Mittwoch, 12. Oktober 2016

Film List: Polen Filmauswahl nach 1955 - zum Tod von Andrzej Wajda


Polen

Zum Tod von Andrzej Wajda 2016. Filmauswahl nach 1955
Das „Dritte Polnische Kino“ der 60er Jahre waren aussagekräftige Filme über die Gegenwart. Es war ein Kino der moralischen Aufklärung, stets die Sinnfrage nach dem richtigen Leben verfolgend. Grosse Namen wie Zanussi, Wajda, Kieslowski, Polanski und Hoffman waren auch nach kurzer Zeit einem internationalen Publikum bekannt (vgl. epd 2/99, S. 24f.). Wie in allen Ländern der kommunistischen Welt, herrschte auch in Polen eine Tendenz zur Erstarrung vor, die bis zu Stalins Tod anhielt. Der Aufschwung begann erst 1956, nachdem Gomulka an die Macht gekommen war. 1956 debütierten Jerzy Kawalerowicz, Andrzej Wajda und Andrej Munk. Sie wendeten sich gegen Klischees der Nachkriegszeit und der Phrase des „positiven Helden“, eine Abwehr Reaktion gegen die künstlerische Praxis der Stalin Zeit. Bevorzugt wurden die Themen des Krieges und der Besatzung, es kam die Zeit der Skeptiker und Pessimisten. Kawalerowicz Pociag (Nachtzug) ist ein Psychodrama, dass sich im Schlafwagen eines Nachtzugs abspielt. Mother Joan of the angels ist ein mystischer Film, der die vom Dämon befallenen Nonnen eines Klosters im 17. Jahrhundert zeigt. Der Film nimmt das Schaffen eines David Lynch vorweg und funktioniert auch als Warnung vor Fanatismus und Intoleranz. Wajdas Debüt A generation ist ein Widerstandsfilm, der weiter geführt wird von A canal, gestaltet wie die unentwirrbaren Gänge eines Labyrinths vor der Apokalypse. Ashes and daimonds ist sein Meisterwerk mit dem Höhepunkt einer makabren Party zur Feier des neuen Polens. Munks Filme sind weniger emotional als intellektuell. Ihre Vorliebe für Düsterkeit entspricht der Ablehnung modischer Zeiterscheinungen in Polen (vgl. Gregor/Patalas: Geschichte des modernen Films, Gütersloh 1965, S. 186f.). Wojciech Has The Saragossa manuscript ist ein unglaublich verschachtelter Film, gegen den Christopher Nolans Inception geradezu linear wirkt. Ein Labyrinth, ein Drahtseilakt dessen, was gerade noch möglich ist und ein philosophisches Traktat gegen alles Rationale. Walerian Borowczyk war einer der herausragenden Trickfilmer bevor er als erotischer Filmemacher mit surrealen Meisterwerken wie La bete schockierte. Borowczyk konnte seine Filme an der Grenze zum Porno nicht in Polen verwirklichen, er emigrierte Anfang der 60er nach Frankreich. Roman Polanski drehte einige schrullige Kurzfilme und sein Debüt Das Messer im Wasser in Polen, bevor er das Land verliess. Das Messer im Wasser ist ein straffer Thriller von drei Personen in der Falle und immer noch einer der grössten Polanski Filme überhaupt. Das Messer im Wasser zeigt den polnischen Film auf der Höhe seiner Zeit, gleichauf mit der französischen Nouvelle Vague und den italienischen Filmen Anfang der 60er. (Titelbild: Mother Joan of the angels)

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