Donnerstag, 3. November 2016

youtube link: Mike Leigh - Naked


youtube link: Mike Leigh - Naked. Sein Spätwerk ist milder geworden, doch er erinnert sich noch an Mike Leighs Naked? - Die Figuren in Mike Leighs Naked sind blass, ausgezehrt, fertig. Man meint, sie hätten ihr ganzes Leben drinnen verbracht, vielleicht in einem Keller. Die Bilder von Naked wirken durch ihre starken Kontraste nur noch schauerlicher. Das, was trostlos ist, wirkt hier noch trostloser. In Naked erscheint alles in einem Gemisch aus blau und grau. Sämtliche Stimmen klingen flacht und tonlos, so wie in einem leeren Raum. Wir befinden uns in einer Welt ohne Schutz. Die Charaktere sind bekleidet, doch ihnen fehlt der Rückhalt durch Familie, eine Beziehung oder ein Zuhause. Deshalb sind sie nackt. Gleich eingangs hat Johnny (David Thewlis) Sex mit einem weinenden Mädchen irgendwo im Norden Englands. Sie klauen ein Auto und fahren nach London. Während der Fahrt bemerken wir, dass Johnny gebildet ist, "intellektuell". Er wird durch Worte, nicht Gefühle geleitet. Irgendwas aber lief schief und er endete ohne Ausbildung und Hoffnung. Nun will er in der Wohnung einer Freundin leben - mit ihrer Mitbewohnerin Sophie (Katrin Cartlidge). Sophie ist auf Droge - das, was sie denkt und was sie sagt, ist nicht dasselbe. Fast scheint es, als würden hier zwei Verdammte aufeinander treffen. Die "Beziehung" beider entwickelt sich so furchtbar, dass ich es kaum ertragen konnte. "Sex" ist bei ihnen nur ein Ausweg, überhaupt etwas zu fühlen. Am schlimmsten, der Auftritt von Sandra (Claire Skinner), die anfangs noch "normal" und produktiv ist, aber dort endet, wo sich ihre "Freunde" längst befinden. Ein Leben am Abgrund. Die Methode von Mike Leigh wurde oft analysiert. Er beschreibt seinen Schauspielern die Situation und bittet sie, darüber etwas zu improvisieren. Das Drehbuch entwickelt sich aus ihrem Spiel heraus. Genauso wirkt Naked, denn diese Charaktere hätten wohl kaum aus einem herkömmlichen Drehbuch entspringen können! Naked, ein Film jenseits unserer Vorstellungskraft! Kann das Werk überhaupt einem Publikum gefallen? Ich denke, zumindest denen, deren Leben sich im Gleichgewicht befindet und die sich daher auf Naked einlassen können. Manchmal musste ich wegsehen und danach wars schwer, wieder in den Film einzutauchen. Kurz: Es ist eine Qual, Naked zu sehen! Mike Leigh observiert, geht ganz dich ran an diese Menschen. Er lässt uns fühlen, was sie fühlen. Die Welt ist ihnen gleichgültig. Johnny hat vielleicht einen Schimmer von der Welt, aber keinen Plan. Wir hören das in seiner hämisch sarkastischen Lache.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen