Mittwoch, 3. Februar 2016

cinegeek.de Our Daily Free Stream: Carl Theodor Dreyer - Ordet (engl. subt.).





 Am 3.2. 1889 wurde Carl Theodor Dreyer geboren. Deshalb zeigen wir heute Das Wort: Ordet ist ein schwieriger, ein sperriger Film für diejenigen, die eher "normale" Kost gewohnt sind. Ist man aber erst einmal eingetaucht, in Carl Theodor Dreyers Werk... - unmöglich zu entfliehen! Ruhig, tief und ernsthaft, ausgefüllt mit Dreyers religiösen Motiven, so wirkt Ordet. Der Schauplatz: Die Winterlandschaft Dänemarks während der 20er, die eine strenge Schönheit entfaltet. Nur vier grosse Produktionen (und viele Kurzfilme) verwirklichte Carl Theodor Dreyer (1889-1968): La passion de Jeanne d'Arc (1928), der Höhepunkt der Pariser Avantgarde, seine deutsche Produktion Vampyr (1932), Ordet (1955) in dänischer Sprache und schliesslich Gerrtrud (1964) wiederum in dänischer Sprache. Diese vier Filme reichten aus, um stilprägend zu sein, für das was Schrader in seinem Standartwerk der Filmkritik als "Transcendental Style in Film" (1972) bezeichnete. Bis heute ist es schwierig, eine Liste mit den grössten Filmen aller Zeiten zu finden, die ohne Dreyer auskommt. Für mich ist Ordet Dreyers faszinierendster Film: Zwei Familien stehen sich gegenüber. Die von Morten Borgen vs. die von Petersen, einem Schneider. Morten hat drei Söhne: Der aufrichtige Mikkel (verheiratet mit Inger), der wahnsinnige Johannes (der glaubt, er sei Jesus Christus) und der ruhige Anders, der die Tochter des Schneiders heiraten möchte. Petersen sehen wir meist arbeitend mit überkreuzten Beinen. Er hat eine Frau, Kirstin und eine Tochter, Anne. Ich habe mir an dieser Stelle die Zeit genommen, die Figuren vorzustellen, weil auch Dreyer sie sorgfältig etabliert. Sie stellen die Struktur seiner Erzählung dar. Dreyer springt nicht einfach von einem zum Nächsten; jeder Charakter bekommt seine volle Aufmerksamkeit. Sprechen sie, ist jedes ihrer Worte wohl überlegt. Anders eröffnet nun Inger, dass er Anne heiraten will, was Inger wiederum ihrem Schwiegervater mitteilt. Morten aber spricht sich dagegen aus, weil der Schneider der falschen Religionsrichtung angehört. Christen sind sie beide, Peter aber von fundamentalistischem Glaubem, Morten eher frei. Im Grunde aber sind beide starre Dogmatiker. Rutscht man einfach so rein in den Film, mag man dem Ganzen etwas ratlos gegenüberstehen: Dreyer nimmt sich viel Zeit, um den irren Johannes vorzustellen, der bedauert, dass niemand ihm folgt und seine Prophezeiung hören will. Morten wiederum zweifelt an seinem Glauben, an der Kraft seiner Gebete. Anders bittet Peter um die Hand seiner Tochter, wird aber zurückgewiesen mit dem Vorwurf, er sei kein Christ. Obwohl Morten selbst die Heirat verboten hatte, reagiert er erzürnt, dass sein Sohn nicht gut genug sei für die Petersen Familie. Während die beiden alten Männer nun zusammen sitzen, ihren Glauben und die Zukunft der Kinder diskutieren, stellen wir fest: An dieser Stelle hat uns Ordet gefangen! Wir sind nicht mehr imstande, abzuschweifen! Wir können an nichts anderes mehr denken! Morten und Peter, gespielt von Henrik Malberg und Ejnar Federspiel, sitzen zusammen und beleidigen brutal des anderen Glaubens. Unbestreitbar wohnt ein gewisser Humor dieser Szene inne! Beide kennen sich seit Jahren und müssen diese Auseinandersetzungen bereits gewohnt sein! Während der Handlung aber begreifen fast alle (nicht Johannes!), dass Gott nicht mehr mit Wundern arbeitet. Morten mag begriffen haben, dass ein Gebet nur wirkt, wenn man glaubt. Ein Dogma umfasst bestimmt kein Vertrauen, während aber Vertrauen ohne Dogma funktioniert. Die Kamera, bei Dreyer hat sie fast "gottähnliche" Qualitäten: Die Ruhe der Schwenks, unerbittlich, hypnotisch. Die Aufnahmen in leuchtendem schwarzweiss, fast himmlisch! Nach dem Film ist es unmöglich, einfach wieder in die Realität überzuleiten. Ich legte mich erst einmal auf das Bett und überlegte. Ich versuchte, das zusammen zu setzen, was gerade vor mir ausgebreitet wurde. Ein Film, der mich anfangs langweilte und den ich nun nicht mehr loswerden konnte! Ich musste einsehen, dass die erste halbe Stunde notwendig war zum Verständnis. Ich versuchte, mir nochmal meinen eigenen Weg zu Ordet zu bahnen. Ich wollte nichts darüber lesen (auch nicht Schraders Filmkritik). Es ist so: Du musst es allein schaffen, denn Ordet wird nicht zu dir kommen. Im Gegenteil, der Film wird sich dir versperren. Du musst ihn dir selbst erobern!


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