youtube: Saturday Night Fever
Am schönsten ist die Szene, in der Tony Manero (John Travolta) und
Stephanie (Karen Lynn Gorney) an der Brooklyn Bridge sitzen. Tony weiss
alles über diese Brücke; wie hoch sie ist und wieviel Beton verbaut
wurde. Wir erleben das ewige Motiv eines Mannes, der entfliehen will.
Tony träumt von der anderen Seite der Brücke, dort wo das Leben viel
angenehmer sein muss! Stephanie hat seines charakterisiert: Tony lebt
bei den Eltern, hängt mit seinen Kumpels rum, tanzt Samstag Nacht im
2001 - ein wandelndes Klischee. Tony weiss, dass sie Recht hat. Sein
Leben kann man wohl als unfertig bezeichnen und Saturday Night Fever ist
vor allem ein trauriger Film. In Erinnerung aber behalten wir Tonys
bewegten Gang auf dem New Yorker Gehweg und seinen Tanz, ganz allein, in
der Mitte der Tanzfläche. Travoltas Spiel, einfach wunderbar und sehr
liebenswert! Gleich die ersten Sequenzen runden seine Person ab.
Draussen achtet er darauf, mit glänzenden neuen Schuhen gesehen zu
werden; zu Hause aber wird er immer noch wie ein Kind behandelt. Tony
bekommt eine Lohnerhöhung von vier Dollar. Für ihn ist das ausserhalb
der Tanzfläche die bisher einzige Anerkennung in seinem Leben - für
seinen (arbeitslosen) Vater ein schlechter Witz. In seinem Zimmer aber
betrachtet sich Tony im Spiegel, glättet sein Haar, stript sogar für
sich selbst. Die Poster seiner Helden kleben an der Wand. Während des
Abendessens schlägt ihn der Vater, ruiniert Tonys Frisur: "I work a long
time on my hair, and you hit it!''. Zu Hause, da ist Tony gefangen und
seine Eltern bewundern ausschliesslich den Bruder Father Frank Jr., der
Priester geworden ist (wir befinden uns immerhin bei
Italo-Amerikanern!). Der Plot wird bestimmt durch Tonys Entscheidung für
Annette (Donna Pescow), das Mädchen, das ihn liebt oder Stephanie
(Karen Lynn Gorney), die für ihn Manhattan repräsentiert. Stephanie hat
ein eigenes Apartment und trifft für die Arbeit richtig berühmte Leute
(Paul Anka!). In Wahrheit hat sie aber auch nur gelernt, als Sekretärin
zu arbeiten. Im Grunde ist Stephanie eine aufgedonnerte Version von
Annette. Ich hielt Annette für die bessere Wahl, Tony jedoch nicht. Er
ist von Stephanies Glamour geblendet und im Grunde hat er sowieso keine
Erfahrungen mit Frauen. Wir erleben ihn sogar, wie er unbeholfen
versucht, Stephanie im Auto zu überwältigen. Später werden wir in der
schrecklichsten Szene Zeuge, wie Annette von seinen Freunden
vergewaltigt wird. Saturday Night Fever ist weit davon entfernt, ein
perfekter Film zu sein (manchmal empfand ich ihn sogar als ziemlich
peinlich!). Insbesondere die Geschichte um den Bruder Father Frank Jr.
ist doch recht dürftig: Der Bruder kehrt heim, hat ein fast
theologisches Gespräch mit Tony, teilt der Familie mit, er wolle kein
Priester mehr sein, geht einmal mit in die Disco und verschwindet dann.
Aus der Disco und aus dem Film. Erstaunlich auch, wie wenig Raum der
grosse Tanz-Wettbewerb einnimmt! Das Happy Ending wiederum macht uns
Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Tony und Stephanie, ohne aber die
Probleme der Vergangenheit noch zu berücksichtigen. Trotzdem: Wie Tony
Stephanie erklärt, er würde gerne versuchen, ein guter Freund von ihr zu
sein - das ist herzergreifend! Saturday Night Fever ist eine grosse
Liebesgeschichte! Überhaupt Tonys Träume! Auf der Tanzfläche sind all
seine Problem vergessen und alles, was sein Leben abwertet. Hier ist
Tony überlebensgross! Ein netter Junge, der für einen Moment seinen
Traum leben darf! Tony macht Fehler, er tastet sich voran, er sagt
immerzu das Falsche. Nur in dem Moment, da er das tut, was er wirklich
liebt (Tanzen!) wächst er über sich hinaus. Übrigens wählt Tony auch
seine Partnerin danach, ob sie gut tanzen kann. Er verzichtet sogar auf
seinen Sieg beim Wettbewerb zugunsten eines Paares aus Puerto Rico. In
Tonys Selbstverständnis war dieses Paar einfach besser. Seinen eigenen
Sieg erklärt er damit, dass in diesem Viertel alles Fremde abgelehnt
wird! Das eigene Leben dem zu opfern, was man wirklich liebt! Davon
handelt Saturday Night Fever. Welcher Film hat eine schönere Botschaft?
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