Montag, 8. Februar 2016

Our Daily Free Stream: Roman Polanski / Isabelle Adjani - The Tenant. 


Als Le Locataire 1976 in Cannes seine Premiere hatte, liefen die Zuschauer scharenweise aus dem Kino. Zeitgenossen sprechen von einer regelrechten Fluchtbewegung. Die Kritiken fielen dementsprechend aus und bezeichneten Le Locataire nicht nur als schlechten Film, sondern als Bodenlosigkeit. Der ernsthafte schüchterne Trelkovsky (Roman Polanski), bewirbt sich für die Wohnung einer jungen Frau, Simone Choule, die nach einem Selbstmord-Versuch sterbend im Krankenhaus liegt. Die junge Frau stirbt und er bekommt das Apartment. Es liegt in einem grossen düsteren Gebäude, dessen Bewohner hasserfüllte Menschen sind, die sich gegenseitig ausspionieren. Im Gebäude befindet sich auch ein verfluchtes Badezimmer und immer wenn Trelkovsky hinüber sieht, erblickt er eine regungslose Gestalt, die ihn anstarrt. Nach einer Einweihungs-Party, die Trelkovsky für seine Freunde gibt, bricht die Hölle los: Die bösartigen Nachbarn beschweren sich über die Ruhestörung und belangen künftig Trelkovsky, wenn er nur einen Stuhl verrückt. Vielleicht ist es das Gebäude an sich, das bösartig ist? Alle Bewohner darin sind hinter Trelkovsky her. Es scheint, dass sein Tod nur noch eine Frage der Zeit ist, denn schon tauschen Handwerker die zerbrochene Glasfront, in die sich die Vormieterin stürzte, gegen eine neue aus. Sind die Nachbarn tatsächlich hinter Trelkovsky her oder ist er nur paranoid? Eine Abwärts-Spirale entwickelt sich. Trelkovsky beginnt, die Kleider seiner Vormieterin Simone Choule anzuprobieren und benutzt ihr Make Up. Seit er einzog, bot man ihm im Cafe gegenüber stets nur Kakao an (den seine Vormieterin dort zu trinken pflegte) und Marlboro (die sie rauchte). So sehr Trelkovsky auch nach seiner Marke, Gauloises, verlangt - man bietet ihm Malboro an. Einer der Gründe, weshalb Le Locataire in Cannes so verrissen wurde, mag die Tatsache sein, dass Polanski keinen Horror Film inszeniert hat, sondern eine schwarze Komödie: Trelkovsky besucht mit einer Freundin Simones, Stella (Isabelle Adjani), das Hospital, um sich nach dem Zustand seiner Vormieterin zu erkundigen. Simone wird sich von ihren Verletzungen nicht mehr erholen. Nach dem Krankenhaus Besuch führt Trelkovsky Stella aus ins Kino und greift ihr während der Vorstellung in den Schritt. Bei einem späteren Rendez-Vous mit Stella wird Trelkovsky in ein Stück Hundescheisse treten. Er ist davon überzeugt, dass die Mitbewohner im Haus versuchen, ihn umzuwandeln in Simone. Trelkovsky entwickelt eine manische Leidenschaft, Simone zu werden, die für uns nicht unkomisch ausgespielt wird: Wie eine Drag-Queen steht er vor dem Spiegel in den Kleidern der Toten. Trelkovsky Versuche, die Vorfälle der Polizei zu melden, enden im Fiasko. Er wird aufgrund seines Namens gefragt, ob er russischer Herkunft sei und belehrt, in Frankreich könne nicht jeder Dahergelaufene die Polizei rufen. Schliesslich bricht es aus ihm heraus, als man ihm im Cafe erneut die Gauloises verweigert: "Ihr seid eine Mörderbande!" Das Finale schliesslich wird von Polanski als Slapstick inszeniert. Le Locataire ist eine Satire über den Generations-Konflikt nach dem Roman des Surrealisten Roland Topor: Ruhebedürftige ältere Nachbarn aus Paris treiben einen jungen Ausländer in den Tod. Le Locataire wirkt wie ein billiger Schundfilm, wie eine britische Produktion aus den 60ern. Offensichtlich hat es Polanski einen Höllen Spass bereitet, Genre Versatzstücke zusammen zu setzen zu einer Geschmacklosigkeit. Le Locataire würde heute bestimmt nicht mehr den Kinosaal leeren. Ich habe ihne gerade wieder gesehen, fühlte mich unwohl und manchmal musste ich vor Mitleid mit Trelkovsky lachen.

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