Film List: Polen Filmauswahl nach 1955 - zum Tod von Andrzej Wajda
Polen
Zum Tod von Andrzej Wajda 2016. Filmauswahl nach 1955
Das „Dritte Polnische Kino“ der
60er Jahre waren aussagekräftige Filme über die Gegenwart. Es war ein
Kino der moralischen Aufklärung, stets die Sinnfrage nach dem richtigen
Leben verfolgend. Grosse Namen wie Zanussi, Wajda, Kieslowski, Polanski
und Hoffman waren auch nach kurzer Zeit einem internationalen Publikum
bekannt (vgl. epd 2/99, S. 24f.). Wie in allen Ländern der
kommunistischen Welt, herrschte auch in Polen eine Tendenz zur
Erstarrung vor, die bis zu Stalins Tod anhielt. Der Aufschwung begann
erst 1956, nachdem Gomulka an die Macht gekommen war. 1956 debütierten
Jerzy Kawalerowicz, Andrzej Wajda und Andrej Munk. Sie wendeten sich
gegen Klischees der Nachkriegszeit und der Phrase des „positiven
Helden“, eine Abwehr Reaktion gegen die künstlerische Praxis der Stalin
Zeit. Bevorzugt wurden die Themen des Krieges und der Besatzung, es kam
die Zeit der Skeptiker und Pessimisten. Kawalerowicz Pociag (Nachtzug)
ist ein Psychodrama, dass sich im Schlafwagen eines Nachtzugs abspielt.
Mother Joan of the angels ist ein mystischer Film, der die vom Dämon
befallenen Nonnen eines Klosters im 17. Jahrhundert zeigt. Der Film
nimmt das Schaffen eines David Lynch vorweg und funktioniert auch als
Warnung vor Fanatismus und Intoleranz. Wajdas Debüt A generation ist ein
Widerstandsfilm, der weiter geführt wird von A canal, gestaltet wie die
unentwirrbaren Gänge eines Labyrinths vor der Apokalypse. Ashes and
daimonds ist sein Meisterwerk mit dem Höhepunkt einer makabren Party zur
Feier des neuen Polens. Munks Filme sind weniger emotional als
intellektuell. Ihre Vorliebe für Düsterkeit entspricht der Ablehnung
modischer Zeiterscheinungen in Polen (vgl. Gregor/Patalas: Geschichte
des modernen Films, Gütersloh 1965, S. 186f.). Wojciech Has The
Saragossa manuscript ist ein unglaublich verschachtelter Film, gegen den
Christopher Nolans Inception geradezu linear wirkt. Ein Labyrinth, ein
Drahtseilakt dessen, was gerade noch möglich ist und ein philosophisches
Traktat gegen alles Rationale. Walerian Borowczyk war einer der
herausragenden Trickfilmer bevor er als erotischer Filmemacher mit
surrealen Meisterwerken wie La bete schockierte. Borowczyk konnte seine
Filme an der Grenze zum Porno nicht in Polen verwirklichen, er
emigrierte Anfang der 60er nach Frankreich. Roman Polanski drehte einige
schrullige Kurzfilme und sein Debüt Das Messer im Wasser in Polen,
bevor er das Land verliess. Das Messer im Wasser ist ein straffer
Thriller von drei Personen in der Falle und immer noch einer der
grössten Polanski Filme überhaupt. Das Messer im Wasser zeigt den
polnischen Film auf der Höhe seiner Zeit, gleichauf mit der
französischen Nouvelle Vague und den italienischen Filmen Anfang der
60er. (Titelbild: Mother Joan of the angels)
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