Samstag, 17. Dezember 2016

youtube: Harry Knowles over Citizen Kane

 youtube: Harry Knowles over Citizen Kane (Ain't It Cool). Es darf bezweifelt werden, das Leben eines Mannes mit nur einem Wort zu beschreiben. So wird's auch in Orson Welles Citizen Kane argumentiert. Dann aber folgt die Serie berühmter Shots, die in der Grossaufnahme dieses einen Wortes mündet: "Rosebud". Wir erinnern uns, dass so Charles Foster Kanes Schlitten hiess, den er in der Kindheit besass. Es war sein Schlitten, bevor man ihn von seiner Familie trennte und seinem neuen Vormund übergab. "Rosebud" beschreibt die Sicherheit, die Hoffnungen, ja die Unschuld der Kindheit. Ein Mann kann sein ganzes Leben darauf verwenden, diesen Zustand wiederherzustellen. "Rosebud" mag für Vergänglichkeit stehen, mit Sicherheit für etwas, das Kane nie bekam oder verlor, folgert der Reporter über Kanes letztes Wort zu Lebzeiten. "Rosebud" vermag nicht alles zu erklären, womöglich nichts. Es ist aber auch eine bemerkenswerte Demonstration, dass eben nicht alles erklärt werden kann. Orson Welles Film liebt derartige Paradoxe. Überhaupt ist die ganze Oberfläche von Citizen Kane ein vergnügtes Spiel mit uns Zuschauern. Jeder kann alles (oder nichts) darin erkennen. Citizen Kane, das grosse Geheimnis der Filmgeschichte! Wir kennen die Geschichte des Werks, wie RKO Welles versprach, einen Film ganz nach Belieben zu drehen. Er entschied sich für ein Drehbuch, das inspiriert worden war vom Leben des Zeitungsmoguls William Randolph Hearst. Der lebte in einem Anwesen, das man wohl als Schloss bezeichnen könnte und steht stellvertretend für die Murdochs oder Trumps dieser Welt. Welles selbst hatte vor allem Erfahrungen im Bereich der Hörspiele (wir kennen auch die Geschichte, wie ein Welles Radio-Stück über eine Alien-Invasion Amerika in Angst und Schrecken versetzte). Citizen Kane folgt einer kreisförmigen Struktur - doch wer konnte je die Szenefolge von Citizen Kane in Erinnerung behalten? Die Chronologie von Citizen Kane folgt emotionalen Gesetzen, nicht denen der Zeit. Randvoll ist das Werk mit grandiosen Einstellungen wie den Türmen von Xanadu. Die Geschichte Kanes ist immer auch die seiner Zeit: Die Geburt des Radios, der spanisch-amerikanische Krieg, die Kraft der aufkommenden Maschinen... Natürlich weiss der Film, dass der Kindheits-Schlitten nicht die Antwort auf alles sein kann. Vielmehr zeigt er, wie unser Leben nach dem Tod durch die Perspektive anderer in Erinnerung bleiben wird. Das ganze Leben, ein Rollenspiel und im Gedächtnis werden die verschiedenen Rollen, die wir einnahmen, bleiben. Kane, der Zeitungsmogul, unterhielt Millionen, starb aber ganz allein. Er hatte eine politische Karriere und eine geschäftliche, stellte aber seine Geliebte über beide. Er war verheiratet, aber auch das blieb zweitrangig. Das stärkste Bild: Kane, der durch den eigenen Anspruch überfordert wird und sein Imperium verliert. Er unterschreibt die Verträge seines Nachlasses und verschwindet in der Dunkelheit des Bildes. Die Relationen des Raumes im Vergleich zu seiner selbst wirken nicht mehr stimmig; alles erscheint überdimensioniert. Dann geht er auf uns zu, wächst und wächst. Doch ist es nicht allein unsere Perspektive, durch die wir ihn betrachten? Kane selbst bleibt doch immer gleich gross.

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