Berlinale 2016 Wettbewerb + ausser Konkurrenz
Die Berlinale, das grösste Publikums-Festival der Welt, ein Labyrinth.
Welcher Film läuft im Wettbewerb, welcher im Forum oder Panorama? Wer
sich vor einen Kiosk stellt, könnte meinen, die Berlinale teilen sich
die Coen Brüder und George Clooney. Kleine Korrektur: Hail, Caesar! von
den Coen Brüdern mit George Clooney ist der Eröffnungsfilm und damit
ausser Konkurrenz. Genauso verhällt es sich mit der Amazon Produktion
von Spike Lee: Chi-Raq. Lee, allgemein angefeindet für seine Coop mit
dem Internet-Versand, pocht auf sein Recht, zurückzukehren zu seinen
Wurzeln: Do The Right Thing! Der Franzose Dominik Moll steht ebenfalls
nicht zur Wahl: Des nouvelles de la planète Mars (News from planet Mars)
weckt mein Interesse durch sanfte Horror Filme wie Lemming in der
Vergangenheit. Mahana (The Patriarch) von Lee Tamahori auch ausser
Konkurrenz (immerhin gewann der Serbe mit No Man's Land bereits einen
Oscar!). Meine persönlichen Lieblinge, die belgischen Anarchisten Benoît
Delépine und Gustave Kervern, beschliessen mit Saint Amour diesen
Reigen, besetzt mit einem Bruder im Geiste: Gérard Depardieu. Wir hoffen
auf eine Komödie wie Louise Hires A Contract Killer oder ein
surrealistisches Kleinod wie Aaltra! Nun aber der Wettbewerb: 20 Filme
treten gegeneinander an (denn das macht den Reiz jeden Festivals aus!).
Die blosse Auflistung der Credits mag wie jedes Jahr enttäuschen, denn
die berühmten Autorenfilmer gehen lieber nach Cannes. Auf der Berlinale
laufen Filme, die oft einen politischen Schwerpunkt haben und womöglich
echte Entdeckungen sind. Zero Days von Alex Gibney könnte der erste
Dokumentarfilm werden, der einen goldenen Bären erhält: Wie verfolgt man
Computer Viren, so sein Thema. 24 Wochen von Anne Zohra Berrached ist
der erste Hochschul-Abschlussfilm, der je auf der Berlinale ins Rennen
ging. Immerhin spielt Julia Jentsch die Hauptrolle in diesem einzigen
deutschen Beitrag! Kosslick setzt alles auf die 33jährige
Sozialpädagogin aus Erfurt, die seinen Anruf wohl ungefähr so
entgegnete: "Wissen Sie, was Sie da tun?" A Lullaby For The Sorrowful
Mystery läuft acht Stunden, was für den Regisseur Lav Diaz nichts
Aussergewöhnliches ist. Sein letzter Film Norte (The end Of History) -
eine der ganz grossen Herausforderungen der letzten Jahre! L'Avenir der
Französin Mia Hansen-Love beruht wie die schönsten Filme der Autorin auf
Erinnerungen. Wer kennt noch Goodbye First Love, der von einer
unglücklichen Obsession handelt? Eden, ein Film über die Pariser House
Szene der 90er aber, beruht auf den Erinnerungen ihres Bruders und so
wirkt er auch: Unpersöhnlich. Ganz nebenbei stellen sich in L'Avenir die
grossen Fragen des Lebens nach Glück, Einsamkeit und Freiheit - wir
hoffen auf einen guten Jahrgang! Midnight Special ist das vierte Werk
von Jeff Nichols und man darf ihn schon jetzt als einen der
interessantesten Vertreter des amerikanischen Indie Films sehen. In
Shotgun Stories oder Gimme Shelter betrieb er intensive Nachforschungen
in brutal archaischen Familienstrukturen. In Midnight Special geht es
wie in seinem letzten Film Mud um Kleinstadt Paranoia und
gesellschaftliche Gewalt. Spannend, der neue Film des ehemaligen Dogma
Autoren Thomas Vinterberg: Wie immer werden alle fragen, ob denn The
Commune wieder mehr an Festen erinnert? Mein geheimer Wunsch: André
Téchiné, französischer Auteur der 70er, gewinnt mit Quand on a 17 ans!
Téchiné stand nie im Zentrum der Aufmerksamkeit, hat aber phantastische
Filme inszeniert: Les Vouleurs, Wild Reeds mit der jungen Elodie Bouchez
oder Rendez-Vous mit der jungen Juliette Binoche. Mein Favorit von ihm:
Barocco, ein Film Noir mit Isabelle Adjani und Gérard Depardieu aus dem
Jahr 1976. Ich denke, ich werde ihn mir gleich nochmal ansehen! Hier
ist euer Fahrplan des Berlinale Wettbewerbs.
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