Sonntag, 14. Februar 2016

Our Daily Free Stream: Aaltra.


 Our Daily Free Stream: Aaltra. Delépine & De Kervern kennen sich aus in der Kunst des Surrealismus. Ihr neuer Film Saint Amour läuft auf der Berlinale, wir zeigen ihr tolles Debüt: Als ich Aaltra für unsere Videothek auspackte, kannte ich nur eine Person, die den Film gesehen hatte: Meinen Partner Skulli. Ich legte die DVD rein und ein Bild genügte: Aaltra war definitiv etwas für mich! Gefilmt in körnigem Schwarzweiss, mit langen ruhigen Einstellungen und lauten Lachern - die sich schliesslich in ein Gefühl von Heiterkeit verwandelten. Gemacht wurde Aaltra von zwei Belgiern, Benoît Delépine und Gustave de Kervern, die auch gleich die Hauptrollen übernahmen. Aaltra ist aber nicht nur lustig und politisch unkorrekt, sondern auch wundervoll konstruiert. Jede Szene zeigt, dass hier zwei Connoisseure bei der Arbeit bestaunt werden dürfen! Die beiden Komödianten beweisen ein Gespür dafür, wo die Kamera platziert werden muss, die Szenen wirken visuell vielschichtig und enden dann, wenn die Pointe zündet. Delépine spielt einen Motocross Fanatiker, der seine Arbeit verlor und von seiner langweiligen Gattin sitzen gelassen wurde. De Kervern, sein Nachbar, ist ein übel launiger Bauer. Beide geraten aneinander, prügeln sich auf einer Mähmaschine der Firma Aaltra. Ein Hebel wird in Gang gesetzt, der beiden die Beine abklemmt. Im Rollstuhl entwickeln sich die bösen Nachbarn zu noch schlechteren Menschen. Sie eint die Vorstellung, dass die Firma Aaltra für diesen Unfall Schmerzensgeld zahlen muss und deshalb rollen sie Richtung Finnland. Delépines düsteres Gesicht verzieht sich zu nackter Verzweiflung, De Kervern sieht aus wie ein erloschener alter Hippie. Aaltra beginnt regelrecht zu schweben, indem er seiner hasserfüllten Ideologie folgt. Die beiden Protagonisten sind gierig, mürrisch und egoistisch - aber sie sitzen im Rollstuhl. Wie alle grossen Werke der Misanthropie rechtfertig Aaltra sich selbst durch diese Tatache! Wir erleben De Kervern bettelnd und bittend auf der Strasse einer Kleinstadt, Fussgänger angreifend - von allen verschmäht - in seinem Stuhl. Immer wieder testen die beiden Rollstuhlfahrer die Grenzen des guten Willens der Bürger um sich herum. Aus ihrer Perspektive sehen wir die Welt als feindseligen Platz für Behinderte. Schliesslich erreichen die Beiden Finnland und müssen eine Entdeckung machen, die genauso ironisch wie gemein ist... Aaltra diente schliesslich im Freiluftkino der Bar 25 als eine Art erweiterter Videoabend und entwickelte sich zu einer der meistverliehenen DVDs der Filmkunst. Nun kannten doch mehr Leute Aaltra und nicht nur mein Partner Skulli. (Wir stellen nicht den Film, nur den link zur Verfügung) (Bild: http://media.senscritique.com/media/000004634288/source_big/Aaltra.jpg)





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