Dienstag, 2. Februar 2016

cinegeek.de Our Daily Free Stream: Terry Zwigoff - Crumb





 Our Daily Free Stream: Terry Zwigoff - Crumb. Sundance 2016, Josh Kriegman und Elyse Steinberg gewinnen mit Weiner den Preis für die beste Doku. Gezeigt wird die menschliche Geschichte hinter einem politischen Skandal. Wir zeigen die (wie ich finde) beste Doku, die je in Sundance lief: Die Doku Crumb wirkt wie das Gipfeltreffen zweier Exzentriker: Der Cartoonist Robert Crumb trifft auf den Regisseur Terry Zwigoff. Beide teilen die Liebe für 78er Schallplatten aus den 20ern und spielten sogar gemeinsam in einer Band. Crumb aus San Francisco wurde während der 60er zu einer Pop-Ikone, entwarf Platten-Cover für Janis Joplin und spielte selbst in der Saturday Night Live Show. Zwigoff arbeitete neun Jahre an der Doku mit einem monatlichen Einkommen von ganzen 200 Dollars. Zwigoff, der Freund der Familie Crumb, inszenierte seine Doku auch wie einen Familienfilm im Hause Crumb in New Jersey. Es scheint so, dass kein Familien-Geheimnis mehr verborgen bleibt: Crumbs sexuelle Phantasie, auf dem Hintern einer hochgezüchteteten Frau zu reiten oder Bruder Charles Fixierung auf Bobby Driscoll. Bruder Max wiederum lebte in Isolation und schlief auf einem Nagelbett. Wir erfahren von den Kämpfen der Mutter gegen den alkoholisierten Vater, so dass beider Gesichter zerkratzt und zerschunden waren. Dann wiederum sehen wir Familienfotos wie der Inbegriff der Kleinstadt Idylle. Noch Fragen offen? Charles war der erste Künstler in der Familie, der ein eigenes Comic zeichnete. Ihm folgten Robert und Max. Es scheint, als hätte Robert sämtliche Werke aufgehoben - selbst, nachdem die Mutter Charles Arbeiten wegwerfen wollte nach dessen Drogen-Tod. Vielleicht hat die Kunst Robert vor dem Wahnsinn bewahrt? Immerhin gelang es ihm, seine Neurosen in öffentliche Anerkennung umzumünzen. Zwigoff ist unerbittlich darin, Crumbs grenzüberschreitende Kunst zu zeigen und dessen Regelverstösse. Wir dürfen lauschen, wie Crumb über Inzest, Nekrophilie und Fäkalien doziert. Wir dürfen seinen sexistischen und rassistischen Ausführungen ergeben folgen. Crumbs Kunst umfasst eben beides: Die Frau als Sex-Objekt, aber auch tiefes Leid. Im übrigen werden Crumbs Männer auch nicht besser behandelt als seine Frauen. Crumbs Graphic Novels schwanken zwischen Portrait und Karikatur - seine Charaktere gleichen ihm selbst, der den Titel trug "the most unpopular kid in high school." Und wie betrachten seine Ehefrauen Crumb? Voller Liebe und Zärtlichkeit. Crumb, ein sensibler Mann, der seine Dämonen eben in Kunst transformierte. Crumbs Karriere hätte wohl jeden anderen Filmemacher überfordert; Zwigoffs Stärke aber ist der Einblick in die Familie des Cartoonisten. Das verleiht der Doku ihre Tiefe: Die zarte Traurigkeit des Bruders Charles und wie Robert sich durch seine Kunst davor bewahrte. Am Ende zieht Robert mit seiner Familie nach Südfrankreich, wo er weniger produzierte. Womöglich, weil er dort glücklicher war?

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