youtube: Marketa Lazarova (engl. subt.)
youtube: Marketa Lazarova (engl. subt.). Was für eine Entdeckung!
Marketa Lazarova startet nun auch in Berliner Kinos! - In weniger als
einer Minute, noch bevor der Vorspann abgeschlossen ist, spüren wir,
dass Marketa Lazarova ganz für sich allein steht. Ich habe nie wieder
einen Film wie diesen gesehen! Ein Märchen, dem etwas Beliebiges
innewohnt. So als hätte Frantisek Vlacil einfach improvisiert,
Erzählbausteine zufällig zusammengeschustert. Das klingt nicht nach
einem der grössten Filme aller Zeiten? Doch! Marketa Lazarova gehört für
mich zu den 20 besten Filmen überhaupt! Kein konventioneller Film,
sondern eine Schwärmerei! Vlacil filmte während der 60er als einer der
Vertreter der tschechischen Neuen Welle und doch wirkt Marketa Lazarova
wie ein Fremdkörper. Vlacils Werk hat weder die subversive Kraft oder
die Alltags-Poesie, welche die tschechischen Filme seiner Zeit
auszeichnen. Marketa Lazarova strahlt etwas anderes Paradoxes aus: Hier
erleben wir ein intimes Epos, eine Halluzination, eine filmische
Sinfonie. Nach seiner Veröffentlichung 1967 verschwand der Film wieder
von der Bildfläche. Man vergass Marketa Lazarova. Erst 1998 wurde das
Werk zum besten tschechischen Film aller Zeiten gewählt. Vor einigen
Jahren kauften wir eine DVD vom tollen britischen Second Run Label und
seitdem tauchen unsere Filmkunstbar Fitzcarraldo Gäste immer wieder ein
in dieses Märchen, angesiedelt im düsteren Mittelalter. Jetzt verhilft
der deutsche Verleih Bildstörung (bekannt durch seine exquisite DVD
Kollektion!) dem Werk sogar zu einem Kinostart! Marketa Lazarova gehört
auch auf die grosse Leinwand! Weite Winterlandschaften, Wälder, karge
und verdreckte Bauernhöfe. Die Geschichte handelt von der Fehde zweier
Räuberclans. Marketa (Magda Vásáryová) ist eine Räubertochter. Sie
verkörpert die Unschuld in diesem Reigen aus Rache und Gier. Bevor man
sie ins Kloster schickt, wird Marketa vom verfeindeten Clan entführt und
vergewaltigt. Das löst eine tragische Wandlung ihres Charakters aus.
Nun muss man anmerken, dass Marketa in diesem komplexen, ja
unübersichtlichen Plot nur eine Nebenrolle spielt. Gleich zu Beginn
führt uns eine Erzählerstimme ein, die betont, dass das Geschehen der
Macht des Zufalls folgt. "Erzählt aufs Geratewohl". Für zusätzliche
Verwirrung sorgen die Ordnungstafeln, die eben keine Ordnung schaffen in
diesem Gemälde aus Visionen und Zeitsprüngen. Marketa Lazarova fordert
unsere Sehgewohnheiten in zweieinhalb Stunden heraus, überwältigt uns
mit seiner Pracht und seinem Reichtum an Formen und Metaphern. Angeblich
verbrachten Vlacil und sein Team zwei Jahre im Böhmerwald. Entstanden
ist kein Kostümfilm, sondern experimentelles Kino. Auf majestätische
Tableas folgen verwackelte Einstellungen der Handkamera, teilweise ist
der Ton asynchron, Chorgesänge und elektronische Synthieklänge wechseln
ab, blutiger Naturalismus begegnet erhabener Mystik. Immer wieder greift
der Erzähler ins Geschehen ein und sorgt für absurde Komik, die wir
eher aus britischen Filmen der 70er gewohnt sind. Eine halluzinatorische
Winterreise, die offen ist für alle möglichen Interpretationen. Marketa
hat niemanden, dem sie vertrauen kann. Wir haben auch niemanden, dem
wir in diesem Bildersturm vertrauen können! Am Ende aber überleben wir,
werden wiedergeboren, ja wiederbelebt. wie jemand, der die Welt mit
neuen Augen erblickt! (Du findest diesen Film auf youtube)
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