cinegeek.de Our Daily Free Stream: Terry Zwigoff - Crumb
Our Daily Free Stream: Terry Zwigoff - Crumb. Sundance 2016, Josh
Kriegman und Elyse Steinberg gewinnen mit Weiner den Preis für die beste
Doku. Gezeigt wird die menschliche Geschichte hinter einem politischen
Skandal. Wir zeigen die (wie ich finde) beste Doku, die je in Sundance
lief: Die Doku Crumb wirkt wie das Gipfeltreffen zweier Exzentriker: Der
Cartoonist Robert Crumb trifft auf den Regisseur Terry Zwigoff. Beide
teilen die Liebe für 78er Schallplatten aus den 20ern und spielten sogar
gemeinsam in einer Band. Crumb aus San Francisco wurde während der 60er
zu einer Pop-Ikone, entwarf Platten-Cover für Janis Joplin und spielte
selbst in der Saturday Night Live Show. Zwigoff arbeitete neun Jahre an
der Doku mit einem monatlichen Einkommen von ganzen 200 Dollars.
Zwigoff, der Freund der Familie Crumb, inszenierte seine Doku auch wie
einen Familienfilm im Hause Crumb in New Jersey. Es scheint so, dass
kein Familien-Geheimnis mehr verborgen bleibt: Crumbs sexuelle
Phantasie, auf dem Hintern einer hochgezüchteteten Frau zu reiten oder
Bruder Charles Fixierung auf Bobby Driscoll. Bruder Max wiederum lebte
in Isolation und schlief auf einem Nagelbett. Wir erfahren von den
Kämpfen der Mutter gegen den alkoholisierten Vater, so dass beider
Gesichter zerkratzt und zerschunden waren. Dann wiederum sehen wir
Familienfotos wie der Inbegriff der Kleinstadt Idylle. Noch Fragen
offen? Charles war der erste Künstler in der Familie, der ein eigenes
Comic zeichnete. Ihm folgten Robert und Max. Es scheint, als hätte
Robert sämtliche Werke aufgehoben - selbst, nachdem die Mutter Charles
Arbeiten wegwerfen wollte nach dessen Drogen-Tod. Vielleicht hat die
Kunst Robert vor dem Wahnsinn bewahrt? Immerhin gelang es ihm, seine
Neurosen in öffentliche Anerkennung umzumünzen. Zwigoff ist unerbittlich
darin, Crumbs grenzüberschreitende Kunst zu zeigen und dessen
Regelverstösse. Wir dürfen lauschen, wie Crumb über Inzest, Nekrophilie
und Fäkalien doziert. Wir dürfen seinen sexistischen und rassistischen
Ausführungen ergeben folgen. Crumbs Kunst umfasst eben beides: Die Frau
als Sex-Objekt, aber auch tiefes Leid. Im übrigen werden Crumbs Männer
auch nicht besser behandelt als seine Frauen. Crumbs Graphic Novels
schwanken zwischen Portrait und Karikatur - seine Charaktere gleichen
ihm selbst, der den Titel trug "the most unpopular kid in high school."
Und wie betrachten seine Ehefrauen Crumb? Voller Liebe und Zärtlichkeit.
Crumb, ein sensibler Mann, der seine Dämonen eben in Kunst
transformierte. Crumbs Karriere hätte wohl jeden anderen Filmemacher
überfordert; Zwigoffs Stärke aber ist der Einblick in die Familie des
Cartoonisten. Das verleiht der Doku ihre Tiefe: Die zarte Traurigkeit
des Bruders Charles und wie Robert sich durch seine Kunst davor
bewahrte. Am Ende zieht Robert mit seiner Familie nach Südfrankreich, wo
er weniger produzierte. Womöglich, weil er dort glücklicher war?
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