Dienstag, 22. November 2016

youtube link: Kieslowski - Three Colors Red

 youtube link: Kieslowski - Three Colors Red. Wir sind umgeben von Fremden und bleiben auch Fremde. Womöglich unterhalten wir uns. Dann stehen wir auf, verlassen einander wieder. Wir werden uns nie wieder sehen. Das erste Bild in Kieslowskis Rouge: Telefondrähte. Rote Telefondrähte. Sie überkreuzen sich. Sie verbinden Menschen, die sich doch nie begegnen. Wohlbemerkt: Kieslowskis Film entstand vor dem Zeitalter des Internets. Blicken wir nun zurück auf unser Leben, meinen wir, es wäre einem Plan gefolgt. Doch ist in Wahrheit nicht alles Zufall? Einzelne Ereignisse ohne Verbindung. In Rouge kennt keiner der Hauptcharaktere die Anderen und es gibt auch keinen Grund dafür, dass sie sich jemals begegnen. Da ist das Model Valentine (Irene Jacob). Sie lebt in Genf. Gerade macht sie einen Anruf. Zur selben Zeit klingelt das Telefon bei Auguste (Jean-Pierre Lorit), eines Jura Studenten. Valentine aber ruft nicht Auguste an, sondern ihren Freund. Er lebt in England und im Grunde sieht sie ihn nie. Beide sind nur formal ein Paar. Soweit wir wissen, haben sich Valentine und Auguste nie getroffen und werden das auch nie. Eines Tages fährt Valentine einen Hund an. Sie macht den Halter ausfindig, einen pensionierten Richter (Jean-Louis Trintignant). Scheinbar kümmert er sich nicht um seinen Hund und zeigt auch für sie keinerlei Regung. Der Richter interessiert sich ausschliesslich dafür, die Nachbarn auszuspionieren. Er hört ihre Telefongespräche ab. Doch irgend etwas geschieht zwischen dem alten Mann und der jungen Frau. Ist es Übereinkunft? Sympathie? Eine Gemeinsamkeit? Ihr Altersunterschied muss 40 Jahre betragen. Sie sind Fremde, die sich nur zufällig getroffen haben. Die Geschichte zwischen ihnen aber wird immer faszinierender. In keinem Moment des Films habe ich eine idee, wie es enden könnten. Überhaupt: Wo es lang geht. Wird es gut verlaufen oder schlecht? Spielt das überhaupt eine Rolle? Die Geheimnisse des täglichen Lebens sind schliesslich tiefer als sie eine kommerzielle Filmhandlung wiedergeben könnte. Valentine ist nur oberflächlich mit ihrem Freund zusammen. Sie geht zurück zum Haus des Richters. Mit ihm führt sie tiefere Gespräche. Es gibt melodramatische Elemente in Rouge, doch spielt Kieslowski sie nie aus. Was würden Valentine und Auguste wohl für ein Paar ergeben? Beide sehnen sich nach Liebe, die für sie unerfüllt bleibt. Was wäre wenn... Was wäre, wenn der Richter und Valentine dasselbe Alter hätten? Wenn sie in einem anderen Jahrhundert lebten? Wenn der Richter eine Katze hätte. Rouge ist einer dieser Filme, die man sieht und sich dabei ungeheuer lebendig fühlt. Es ist einer der Filme, die man sieht und anschliessend noch lange darüber nachdenkt.

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