Mai 1968 und auf die Nouvelle Vague allgemein. Da ist Garrels letzte
Mission. Er inszeniert Nouvelle Vague Retro Werke. Filme im Geist der
Vergangenheit, auch wenn sie immer noch so betörend modern und
"underground" wirken! Einer der ganz Grossen. Seit Godard sein Interesse
am Publikum verlor wohl auch der Letzte der Nouvelle Vague! (Wir
stellen nicht die Filme, nur die links zur Verfügung. SEHT EUCH DIE
LINKS SCHNELL AN, BEVOR SIE GELÖSCHT WERDEN. 7.11.16)
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