Mittwoch, 17. Februar 2016

Our Daily Free Stream: Sidney Lumet - 12 Angry Men.





 Our Daily Free Stream: Sidney Lumet - 12 Angry Men. Ich denke, es war 2006 als ich Lumet auf der Berlinale sah. Er bedankte sich bei Dieter Kosslik mit einer Bescheidenheit, die wohl der grösste Vorzug ist seines filmischen Schaffens. Lumets Debüt Film ist der heutige Stream, der wichtigste Berlinale Gewinner vor allen anderen: 12 Angry Men ist ein Gerichtsdrama, so seine äussere Form. Der Zweck des Films aber ist ein Crash Course darin, ob einem Angeklagten vor Gericht ein fairer Prozess zuteil wird unter Voraussetzung der Unschuldsvermutung. Im Grunde beschränkt sich 12 Angry Men auf einen Raum (abgesehen von einer knappen Einleitung) - am heissesten Tag des Jahres. Vom eigentlichen Prozess aber sehen wir nichts ausser der routinierten Langeweile des Richters. Etwas in seinem Tonfall verrät uns, dass das Urteil wohl bereits feststeht. Die Beweisführung kriegen wir jedoch nur indirekt mit durch die Diskussion der Geschworenen. Die meisten Gerichtsfilme bieten zum Ende eine Auflösung an: Schuldig oder unschuldig. 12 Angry Men interessiert das weniger, dafür umso mehr die vernünftigen Zweifel (zumindest einiger) der Geschworenen an der Schuld des Angeklagten. Obwohl die meisten damit wohl ihre Probleme haben mögen, gilt die Unschuldsvermutung. Die Spannung in 12 Angry Men entsteht aber nicht nur durch diese Annahme, sondern wird über personelle Konflikte in dem klaustrophobisch kleinen Raum erzeugt. Die Kamera sorgt geschickt dafür, den Raum noch enger erscheinen zu lassen, so dass die Männer tatsächlich mit dem Rücken zur Wand stehen. Keine Action, dafür die Kraft der Dialoge und der Ausdruck der Körpersprache machen 12 Angry Men aus. Kann sich Logik gegenüber Emotionen und Vorurteilen durchsetzen? 12 Angry Men möchte ich als stilisierten Realismus bezeichnen, weil die Regie und Fotographie sich ganz dem Plot unterordnen. Bliken wir zurück: 12 Angry Men kam 1957 ins Kino zu einer Zeit, da sich Technicolor und 70mm gegen das Fernsehen durchzuetzen versuchten. Wie dünn und geradezu ärmlich mag dagegen dieses Kammerspiel gewirkt haben? Der Film bekam begeisterte Kritiken, enttäuschte aber an den Kinokassen. Erst über die Jahre konnte sich das Werk als einer der rennomiertesten Filme aller Zeiten durchsetzen. Ursprünglich war 12 Angry Men eine Live TV Produktion (ein Film wird im Fernsehen live übertragen), später machte der New Yorker Sidney Lumet daraus einen Kinofilm. Lumet hatte reichlich Erfahrungen gesammelt mit der Inszenierung von TV Dramen, 12 Angry Men war sein Kino Debüt. Produziert wurde der Film von Henry Fonda, der als einziger Star fungiert. Neben ihm die besten New Yorker Schauspieler ihrer Zeit wie Martin Balsam. Sie rauchen, schwitzen, fluchen und werden schliesslich wütend. Alle zwölf werden vorgestellt in ihrer Persönlichkeit, womit sie ihr Leben unterhalten, ihren Gefühlen und Vorurteilen. Oft kam es mir so vor, als sei Lumets Film in Echtzeit inszeniert. Wohlbemerkt, der Film handelt nicht davon, wie ein Verbrechen aufgelöst wird. Er handelt davon, einen jungen Mann in den Tod zu schicken. Darüber wird entschieden - was aber, wenn sie falsch liegen? Der Angeklagte ist dunkelhäutig (wobei nicht näher spezifiziert) und der Geschworene Nummer 10 (Ed Begley) unterstellt sofort, dass diese Burschen mit der Lüge geboren seien. Der Film nimmt die Perspektie des Henry Fonda Charakters ein: Unschuldig. Nicht alle Geschworenen aber, die an die Schuld des Angeklagten glauben, werden negativ gezeichnet. Sidney Lumet hat in seinem ersten Film so wie in vielen folgenden ein für die amerikanische Öffentlichkeit strittiges Thema gewählt. So wie in den meisten seiner Filme begegnet er dabei der Intelligenz seiner Zuschauer mit einer Hochachtung wie sie rar ist im Kino. (Wir stellen nicht den Film, nur den link zur Verfügung) (Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/9/91/12_angry_men.jpg)


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