Rudolf Thome - Überall Blumen
Vorgeschmack auf die tolle Rudolf Thome Doku von Serpil Turhan - Irgendwann meinte unsere ehemalige Kollegin aus der Filmkunstbar
Fitzcarraldo, Seyneb Saleh, dass sie bei Thome mitspielen würde. In
seinem wundervoll irrealen Liebesfilm "Das Rote Zimmer" sah man sie dann
auch, schön erotisch, wie Thome Frauen am liebsten filmt. Er ist nicht
nur einer meiner Lieblings-Regisseure (überhaupt!), sondern auch eine
lebende Legende! Mitte der 60er begann er, bevor die Autoren des "Neuen
Deutschen Films" ihre ersten Langfilme ins Kino brachten. Die mochte er
auch gar nicht unbedingt, vor allem folgte er mit seiner "Münchener
Gruppe" anderen Einflüssen. Nicht das Sozial-Drama, sondern die
Franzosen und Amerikaner! Der frühe Thome, das ist Nouvelle Vague! Dann
zog er nach Berlin und änderte seine Filmsprache. Nicht mehr Sex &
Crime, sondern Leichtigkeit, ach was, Luftigkeit, zeichnen sein Werk
aus! Nur vordergründig spielen seine Filme im Alltag, in Wahrheit
befinden wir uns in den Höhen von Thomes ganz eigener Welt. Man achte
auf die Dialoge - welcher normale Mensch spricht so? Bei ihm gibts
Berufe wie den des "Kussforschers", was den Ton seiner Kunst am besten
widergibt. Als Seyneb Saleh mit ihm auf der kleinen Bühne der Tilsitter
Lichtspiele stand, um über den gemeinsamen Film Auskunft zu geben,
merkte ich, dass Thome nicht nur seine Filmfiguren liebt, sondern auch
eine enge Beziehung mit den Schauspielern hegt. Küssen wollte Seyneb ihn
aber nicht vor allen Leuten (da half auch das Argument, sie wären
Kollegen, nichts). Ein schönes Gespräch in diesem Plauderton, der auch
Thomes Filme auszeichnet, kam dennoch zustande. Thome liebt es, Auskunft
zu erteilen. Zwei Jahre später traf man sich wieder, anlässlich der
Vorführung seines bis dato letzten Werks "Ins Blaue". Thome zeigt junge
schöne Mädchen (und Jungs) am Mittelmeerstrand, natürlich in Italien.
Ein Geniesser, das war er immer! Es geht um eine melodramatische
Geschichte griechischen Ausmasses - die aber ganz beiläufig erzählt
wird. Ein anderer Kollege, Thomas Groh, interviewte Thome auf der Bühne.
Ein redseliger Mann, der die eigene filmische Legende so wunderbar
greifbar verkauft! Eine seiner bevorzugten Schauspielerinnen, Serpil
Turhan, hat nun eine Doku über den Filmemacher selbst gemacht. Die Doku
lief auf der Berlinale und ist ein warmherziges und witziges Werk
geworden. Ein scharfsinniger Film! Wie Thome seine alten Filme in
rostigen Dosen aufbewahrt auf seinem Brandenburger Bauernhof. Wie er die
Natur lebt. Wie er sich an die Produktion von Supergirl erinnert und
seine Freundschaft zum einzigen deutschen Mod, Marquard Bohm. Bohm ist
einer der Detektive in "Detektive" mit Uschi Obermaier und Anti-Held aus
"Rote Sonne" mit eben derselben. Turhans Film handelt aber auch vom
Filmemachen an der Peripherie. Thome produziert selbst, weitgehend
ausserhalb des deutschen Filmbetriebs. Er, der in Frankreich bekannter
ist als bei uns, muss immer noch um jede Finanzierung bangen. Ein
Absurdum, dass einer der Begründer des modernen deutschen Kinos immer
noch Aussenseiter ist. Oder doch eher positiv? Alles, was am deutschen
Film schlecht ist, bei Thome finden wir es ganz bestimmt nicht! Alles,
was wir hierzulande gern öfter sehen würden - das gibts bei Thome!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen