Samstag, 30. April 2016

Our Daily Free Stream: Citizenfour


Our Daily Free Stream: Citizenfour. Zum Start des Biopics Snowden! - Laura Poitras hat Edward Snowden während der Tage seiner Enthüllungen in Hong Kong gefilmt. Geschichte wird geschrieben - aus nächster Nähe. Snowden hatte über den Codenamen Citizenfour Kontakt mit der Filmemacherin aufgenommen und Dokumente versprochen, die beweisen, wie die NSA ihre Bürger ausspioniert. Acht Tage lang lief die Kamera, während Snowden die Journalisten empfing. Alles gipfelt darin, wie er sich selbst vor der Öffentlichkeit offenbart. Ein vages Gefühl von Paranoia schlägt um in Gewissheit. Obwohl Poitras so dicht dran ist an den Ereignissen, wirkt sie eigentümlich distanziert, fast kühl. Wir sehen einen still handelnden Snowden, den sie mit aller Macht nicht zum Helden stilisieren will. Am Ende sind wir uns nicht einmal sicher, ob Snowden überhaupt ein Vorbild ist. Laura Poitras selbst wurde immer wieder überwacht un doch bleibt der Schrecken einer kafkaesken Welt hier aus. Ein Aufschrei? Ein Aufruf zum Widerstand? Aber: Kein Film, der so dringend gesehen werden muss. Keine Doku, in welcher der Filmemacher selbst Teil des Geschehens ist (hier wird Geschichte geschrieben!). Kein Film, der je so eine nationale Debatte gestartet hätte. Eine Tatsache uns der Film auf seine unaufgeregte Weise: Um die Dinge zu ändern, braucht es Bürger, welche ihre Regierungen ändern wollen. Die Filmemacher versuchen übrigens selbst, ihre Arbeit so offen zu legen, wie sie es von den Regierungen erwarten. Wir hoffen, dass Citizenfour die Kinos überrollen wird!

Freitag, 29. April 2016

Our Daily Free Stream: Alfred Hitchcock - Notorious (german dubbed)


Our Daily Free Stream: Alfred Hitchcock - Notorious (german dubbed). Zum Todestag von Hitchcock! - Von allen Hitchcock Filmen ist Notorious der eindrucksvollste, was die visuellen Ideen betrifft! Alles dient hier nur dem einen Zweck: Die heimlichen Obsessionen eines rundlichen britischen Gentlemans zu bebildern. Und mit was für Bildern! Nicht nur einige der besten Hitchcocks, sondern einige der besten überhaupt - und sie alle führen uns zu dem grandiosen Finale, in dem zwei Männer herausfinden, wie falsch sie beide lagen. Für die Schwedin Ingrid Bergman war Notorious einer der beiden Filme, die sie unsterblich machen sollten. Sie spielt eine Frau, deren verdorbener Ruf (sie ist "notorious"!) ihr die Reputation einbringt, für den US Geheimdienst als Informantin zu arbeiten. In Rio soll sie einen der obersten Nazis ausspionieren. Der Mann aber, der sie anheuert und liebt, beginnt an ihr zu zweifeln, was sie in höchste Lebensgefahr bringt. Ein Mann, der die Frau, die er liebt nicht versteht - und dieses Missverständnis steht im Zentrum von Notorious. Der Film entstand 1946, kurz bevor der kalte Krieg begann. Hätte Hitchcock Notorious nur wenige Monate später gefilmt, wären wohl Kommunisten die Bösewichter gewesen. Das Drehbuch aber stammt von Ben Hecht, dem mehr daran lag, die Spuren der Naziverbrecher in Südamerika zu verfolgen. Wer sich mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen möchte, der sollte mal die alte Synchronisation auftreiben. In der existieren überhaupt keine Nazis, sondern ein Ring von Schmugglern. Bergman spielt Alicia Huberman, deren Vater mit den Nazis kooperierte. Vielleicht ist sie deshalb Alkoholikerin und so etwas wie ein IT Girl? Jedenfalls kennt man sie besoffen und sexuell offen. Aus diesem Grund tritt der CIA Agent Devlin (Cary Grant) an sie heran. Alicia soll in Rio einen Nazi Spionage Ring um Sebastian (ironischerweise dargestellt von dem Franzosen Claude Rains) enttarnen. Sebastian, ein Freund von Alicias Vater, liebte sie einst und vermutlich immer noch. Devlin bittet Alicia explizit, mit dem Nazi Obersten das Bett zu teilen, um so Informationen zu erlangen. Er appeliert an die gute amerikanische Staatsbürgerin, die sich hinter dem Party Girl versteckt. Alicia willigt ein, Sebastian zu heiraten, weil sie in diesem Moment bereits verliebt ist in Devlin. Die sexuellen Arangements werden natürlich nur indirekt vorgetragen in den Dialogen. Hitchcock erfüllte den Production Code - doch es bleibt kein Zweifel, dass hier ein sexueller Handel geschlossen wird. Es ist interessant, dass uns Sebastian sympathischer erscheint als Devlin. Er mag zwar ein Nazi Spion sein, doch er liebt Alicia aufrichtig. Devlin dagegen, scheint sie nur zu benutzen und treibt sie in die Arme eines Anderen. Hitchcock ist bekannt für seine visuelle Rafinesse. Von jeder Szene fertigte er Storyboards an. Gleichzeitig unterwandert er hier listig das Image des "guten Jungens" von Cary Grant. Schau dir mal die Szene an, in der sich Alicia auf einer Party betrinkt in der Nacht, nachdem ihr Vater verurteilt wurde. Sie trinkt, um zu vergessen. Sie Kamera beobachtet das Geschehen - genau wie Devlin. Hitchcock installierte sie dafür hinter Cary Grant, so dass wir nur dessen Hinterkopf sehen. Die Kamera bewegt sich nach links und rechts, während Alicia säuft und flirtet. Am nächsten Morgen erwacht Alicia mit einem ausgemachten Kater. Vor ihr ein Glas mit einem Schmerzmittel (dass bald mit einer Tasse Kaffee, die wiederum Arsen enthält, verbunden sein wird). Devrin betritt den Raum, Alicia sieht ihn verkehrt herum. Kann sie diesem Mann trauen? Können wir das? Devlin konfrontiert Alicia mit einer Tonbandaufnahme, die beweist, dass sie eine Patriotin ist. Ihr Blick verändert sich - am Ende sehen wir Bergman in glänzendes Licht getaucht. Es braucht keine Worte, ihre Entwicklung auszumachen. Devlin und Sebastian - das Drehbuch von Ben Hecht spielt geschickt diese beiden Männer gegeneinander aus. Sebastian ist kleiner, eleganter und verletzlicher. Er wird von seiner Mutter dominiert. Devlin ist imposanter und manchmal grob. Beide Männer lieben Alicia, aber der falsche Mann vertraut ihr. Alles gipfelt in dem Moment, da Devlin Alicia aus dem Anwesen Sebastians führt - vor den Augen aller Nazis, aber die Umstände erlauben ihm diese Tat, so dass niemand ihn aufhalten kann. Devlin führt Alicia die Treppen herunter, hinaus ins Freie. Wir sehen in einer früheren Szene, wie sie diese Treppen hinabsteigt, aber diesmal kommt es mir unendlich lang vor. Suspense! Während seiner ganzen Karriere setzte Hitchcock Frauen solchen Szenen grösster Gefahr aus. Üblicherweise waren sie blond und wurden manipuliert von Männern. Der Meister der Manipulation dahinter, das war Hitchcock selbst! Die Besetzung Ingrid Bergmans in Notorious war ideal für diese Rolle: Sie verkörpert das Vornehme, aber auch das Sinnliche. Sie schläft mit Sebastian, weil sie Devlin liebt - der wiederum damit ein Problem hat, dass sie seinen eigenen "Auftrag" durchführt. So viele Filme enden in langweiligen Schiessereien oder Verfolgungsjagten. Wer dessen müde ist, geniesse das Finale von Notorious auf der endlos langen Treppe von Sebastians Villa. Alicia und Devlin entkommen und einer der Nazis bittet Sebastian: “Alex, will you come in, please?" - Wir wissen; er wird nie wieder hinaus kommen.

Donnerstag, 28. April 2016

Our Daily Free Stream: Frank Capra - It's A Wonderful Life


Our Daily Free Stream: Frank Capra - It's A Wonderful Life. Zum Geburtstag des grossen Lionel Barrymore! -Irgendwann einmal zählte Frank Capras It's A Wonderful Life zu den vergessenen Filmen, bis er zu Beginn der 70er wiederentdeckt wurde. Er avancierte zu einem Weihnachtsfilm, zu einem jährlichen Ritual der Familien auf aller Welt. Ich hatte It's A Wonderful Life als Kind geliebt und tu das immer noch - ich denke, weil Capras Werk so ehrlich ist! Es geht aber nicht nur um den Film, es sind die eigenen Erinnerungen, die mit ihm verbunden sind! It's A Wonderful Life war der erklärte Lieblingsfilm seines Regisseurs Frank Capra und seines Hauptdarstellers James Stewart. Dann geschah das Schlimmste: It's A Wonderful Life wurde nachträglich koloriert und entzaubert. Stewart selbst soll über diese Version gesagt habe, sie würde ihn krank machen. Die wundervolle Schwarzweiss Version gehört zu den zeitlosen Klassikern, die sich mit der Zeit noch verbessern. Andere Filme, selbst sehr gute, kann man nur ein Mal ansehen - Frank Capras Komödie dagegen immer wieder! Er wächst einem ans Herz, wird familiär. Wie ein kraftvolles, fundamentales Märchen, so wirkt It's A Wonderful Life auf mich. Es ist die Umkehrung des Christmas Carol: Wir sehen keinen alten Mann, der Geschichten vom Glück erzählt, sondern einen jungen, der sich ins Unglück stürzt. Der Held heisst George Bailey (Stewart). Er ist einer, der nie herausgefunden hat aus seiner kleinen ruhigen Stadt Bedford Falls, in der er geboren wurde. Als junger Mann träumte er davon zu reisen und sich den Staub von seinen Schuhen zu klopfen. Irgendetwas aber gab es immer, das ihn zu Hause hielt. Am meisten die Ersparnisse seiner Familie und die Bausparkasse seines Vaters, die den einfachen Menschen ein eigenes Haus zu ermöglicht. Diese Bausparkasse ist das Einzige, das zwischen der Gemeinde und dem gierigen Mr. Potter (Lionel Barrymore), dem lokalen Banker, steht. George heiratet seine High School Liebe (Donna Reed in ihrer ersten Rolle) und hilft den Armen, den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Dann aber verliert sein Onkel am Heiligabend einen grossen Betrag Bargeld und der Weg scheint frei für Mr. Potter. George verzweifelt, sein Gesicht wirkt auf einmal düster und eingefallen. Er steht auf der Brücke, um sich herabzustürzen, als ein Engel namens Clarence (Henry Travers) ihn davor bewahrt. Clarence zeigt George, wie das Leben in Beford Falls ohne ihn verlaufen würde. Wie wäre die Welt ohne mich? - Das ist die grosse Frage in It's A Wonderful Life. Frank Capra hat seine Tragikomödie nie als Weihnachtsfilm konzipiert. Es war der erste Film, den er nach seinem Wehrdienst im zweiten Weltkrieg produzierte und er sollte etwas Besonderes werden. It's A Wonderful Life feiert die Träume des einfachen amerikanischen Mannes, der das Beste für sich und seine Nachbarn versucht. Capra hatte sich während der 30er mit einer ganzen Reihe an phantastischen Komödien in Parabelform etabliert und darf als DER Regisseur der Roosevelt-Ära gelten. Für Stewart, der auch im Krieg gedient hatte, war es die Möglichkeit, wieder mit Capra zu arbeiten. Wie soviele aus seiner Generation, die den "Jungen von Nebenan" verkörpern, verdankt Stewart Capra die wichtigsten Filme seiner Karriere. Seinerzeit war It's A Wonderful Life kein Erfolg und geriet in Vergessenheit. Dabei ist die Komödie nicht einfach bloss dazu da, unsere Herzen zu erwärmen! Erinnere dich an die Szene, als Georges jüngerer Bruder im Eis einbricht. Oder die Telefon Szene, in der sich der wütende James Stewart und Donna Reed aufeinmal gegenüber stehen! Dann die düsteren Passagen, in denen George betrunken durch seine Heimatstadt torkelt, die er versucht, zu hassen. Selbst die schmalzigsten Szenen, so der Wink des Himmels, funktionieren, weil sie so simpel sind! Ich musste auch öfters an den Bankenskandal Berlins und die europäische Misere denken, die "Rettung" der Banken mit Steuergeldern. Leider konnte der Film die Nachkriegs-Karriere von Frank Capra nicht beflügeln. Er erreichte nie mehr die Einspielergebnisse seiner Vorkriegs-Klassiker und inszenierte sein letztes Werk 1961. Später war Capra geschätzter Gast-Professor an der Filmhochschule. Einmal beantwortete er die Frage, ob "heutzutage" immer noch Filme mit der Botschaft von It's A Wonderful Life verwirklicht werden könnten mit der Feststellung, dass wir alle sofort aufgeben müssten, falls nicht...

Mittwoch, 27. April 2016

Indie vs. Indiewood zum Start von Queen Of Earth


Früher wussten wir, wie ein Indie Film auszusehen hat: So wie Jim Jarmuschs Stranger Than Paradise! Dann verkam Indie zum Label "Arthouse" und man produzierte "Feel Good Movies". Jetzt gibts wieder richtiges Indie Kino! Und so heisst die neue Generation an Indie Regisseuren: Alex Ross Perry (Queen Of Earth), Micah Magee (Petting Zoo), Robert Eggers (The Witch), Sean Banker (Tangerine), um nur einige zu nennen. Mehr? Kelly Reichardt, Debra Granik, Matthew Porterfield, Benh Zeitlin, Ava DuVernay, Cary Fukunaga und nicht zuletzt Andrew Bujalski (Computer Chess) oder Shane Carruth (Primer). Stilistisch liegen sie mitunter weit auseinander, aber alle kämpfen mit prekären Rahmenbedingungen. Wer weiss überhaupt noch, was "Indpendent" bedeutet? In den 60ern hiess das "unabhängig von den grossen Studios. So wie John Cassavetes. Bis in die 80er wurde die Trennung zwischen Studio und Indie aufrecht erhalten. John Sayles, Jim Jarmusch und Gus Van Sant waren typische Indies. Die Coen Brüder oder David Lynch aber schon weniger. Anfang der 90er schienen sich Indie und Hollywood zu vereinigen als sich das Sundance Festival einen Namen als Talentschuppen gemacht hatte. Steven Soderbergh, Quentin Tarantino, Richard Linklater, David O. Russell, Paul Thomas Anderson oder Darren Aronofsky veränderten schliesslich alles. Ausschlaggebend waren vor allem die Brüder Harvey und Bob Weinstein. Mit Miramax schafften sie, dass Indie und Hollywood kaum noch zu unterscheiden waren. In den 00er Jahren geriet der Indie Film wohl auch dadurch in die Krise. Zumindest erlebte er eine Identitätskrise, während Feelgood Komödien wie Little Miss Sunshine, Garden State oder Juno Kasse machten. Geoff King nannte diese Entwicklung "Indiewood". In den vergangenen zehn Jahren aber, mauserte sich Indie dahingehend, dass die Filme auch wieder so aussahen wie etwas, dass eben nicht in Hollywood fabriziert worden war. Einige der Indies konnten in Hollywood Fuss fassen und blieben doch unabhängig: Richard Linklater und Noah Baumbach. Darunter treibt der Wildwuchs schöne Blüten und Sundance hat sich endlich wieder auf seine Herkunft besonnen. Der neue Shootingstar dieser Vielfalt heisst Ross Perry! Am anderen Ende des Spektrums steht Sean Baker, dessen Tangerine übrigens von den Mumblecore Ikonen Mark und Jay Duplass produziert wurde. Einige der Indies nutzen auch das Internet. Results, der neue Bujalski oder Queen Of Earth von Perry haben im Grunde nur noch Alibi Kinostarts. Die dienen einzig dazu, eine gute Presse für ihren VOD Start zu erheischen. Was das heisst? Video On Demand, bei Anbietern, die nie ihre konkreten Zahlen herausrücken. Wieviele Menschen diese Filme tatsächlich gesehen haben? Wird von der industrie unter Verschluss gehalten. Viele Indies werden mittlerweile von ausländischen Geldegebern bezahlt. Frank, Room oder The Lobster haben an sich nicht viel zu tun mit amerikanischem Independent. Hier wird ausländisches Venture-Kapital verbraucht oder die Hilfe von Netflix & Co herangezogen wie in Spike Lees letztem Film Chi-Raq. Ich als Videothekar sage: Vielleicht sollte man sich weniger Sorgen um den Zustand des Indie Films machen und dafür viel mehr über dessen Vertriebswege?

Dienstag, 26. April 2016

I Am Curious (Yellow) (engl. subt.)


Our Daily Free Stream: I Am Curious (Yellow) (engl. subt.). Willkommen im Jahr 1968! Wer etwas Zeit erübrigen kann, um sich einen Penis anzusehen, für den ist I Am Curious (Yellow) der richtige Film. Wer aber erwartet, hier etwas Witziges oder gar Erotisches zu erleben, sollte einen grossen Bogen darum machen. I Am Curious (Yellow) wird jeden Gedanken an Sex für wenigstens zwei Wochen vertreiben. Wer getrennte Schlafzimmer anstrebt, für den ist I Am Curious (Yellow) der richtige Film. 1968 aber war das Ganze ein Skandal. Man muss sich das vorstellen, wie zwei Parteien vor Gericht aufliefen: Die Hüter der Moral gegen den üblichen Zusammenschluss von Literaten und Kritikern. I Am Curious (Yellow) sei pornographisch, so die einen. I am Curious sei von gesellschaftlichen Wert, so die anderen. Man könnte darüber hinaus argumentieren, das Werk sei interessant als Film im Film mit Referenzen aus der Biographie des Regisseurs. Aus meiner heutigen Sicht aber müsste das Urteil lauten, dass I Am Curious vor allem langweilig, quälend langsam und dümmlich ist. Womöglich hat der schwedische Regisseur die Langsamkeit aber auch für eine Kunstform gehalten. Im Mittelpunkt steht ein pummeliges Mädchen mit einer unschönen Lache. Die drückt vor allem aus, dass sich dieses Mädchen für sehr niedlich halten muss. Dann tritt noch ein Junge auf, der so träge wirkt wie ein Esel. Sie sprechen nicht direkt über politische und soziale Probleme, benutzen aber das gängige Vokabular der Zeit. Im Soziologen-Universitäts-Kauderwelsch könnte man meinen, sie politisieren. Man hört signifikante Wörter wie Vietnam, Klassenkampf oder Franco durch. Vielleicht gehörten diese Vokabeln aber auch einfach zum Smalltalk dazu damals? Jedenfalls werden diese Schlagwörter nie zu vollständigen Sätzen zusammengebracht. Zuletzt wären da noch die berühmten Sex Szenen. Sie sind ganz und gar unerotisch, wohl aber ungeniert. Das Mädchen mit der unschönen Lache und der träge Junge üben vor der Kamera. Es wirkt wie Leichtathletik. Immerhin schaffen sie, vorzuführen, wie Sex ohne Erregung funktioniert. Nach dem Abspann von I Am Curious war ich wirklich erleichtert, dass ich nicht 1968 leben muss. Ich bin nicht verpflichtet, permanent Vietnam oder Franco zu stammeln und ich muss auch nicht das schönste Geheimnis der Welt mit jedem x-beliebigen teilen.

Montag, 25. April 2016

Our Daily Free Stream: Brian de Palma - Scarface


Our Daily Free Stream: Brian de Palma - Scarface. Zum Geburtstag von Al Pacino! - Brian de Palmas Scarface steht und fällt mit Al Pacinos Performance: Wie er aggressiv mit den Zähnen knirscht, Kaugummi kaut, Kokain zieht und mit den Armen ruderd - einige feiern ihn dafür, anderen ist das zuviel. Aber was hätten seine Kritiker denn erwartet? Etwa Realismus? Eine Charakterstudie? Einen massvollen Auftritt? Tony Montana ist all das nicht. Er lebt nur für seinen eigenen Ruhm. Von Beginn an, da er noch in einem kubanischen Flüchtlingscamp eingesperrt ist, geht es ihm um nichts anderes, sich selbst und damit jedem anderen etwas zu beweisen. Aus Kuba geflohen besitzt er in Florida nichts: Keine Waffen, kein Geld. Nichts ausser seinem Mut. Er wirkt gefährlich und erfinderisch und dieser Bluff ist seine Eintrittskarte in die Welt des Verbrechens. Montana ist einer der Hollywood Charaktere, die heute an der Uni gelehrt werden. Man behauptet sogar, dass Verbrecher die Rolle studieren, um Montanas Verhalten nachzuahmen. In diesem Sinne IST Pacinos Auftritt hyperrealistisch. Wenn ich meine Strasse, die Reichenberger, Richtung Kottbusser Tor entlang gehe, warten am Spätkauf mittags schon ein paar Montanas, die diese Theorie bestätigen wollen. Weil Montana so unzählige Male kopiert wurde, ist es schwer nachzuvollziehen, wie originell Pacinos Auftritt 1983 gewesen war! Damals gab es keine Latino Helden und Kokain war noch kein Klischee. Brian de Palma übernahm den Titel und einige Strukturen der Geschichten des Original Gangster-Klassikers aus dem Jahr 1932, der wiederum vom Leben Al Capones inspiriert worden war. In beiden Filmen erleben wir den Aufstieg und Fall des Gangsters, in beiden Filmen ist er obsessiv um seine Schwester bemüht. De Palmas Film ist jedoch kein konventionelles Remake, sondern verpasst Scarface einen ganz neuen Look (ein harter Gangsterfilm in bunten Neon Farben!), eine neue Umgebung und einen neuen Charakter. Wir befinden uns hier im Florida der frühen 80er zu dem Zeitpunkt, da Fidel Castro den ersten Kubanern eine Migration erlaubte. Er leerte einfach seine Gefängnisse. Am Anfang sehen wir Footage Material, in dem Castro erklärt, wie froh er darüber sei, die Konter-Revolutionäre los zu sein. Tony Montana ist pleite und kriminell. Er würde alles tun, um im gelobten Land zu etwas zu kommen. Noch im Flüchtlings-Camp tötet er einen Häftling und gewinnt die Gunst des Druglords Frank Lopez (Robert Loggia). Das Drehbuch schrieb Oliver Stone, der 20 Jahre später eine Castro Doku inszenierte, in der ein Gespräch von ihm selbst mit dem Revolutionsführer aufzeichnet. Stone hatte immer eine Vorliebe für exzessive Gewalt und Filme, die vor Energie platzen! Von ihm stammen die klassischen Zeilen Montanas wie: "All I got in my life is my balls and my word, and I don't break them for nobody." Für Pacino war die Rolle die Chance, einen Gegenpart zu spielen zu der Mafia-Rolle, mit der er berühmt wurde: Wir kennen Pacino als instinktiven, selbstbeherrschten Strategen. Montana dagegen ist aalglatt und durchgeknallt. Zehn Jahre später sollte de Palma einen weiteren Mafiafilm mit Pacino als gealterten Gangster, der versucht, rechtschaffen zu werden, inszenieren. Auf Montanas Stirn scheint ein riesiges "The World Is Yours" zu blinken und das bedeutet für ihn auch die Liebe einer Blondine: Elvira (Michelle Pfeiffer). Noch ist sie Franks Geliebte, bald aber wird Frank sterben und Elvira gehört Tony. Er weiss zwar, dass er sie unbedingt haben muss, aber überhaupt nicht, was er mit ihr anfangen soll (wir erleben den wohl schrecklichsten Heiratsantrag, den ich bisher gehört habe). Zwischen Tony und Elvira gibt es keine Romantik. Nur zwei Szenen haben sie miteinander und in beiden demütigen sie sich. Ich denke, Tonys Interesse gilt ganz seiner Schwester Gina (Mary Elizabeth Mastrantonio) und aus diesem inzestuösen Trieb, hält er jeden anderen Mann fern von ihr. Wegen ihr tötet er seinen einzigen Freund Manolo (Steven Bauer). Nur Manolo ist überhaupt in der Lage, Tony ins Gesicht zu sagen, wer er eigentlich ist: "Is this what you want, Tony?" Scarface ist ein typischer de Palma Film, der sich nur um grosse Gesten schert und nie um subtile Emotionen. De Palma Filme sind genau wie Tony Montana! Für mich sind selbst seine verfehlten Werke noch interessant, denn in jedem De Palma Film findet sich noch etwas Grossartiges! Scarface treibt nach vorn mit voller Energie zu seinem grandiosen Höhepunkt. Tonys Leben, seine Villa, seine Spielsachen werden glorifiziert, schliesslich endet alles in knappen Kompositionen, weil Tonys Welt in sich zusammenbricht. Unterlegt wird das von Giorgio Moroders kalten Electro-Pop, der den richtigen Ton findet für Tonys Welt, die oberflächlich zwar luxuriös ist, aber ohne jede Geborgenheit. Alles läuft zusammen bei Al Pacino, der ein perfekter Schauspieler ist! Schau dir mal frühe Filme von ihm an und dann Scarface. Es gibt nicht DEN Pacino Charakter, sondern eine breite Palette. Hier spielt er einen Mann, der immer mehr und mehr will und schliesslich von seinem eigenen Exzess getötet wird. In seiner letzten Szene liegt ein ganzer Berg Kokain vor ihm auf seinem Schreibtisch. Er wirft sich darüber, versucht alles auf einmal zu inhalieren. Sie zeigt einen Mann, der sich um nichts mehr kümmert, ausser seiner Bedürfnisse. Pacino spielt Montana vollkommen entfesselt und er muss das auch, den dorthin führt ihn seine Figur. (Wir stellen nicht den Film, nur den link zur Verfügung)

Sonntag, 24. April 2016

Our Daily Free Stream: Billy Wilder - Sunset Boulevard


Our Daily Free Stream: Billy Wilder - Sunset Boulevard. Billy Wilders Sunset Boulevard ist das Portrait einer vergessenen Diva der Stummfilmzeit, die zurückgezogen in einer grotesken Villa lebt. Wie im Exil sieht sie ihre alten Filme immer wieder an und träumt von einem Comeback. Sunset Boulevard ist ausserdem ein Liebesfilm und nur die Liebesgeschichte hält das Werk davon ab, zu einem Waxfigurenkabinett zu verkommen. Gloria Swanson in ihrer grössten Rolle spielt Norma Desmond. William Holden gestaltet die schwierige Rolle eines Schriftstellers, der nur halb so alt ist wie sie und sich aushalten lässt. Die Figur aber, die den ganzen Film zusammenhält und ihm sein Gewicht verschafft, ist der treue Butler Max, gespielt von Erich von Stroheim. Man sagt, der Film sei so nahe dran am Leben, dass viele der Stummfilmstars, die sich Wilders Werk anlässlich der Premiere ansahen, private Details entdecken mussten. Am dichtesten dran: Max von Mayerling, einstmals ein erfolgreicher Regisseur der Stummfilm-Ära, später Butler des Stars, die er zuvor selbst gemacht hat - und geheiratet. Wer sich alte Filme von Erich von Stroheim mit Gloria Swanson in der Hauptrolle ansieht, wird noch mehr Parallelen finden. Übrigens eine schöne Aufgabe für einen filmversessenen Sonntagnachmittag! Wenn Desmond bzw. Swanson einen Film für "ihren" Autoren Joe Gillis (Holden) vorführt, sehen wir Queen Kelly - Swanson und von Strohheim spielen in diesem Moment einfach sich selbst! Max führt Joe durch die Gemächer und erklärt ihm, dass dieses Schlafzimmer ihrem ersten Ehemann gehörte - ihm selbst. Nach der Scheidung war er bereit, als Diener zurückzukehren, ihre Fanpost zu beantworten und ihre Illusionen zu befüttern. Hoffnungslos ihrer einstigen Grösse ergeben! Es gibt diese phantastische Szene (eine der schönsten in der gesamten Filmgeschichte) als Swanson ihre Desmond bis zur Parodie überzeichnet und Max dann den Raum betritt. Weil Max daran glaubt, sein Leben ihrem Heiligenbild hinzugeben, tun wir das auch. Max liebt Norma und deshalb muss es etwas geben, dass es Wert ist, sie immer noch zu lieben! Dieser Punkt hilft uns auch zu begreifen, wie Joe ein Leben mit Norma überhaupt aushält. Gloria Swanson war Anfang 50 als sie die Rolle spielte, natürlich ist sie noch nicht alt und faltig - jünger sogar als viele grosse Schauspielerinnen heute! In Sunset Boulevard ist sie weniger äusserlich "alt", vielmehr durch ihre Selbstwahrnehmung. Norma lebt in der Vergangenheit, fixiert auf einen Zeitpunkt einstiger Grösse. Wilder arbeitet ungewöhnlich realistisch, benutzt nicht nur die Namen der echten Stars, sondern besetzt sie auch: Buster Keaton, Anna Q. Nilsson and H.B. Warner (...). Einmal besucht Norma Cecil B. De Mille während eines Drehs - und tatsächlich inszenierte Wilder die Szene mit dem echten Regisseur, der gerade einen Sandalenfilm drehte. Einmal resümiert Max für Joe die drei wichtigsten Regisseure seiner Zeit. Übersetzen wir Max von Mayerling in Erich von Stroheim sind Film und Realität deckungsgleich. Sunset Boulevard gilt als das beste Drama, dass je zum Thema Film gemacht wurde. Zu Recht, denn Billy Wilder blickt hinter Normas Illusionen - etwas, was sie selbst nicht vermag: “You used to be big", begrüsst Joe Norma, als er zum ersten Mal ihre Villa betritt. "I am big. It's the pictures that got small", erwidert sie und das ist bestimmt nicht nur eine meiner Lieblingszeilen! Sunset Boulevard gibt Joe eine ganze Reihe von Gründen, für Norma zu arbeiten als ihr privater Autor. Er kann seine Miete nicht mehr bezahlen, ist verschuldet und will auf keinen Fall wieder für die Zeitung schreiben. Joe behauptet zwar, keine Geschenke von Norma nötig zu haben, aber er nimmt sie an. In dem Moment, da sie für ihn eine Silvester Party ausrichtet, muss ihm bewusst werden, dass sie nicht nur einen Autoren sucht. Norma braucht einen Mann, der sie darin bestätigt, immer noch attraktiv zu sein. Langweilig ist das Leben nicht mit ihr; Norma hat ihre charmante Seite, führt eine Pantomime vor nur für ihn und ist insgesamt ausgesprochen unterhaltsam. Leider lässt der Film ein wenig mehr Sympathie zwischen Joe und Max vermissen, wo sie doch so viel gemein haben! Zu Beginn tritt die junge Autorin von Paramount, Betty (Nancy Olson), auf, die in Joe verliebt ist. Er weist sie zurück, einerseits, um ihr nicht die Wahrheit über seine Lebenssituation beichten zu müssen, andererseits, weil ihm der Lebensstil in Normas Anwesen gefällt. Womöglich steht er bereits unter ihrem Bann so wie Max? Immerhin reagiert Joe drastisch auf die Drohung Normas, sich umzubringen. Er weist sie einfach nur darauf hin, dass das Publikum diese Vorstellung bereits vor 20 Jahren verlassen hätte und heute ihr Haus leer sei. Alles nur Theater? Sunset Boulevard ist einer dieser Filme, in denen eine Frau ihren Mann gefangen hält. Joe ist ihr Gefangener und vielleicht geniesst er das auch? Natürlich umgeben ihm keine Mauern. Normas Gefangenschaft funktioniert dadurch, dass sie die Zeit still stehen lässt. (Dazu gibts unsere Film List "Hollywood über sich" auf cinegeek.de

Samstag, 23. April 2016

Our Daily Free Stream: Chris Marker - A Grin Without A Cat (engl. subt.)


Our Daily Free Stream: Chris Marker - A Grin Without A Cat (engl. subt.). Chris Marker, der 2012 im Alter von 91 Jahren starb, ist so etwas, was die Kritiker als Pionier des Essay Films bezeichnen. 1962 schuf er mit dem halbstündigen Kurzfilm La Jetee einen der einflussreichsten Science Fiction Filme mit dem Motiv der Zeitreise. Marker hat nie wieder einen Film wie La Jetee gemacht und oft betont, dass es auch nie sein Lieblingsfilm war. Trotzdem verbindet man seine weiteren - fast 60! - Filme immer wieder mit La Jeteee, so wie ich das auch gerade mache. Einfach, weil sie alle die menschliche Wahrnehmung, Geschichte und das kollektive Gedächtnis erforschen. A Grin Without A Cat ist eine dieser erfrischenden Betrachtungen von Historie und Anthropologie, die im Grunde ausdrückt, wie widerwertig Marker die Annahme von "Objektivität" gewesen sein muss. Immer gab es in Markers Erforschungen einen Anklang an seine eigene "Cinephilia", denn wie so viele französische Autoren zu Beginn der 60er arbeitete Marker zuvor als Kritiker. Im Grunde blieb er das auch Zeit seines Lebens. Bestimmt gibt es so einige, die seine diskussionswütigen Filme als frustrierend und viel zu "französisch" empfinden. Markers Filme sind das auch, durch und durch französisch im Sinne der intellektuellen Tradition im Nachbarland, einer diskursiven Ermittlung. Man stelle sich den eigenen Standpunkt als Gipsabruck vor und bearbeite ihn mit einer Fräse, die dem allgemeinen intellektuellen Stand entspricht. Hast du es vor Augen, wie hier die Späne fliegen? Was bedeutet das für A Grin Without A Cat? Markers Standpunkt dazu müsste so lauten: Es ist unmöglich, einen Film über die weltweiten Kriege in Vietnam oder Bolivien, den Mai '68, Prag, Chile und das Schicksal der Linken zu drehen. Der Titel Le fond de l'air est rouge drückt das aus: Die Essenz der Luft ist Rot. Im Grunde ein deprimierendes Thema: Die Kluft zwischen dem Versprechen und der Realität der globalen sozialistischen Revolution. Marker kann keinen Film über Vietnam drehen, wohl aber einen, der über Vietnam nachdenkt. Sein Werk steckt voller Anspielungen, ist ungeheuer eindringend und sehr bewegend (was ich gar nicht erwartet hätte!). Nicht zuletzt ist A Grin Without A Cat filmisch ungeheuer reich! Das Leben, wie der Verstand es wahrnimmt, klingt hier nach als Echo auf das Leben ausserhalb.

Freitag, 22. April 2016

Our Daily Free Stream: Roman Polanski - Bitter Moon (german dubbed)


Our Daily Free Stream: Roman Polanski - Bitter Moon (german dubbed). Die Meinung der Kritik über Roman Polanskis Bitter Moon war einhellig. Man empfand den Film als grosse Peinlichkeit: Viel zu melodramatisch, zu gekünstelt, zu überdreht und das, was die Engländer "overacted" nennen. Polnski hatte sie alle verstört. Sein Portrait einer verfluchten Ehe sollte ein anspruchsvoller Porno sein und wurde...? Ich denke, das was die Kritiker am meisten störte, ist die Art, wie er seine eigene Frau Emmanuelle Seigner darstellt. Seigner spielt eine Verführerin mit Tendenzen zur schwarzen Witwe. Doch ist Bitter Moon wirklich so dreist und jenseits allen guten Geschmacks? Seigner kommt mir auch nicht fehlbesetzt vor - im Gegenteil! Vermutlich hätten die meisten anderen Schauspielerinnen Polanski die Rolle um die Ohren gehauen. Alles beginnt auf einem Kreuzfahrtschiff. Ein verbitterter Mann im Rollstuhl spricht einen Fremden an, um ihm die Geschichte seiner Ehe zu erzählen. Der Fremde würde gern fliehen, doch es gelingt ihm nicht. Zum einen ist er fasziniert von der Geschichte (und vor allem von der schönen Frau - eben Seigner). Zum anderen hat er Mitleid. Vielleicht ist er auch einfach nur zu gut erzogen? Der Trick des Mannes im Rollstuhl funktioniert ganz einfach: Er schaut seinem Gegenüber verwegen in die Augen, um seine sexuellen Eskapaden zu offenbaren (wobei er schliesslich den Blick ablenkt). Tag für Tag erzählt er einen Teil und wir erleben die Entwicklung einer Romanze, die sich zu einer gefährlichen Obsession steigert. Nur wo einmal Liebe war, kann Hass entstehen. Peter Coyote spielt Oscar, den Mann im Rollstuhl, als sarkastischen Betrunkenen voller Selbst-Ekel. Die Reize seiner Frau missbraucht er, damit der Fremde bleibt. Hugh Grant in einer seiner ersten grösseren Rollen, spielt Nigel, einen schamhaften Briten. Seigner ist Mimi, eine wagemutige Exhibionistin. Kristin Scott Thomas ist Fiona, Nigels Frau. Sie ist kühl, distanziert und etwas trocken. Scheinbar kann sie mit Mimis Reizen nicht mithalten. Oscar beschreibt, wie er Mimi kennenlernt. Er opfert sich für sie in einem Bus als Oscar merkt, dass Mimi schwarz fährt. Galant steckt er ihr seinen Fahrschein zu und wird aus dem Bus geführt. Er blickt ihr nach und sie ihm. Er wartet immer wieder an der Buslinie, hält Ausschau nach Mimi... Zunächst ist es eine natürliche, reine Romanze. Dann aber schleicht sich Langeweile in die Bezihung. Mimi liebt sadomasochistische Spielchen und Oscar ist fasziniert. Sie steigern sich immer mehr... nun, wir werden herausfinden, wie Oscar im Rollstuhl landete. Nigel sucht immer neue Ausreden vor Fiona, um mehr Zeit mit Oscar zu verbringen. Vor allem aber lauert er auf Mimi. Anfans macht der Film uns Glauben, Oscar sei der Puppenspieler, dann werden wir gewahr, dass Mimi bereits involviert ist. Spielen sie wieder? Ist Nigel der Preis? Das Schöne an Bitter Moon ist die Tatsache, dass alles auch ganz anders kommen könnte. Womöglich kommt Nigel gar nicht mit Mimi zusammen? Ich habe eine extra Sparte für Filme wie Bitter Moon und die heisst "schmierige Altherren Phantasien". Das muss übrigens gar nichts Negatives heissen! Es gibt einige Sex-Szenen (wenn das Paar mit Schweinemasken durch die Wohnung kriecht), da ich laut loslachen musste. Ich denke, es wäre die Leichteste Sache der Welt, sich nun auszulassen über Polanskis schlechten Geschmack. Dazu müssten wir aber bewweisen, für derartiges gänzlich unempfänglich zu sein. Bin ich tatsächlich so erwachsen, so seriös? Bitter Moon ist ein Exzess, Polanski hat ihn kompromisslos und ohne sich zu entschuldigen abgefilmt. Die Kritiker mögen die Nase rümpfen, doch wer weiss: Womöglich hat sich der Eine oder Andere heimlich in eine zweite Vorstellung geschlichen?

Donnerstag, 21. April 2016

Prince - Purple Rain


Heute ist der Tag, sich an dieses merkwürdige Ding namens Purple Rain zu erinnern, denn heute starb "The Artist", der vorher bekannt war als "The Artist Formerly Known As Prince". Veröffentlicht wurde Albert Magnolis angebliches Biopic 1984 und präsentiert die Musik Szene von Minneapolis mit ihrem presidialen Herrscher - Prince. Hier rast er auf die Leinwand auf einem violett getönten Motorrad auf der Höhe seines Erfolges! Er quietscht seine Songs, verführt jeden im Sahl und zwar mit Nachdruck. Die Männer reagieren ratlos, die Frauen schreien und fallen in Ohnmacht. Ein Star ist geboren! Obwohl der Film von den Kritikern verhauen wurde, gewann er den Oscar für den besten Song. Purple Rain sollte Prince' grösster Song werden, der in seinem ungeheuerlichsten Gitarren-Solo mündet. Ein Monument! Damals raffte ich mein Taschengeld zusammen, um die Platte bei City Music am Ku'damm zu kaufen und sogar noch meinen Vater zu zwingen, mich mitzunehmen ins Kino. Purple Rain lief im Royal Palast auf der grössten Leinwand Europas. Gut so! Stellt euch 14jährige in Begleitung der Eltern vor, die sich die Visionen nackter Brüste und animalischen Sexes ansehen! Jetzt habe ich den Film als Videothekar noch einmal angesehen. Dumm nur, dass Purple Rain so gar nicht ins Wohnzimmer passt. Er muss eben auf Europas grösster Leinwand laufen mit der dicksten Anlage, vor einer riesigen Menge an Zuschauern - in all seiner lächerlichen Grösse! Ich hatte in den 30 Jahren aber vollkommen vergessen, wie toll Purple Rain gemacht ist! Irgendwie schafft es der Kameramann Donald Thorin, selbst die beklopptesten Momente glänzend aussehen zu lassen. Purple Rain ist wirklich aalglatt! Die Konzert-Mitscnitte sind unglaublich inspirierend und Prince, wie er feixend hinter Apollonia Kotero erscheint, wirkt einfach toll! Es gibt wahrhaft lächerliche Bilder des Popstars, die in ihrem Grössenwahn nicht zu überbieten sind! Sagenhaft! Hier kommt also die Geschichte eines Musikers, der seinen eigenen Weg gehen will und sich in eine süsse Kollegin mit eigenen Ambitionen verliebt. Damit verrührt wird eine düstere Familiengeschichte und irgendwie passt hier nichts zusammen - Prince aber verkauft uns dennoch jedes Einzelteil. Er spielt "The Kid", also eine mythische Version seiner selbst. Der Film eröffnet mit dem Song "Let's go crazy". Prince geht seiner täglichen Routine nach , als Apollonia in Minneapolis eintrifft. In einem Nachtclub gibt sie der Kellnerin ihre Karte, um einen Gig zu spielen. Die Kellnerin schaut entsetzt: "Appolonia?". Prince Band The Revoution hat bereits Erfolg und schliesslich darf Apollonia dort anfangen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Apollonias Entdecker The Kid behandelt sie während des ganzen Films wie ein Stück Dreck. Einmal darf sie nackt im Minnetonka See baden. Ein roter Faden von Frauenverächtung zieht sich durch den Film: The Kid will seinen Backing Sängerinnen Wendy & Lisa (die später eigene Hits hatten) nicht zuhören, weil sie Frauen sind. So pflegt auch der Vater von The Kid, Francis L (Clarence Williams III) seine Frau über alle Massen durchzuprügeln - und trotzdem hält sie immer zu ihm. Würg! The Kid selbst schlägt Appolonia mehrere Mal, so dass ich zusammenfasse: All das wirkte bereits 1984 seltsam anachronistisch - und heute kommt es nur noch schlimmer! Als Liebesfilm ist Purple Rain ein Rohrkrepierer. Schliesslich aber versucht The Kid, seine Einstellung zu Frauen zu verändern. Er benutzt dazu seinen Titelsong Purple Rain und obwohl wir an seiner Gesinnung zweifeln, ist der Track so emotional, dass wir ihm unmöglich widerstehen wollen. Es ist doch Prince!
Our Daily Free Stream: Tarkovsky - Solaris (engl. subt.)


Our Daily Free Stream: Tarkovsky - Solaris (engl. subt.). Wir haben für euch im Laden eine Auswahl ernsthafter Science Fiction Filme aufgestellt. Deshalb gibts heute Solaris. - Die Filme von Andrei Tarkovsky wollen belehren und nicht unterhalten. Oft wird kritisiert, sie seien viel zu lang, doch das trifft nicht den Kern. Tarkovskys Langsamkeit dient dem Zweck, uns etwas runter zu fahren. Die normale Geschwindigkeit unseres Lebens weicht und wir treten ein in seinen Bereich der Meditation. Wir haben die Wahl: Reagieren wir auf seine Langsamkeit gelangweilt oder verdichten wir unsere Eindrücke? Er selbst hält das Kino für eine Hure, dass sich davon befreien muss, überhaupt gegen Entgeld verkauft zu werden. Stellen wir uns also diesen Cowboy mit Schnauzer und Stiefeln vor, diesen grössten Poeten des russischen Films (hier der link zu einer Tarkovsky Doku, die ich unheimlich interessant finde: https://www.youtube.com/watch?v=PTvIybrtMqU). Alle Filme von Tarkovsky sind Meditationen. Sie versuchen, die menschliche Natur und den Grund unseres Seins zu erforschen. Der Unterton tiefer Spiritualität war seiner Zeit Grund genug, dass sich der Regisseur Ärger mit den Soviet Behörden einhandelte, der ihn ins Exil trieb. Für mich verkörpert er den idealen Filmemacher, ambitioniert und zutiefst ernsthaft. Er schenkt den Vorlieben des Publikums oder dem Einspielergebnis seiner Werke keinerlei Beachtung. Solaris war mein erster Tarkovsky Film. Ich weiss nicht mehr genau, was ich erwartete, aber anschliessend stockte ich. Solaris ist langsam und von fast zweieinhalbstündiger Länge. Die Dialoge kommen trocken und sperrig daher. Nach einer Weile aber, liess ich von der äusseren Form ab und begann, ihm zu folgen. Ich erlebte Bilder von einmaliger Schönheit und fundamentale Fragen nach dem Sein der einzelnen Charaktere. Während des Finales, wird leise angedeutet, wie all das auch in einem ganz neuen Licht erscheinen könnte. Besser noch: Erscheinen müsste! So vieles gab es, darüber nachzudenken! So vieles blieb mir bis heute in Erinnerung! Solaris wurde als Beginn des modernen Science Fiction Films gedeutet. In den späten 60ern schien sich sowohl in den USA als auch in der UDSSR eine gemeinsame Richtung abzuzeichen: Zuvor setzte man Science Fiction mit Ufos und Aliens gleich, danach mit Reflexionen über unsere Existenz. Solaris ist die Verfilmung des Romans von Stanislaw Lem. Es ist die Geschichte einer Reise durchs Weltall mit der Entdeckung transformierter Alien Intelligenz. Menschen werden vom Geist abstrahiert und so neu erschaffen. Anders als die meisten Science Fiction Filme fragt Tarkovsky nicht nach dem nächsten Schritt in der Geschichte der Menschheit, sondern nach unserer Natur und der Realität unseres Seins. Der Film eröffnet mit einer langen Unterhaltung zwischen dem Psychologen Kelvin (Donatas Banionis) und dem Kosmonauten Burton (Vladislav Dvorzhetsky) im Haus von Kelvins Vater. Wir werden dieses Haus am Ende in einem transformierten Kontext wiedersehen. Burton erzählt von einer Soviet Station im Weltall, den Planeten Solaris umkreisend. Er erzählt vom Tod und dunkler Geheimnisse an Bord. Kelvin erreicht den Planeten (wir sehen seine Überfahrt aber nicht) und findet zwei tote Mitglieder der Crew. Andere reagieren tief verstört. Wir lernen, dass der gesamte Planet vom Meer bedeckt ist. Solaris reagiert auf den Menschen, indem er Erinnerungen wahr macht. Für Kelvin kreiert er ein Duplikat seiner verstorbenen Frau Khari (Natalya Bondarchuk) - detailgetreu, aber ohne deren Erinnerungen. Sie ist nicht nur eine physische Manifestation, sondern besitzt Intelligenz und hat eigene Erinnerungen. Was sie nicht weiss: Khari verübte Selbstmord. Sie fragt Kelvin aus über Khari und stellt schliesslich fest, dass sie nicht die sein kann, als welche sie erscheint. Ihre Existenz wird auf Kelvins Wissen über Khari beschränkt. Dieser Teil wird übrigens in dem allseits gescholtenen Remake von Solaris deutlicher. Wenn wir jemanden lieben - wen lieben wir dann? Die Person oder nur unsere Vorstellung von ihr? Offensichtlich existieren andere Menschen physisch, unsere Beziehung zu ihnen, resultiert aber nur durch unseren Geist. Berühren wir die Geliebte, ist unsere Wahrnehmung dessen ausschlaggebend. Die zweite Khari ist genauso "echt" wie die erste - und doch unterschiedlich. Die Beziehung Kelvins zu Khari ist wider die Natur. Die Warnung eines toten Kosmonauten zeugt davon: Khari kann nicht getötet werden. Sie erneuert sich immer wieder. Körperliche Schmerzen haben für sie keine Bedeutung. Die letzte Szene, die an dieser Stelle nicht verraten werden soll, wird nur von uns wahrgenommen. Die Protagonisten sehen sie nicht. Wir, das Publikum, sind in der Lage, etwas zu entdecken, nicht die Charaktere im Film. Stellen wir uns mal vor, Solaris hätte einen typisch amerikanischen "Indie" Verleiher gefunden: Vermutlich hätte der Prooduzent das Werk gekürzt - vielleicht sogar etwas gefügiger gemacht. Zum Glück geschah das nie! Kein Regisseur hat je meine Aufmerksamkeit mehr herausgefordert! Tarkovsky versucht, grosse und tiefe Kunst herzustellen! Er folgte der romantischen Sichtweise, der Einzelne könnte die Realität durch die eigene spirituelle Wahrnehmung umformen. Tarkovsky hatte Vertrauen in die Menschen.

Mittwoch, 20. April 2016

Our Daily Free Stream: Peter Bogdanovich - Paper Moon


Our Daily Free Stream: Peter Bogdanovich - Paper Moon. Zum Geburtstag von Ryan O'Neil! - Peter Bogdanovichs Film über die grosse Depression wirkt wie ein Tribut an das Filmschaffen dieser Zeit. Wir erleben die Geschichte von Addie, eines kleinen Mädchens. Addie sieht die Welt genauso wie sie ist und das ist wohl der Grund, weshalb sie fast nie lächelt (obwohl sie sich aber auch nicht unterkriegen lässt!). Paper Moon beginnt am Grab ihrer Mutter, deren Interessen ganz bestimmt nicht der Tochter galten. Von einem Fotografen erfahren wir, dass Addies Mutter von der übelsten Sorte war. Addie selbst sieht aus wie ein Tomboy im Flannelhemd mit Kappe. Während der Beerdigung naht in letzter Minute ein uraltes Auto mit einem Bibelverkäufer, der unter Umständen Addies Vater sein könnte. Sein Name ist Moses und er wird gespielt von Ryan O'Neil. Beide verkaufen fortan Bibeln an Witwen, die angeblich die verstorbenen Männer bestellt hatten, wobei sich Addie dabei noch besser anstellt als ihr Lehrmeister. Der Bibelbetrug wird von Bogdanovich einerseits als Spiel benutzt, das die beiden zusammenschweisst - zum anderen ist es aber auch tief ergreifend. Tatum O'Neil ist der Star des Films, eine Art weiblicher Huckleberry Finn. Sie (tatsächlich die Tochter von Ryan O'Neil) ist gleichermassen klug und niedlich und es scheint, als ob sie gar nicht spielt. Es braucht für diese Rolle eine grosse Schauspielerin und Tatum O'Neil hält den ganzen Film zusammen. Ich denke, es wird dir genauso gehen wie mir, dass du dich über das erstaunliche Selbstbewusstsein wunderst, mit der sie ihre Rolle trägt. Ich jedenfalls war sehr beeindruckt, wieviel Tiefe sie ihrer Addie verleiht! Bogdanovich bedient sich des Stils klassischer Hollywood Filme, erlaubt seinen beiden Charakteren aber ein hohes Mass an Individualität. Nie hat man den Eindruck, dass beide der Feder eines Autoren der 30er entsprangen, sondern Bogdanovichs Gauner Pärchen wird im Film erlaubt, einfach so zu handeln, wie sie wollen. Paper Moon ist deshalb kein Verschnitt älterer Filme, sondern lebt ganz im Geist des New Hollywood Aufbruchs. Paper Moon ist für mich einer der schönsten Filme aller Zeiten.

Dienstag, 19. April 2016

Our Daily Free Stream: River Phoenix - The Thing Called Love


Our Daily Free Stream: River Phoenix - The Thing Called Love. Sicher, der letzte Film eines Schauspielers ist immer etwas Besonderes und bleibt als solcher in Erinnerung. The Thing Called Love ist der letzte von River Phoenix, dessen toten Körper man am Strassenrand, nicht weit vom Viper Club fand. Es bleibt ein Rätsel, wie es mit einem der eindrucksvollsten Schauspieler seiner Generation so weit kommen konnte? Das waren meine Überlegungen, bevor ich mir Peter Bogdanovichs The Thing Called Love ansah. Es gibt aber noch andere, pragmatischere: Würde man es Phoenix ansehen, dass sein Leben bald durch einen Drogen Cocktail enden sollte? Oder würde er womöglich zu Höchstform auflaufen und ein letztes Mal seine faszinierende Leinwandpräsenz zeigen? The Thing Called Love handelt von vier jungen Songwritern, die in Memphis auf ihren Durchbruch hinarbeiten. Sie alle müssen vorspielen im Bluebell Cafe, in dem neue Acts die Chance bekommen, am Wochenende aufzutreten. Eine Menge grosser Stars begannen ihre Karriere im Bluebell und es stellt so etwas wie den Ritterschlag dar. Die Hauptrolle spielt Samantha Mathis als Miranda Presley (sie betont, das sei ihr echter Name!). Sie scheint nicht aussergewöhnlich begabt zu sein, doch strahlt etwas Charmantes aus, dass die Besitzerin des Bluebell, Lucy, an Miranda glauben lässt. Am Ende der Woche veröffentlicht Lucy die Liste derjenigen, die am Wochenende auf der Bühne stehen werden. Alles anderen, so Lucy, sind noch nicht so weit. Wir lernen ausserdem kennen: Kyle (Dermot Mulroney), einen Möchtegern-Cowboy aus Connecticut und die hoffnungslos untalentierte Linda Lue (Sandra Bullock). Der beste Songwriter in der Stadt aber heisst James Wright aus Texas und wird von Phoenix verkörpert. Bereits während seines ersten Auftritts merken wir, dass Phoenix in keiner guten Verfassung ist. Jede weitere Szene wirkt wie eine Qual für alle diejenigen, die ihn aus früheren Filmen bei guter Gesundheit erlebt haben. Phoenis ist dünn, aschfahl und teilnahmslos. Die meiste Zeit über blickt er herab und nicht in die Kamera. Fast, als könnte er weder der Kamera noch den anderen Schauspielern Stand halten. Mir fiel es schwer, überhaupt seinen Dialogen zu folgen. Noch schlimmer, es scheint, als ob es ihm ganz egal wäre, was er da spricht, so wenig Energie legt er seinen Dialogen bei. Sein Spiel vermittelt vor allem Schmerz. Nach seinem Tod war die Welt schockiert. Vermutlich hätte niemand ihn retten können, womöglich sah er den Tod als sein letztes Ziel. Der Film entblösst einen Süchtigen, der bereits aufgegeben hat. Bogdanovich währenddessen, tut was er kann. Er führt ein Milieu vor, in dem er sich auskennt und präsentiert mit Samantha Mathis eine Hauptdarstellerin mit Herz. Der Film unterhält bestens! Jeder Kellner und Taxifahrer scheint hier in Wahrheit ein Songwriter zu sein und es kommt viel vom Lebensgefühl von Memphis rüber. Zum ersten Mall fällt Sandra Bullock in einer grösseren Rolle auf und sie ist - niedlich, so wie Sandra Bullock eben. Im Zentrum von The Thing Called Love aber steht ein Schauspieler, der ganz weit weg zu sein scheint. Wie ein schwarzes Loch, welches das Licht des Films absaugt. Er scheint (wie der Titel eines seiner grössten Filme) ins Leere zu rennen. Manchmal meint man, die übrigen Schauspieler versuchen ihn mitzunehmen auf ein Niveau, dass er nicht mehr leisten kann. Es ist alles so ungeheuer traurig...

Montag, 18. April 2016

Our Daily Free Stream: Sidney Lumet - serpico


Our Daily Free Stream: Sidney Lumet - Serpico. Al Pacino scheint nach längerer Zeit wieder in einem interessanten Film über die Piraten aus Somalia mitzuwirken. Deshalb gibts heute Serpico! - Erlebt ein junger Schauspieler seinen ersten Erfolg, ist es in der Regel so, dass Hollywood ihn in eine Position stossen will, die Ruhm und Geld verspricht. Die Karriere des jungen Al Pacino aber verlief anders. Nach seinem Durchbruch mit dem immer noch grössten Mafia Thriller aller Zeiten, suchte er nach Rollen, die eine Entwicklung versprachen. Sidney Lumet, seit fast 20 Jahre ein Aussenseiter (der nicht in Hollywood arbeitete) konnte ihm diese Rollen anbieten. Inspiriert durch die wahre Geschichte des New Yorker Polizisten Frank Serpico, schrieben Waldo Salt und Norman Wexler ein Drehbuch, dass Pacino als langhaarigen Cop zeigt. Mit zerzaustem Bart sieht er aus wie ein Hippie, doch überrascht stellen wir fest, dass Serpico ein Cop im Untergrund ist! Am meisten verwundert uns aber noch eine andere Tatsache: Warum ist der bärtige Cop so wichtig? Weshalb würden ihn so viele Kollegen am liebsten tot sehen? Die traurige Antwort liefert jemand im Film: Wer traut schon einem Polizisten, der kein Geld nimmt? Ab diesem Moment erleben wir Serpicos Geschichte, die ihn nun sein Leben kosten kann. Es beginnt bereits auf der Akademie. Serpico beobachtet seine Kollegen, wie sie kleine Gefallen entgegen nehmen - als Tauschhandel wohlbemerkt. Nichts Aussergewöhnliches, zum Beispiel, in zweiter Reihe zu parken. Für den jungen Idealisten sind das allerdings untragbare Zustände. Durch eine Versetzung in einen anderen Bezirk, hofft er an bessere Polizisten zu kommen. Doch diese Hoffnung wird jäh zerstört! Gleich am ersten Tag wird ihm ein Umschlag zugesteckt mit dem Bestechungsgeld der Woche. Hier wird nun sein Dilemma deutlich. Serpico operiert in einem korrupten System, dass sich wie eine Epidemie über die ganze Stadt ausgebreitet hat. Dieses System hat seine eigenen Vorgaben und Serpico steht nun dazwischen: Wird er selbst Geld annehmen, also ein korrupter Cop werden oder wird er zum Spitzel? Serpico ignoriert das Problem zunächst und beruhigt sein Gewissen. Schliesslich haben die meisten Polizisten Familie und verdienen bei weitem nicht genug für ein sorgenfreies Leben. Serpico bringt sich allerdings schleichend in eine delikate Position, denn er beginnt bereits aufzufallen... Al Pacino schafft es, uns den jungen unbekümmerten Beamten, kurz nach der Ausbildung zum Gesetzeshüter, vorszustellen, im Kontrast zum späten gequälten Serpico. Wir erleben den Fall eines sympathischen Jungen voller Ideale zu einem verbitterten Mann, der alles und jedem misstraut. Serpico wird zu einem nervösen Charakter, der sich niemals fügt. Al Pacino lernte sein Schauspiel von Lee Strasberg und ging im Sinne des "Method Acting" an seine Rolle heran. Sein Frank Serpico ist nicht einfach ein Cop mit der hervorragenden Charaktereigenschaft "Cop". Er ist ein Mensch mit verschiedenen Interessen, der sich mit unterschiedlichen Leuten umgibt. Deshalb trägt er auch seinen Bart, der ihn eben nicht sofort als Cop ausgibt. Pacinos Figur ist in diesem Sinne ein Produkt der kulturellen Entwicklung der späten 60er. Versuch mal, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Hippie Bewegung und der intellektuellen Neugier Serpicos - das ist ein anderer faszinierender Effekt! Doch nicht nur Serpico, auch seine Freundin Laurie (Barbara Eda-Young) ist ein dreidimensionaler Charakter. Sie zeigt ihre Hingabe zu Serpico, sie liebt ihn, aber zunehmend gerät das unter den Prüfstand, durch Serpicos nervöse Anfälle. Welche Frau könnte die auf Dauer ertragen? Laurie fühlt sich schuldig dadurch. Sidney Lumet zeigt die Isolation Serpicos, in dem er ihn immer wieder in langen Einstellungen aus der Ferne vorführt. Serpico erscheint dadurch klein und hilflos. Er wirkt, als ob er ganz allein wäre in der Welt und Lumet macht diese Situation umso dringlicher, indem er immer wieder Nahaufnahmen der Cops um Serpico herum zulässt. Obwohl Lumets Film fast schmucklos wirkt, soll das nicht darüber hinwegtäuschen, wie reich dieses Werk an technischer Finesse ist. Das beginnt bei den Kostümen, welche die Charaktere (nicht nur den von Serpico) betonen bis hin zu den grossartigen Schauplätzen. Lumets Film schafft eine urbane und gleichzeitig dekadente Atmosphäre, die ganz bestimmt einen grossen Anteil hat am Erfolg. Ausschlaggebend ist letztlich aber die emotionale und psychologische Entwicklung der Hauptfigur. Die Tragödie Serpicos besteht nicht nur darin, dass seine Umgebung unerträglich ist für ihn - viel mehr wurde sein Traum zerstört! Ganz am Ende, wenn er leise beginnt zu weinen, fühlen wir unendlich viel Mitleid für Serpico: Nicht nur wegen seiner erlittenen Enttäuschung, vor allem für den Zynismus, der nun seinen Charakter ausmacht.

Sonntag, 17. April 2016

Greek New Wave - The Lobster. Movie Of The Year!


Hier kommt zum DVD Star von The Lobster (denn der lief nicht im deutschen Kino - was den Unterschied zwischen Deutschland und Griechenland auf den Punkt bringt!) eine Liste mit allem was toll und unerhört ist aus dem Herzen des Balkan! Kurz nach der Olympiade begann es: Eine ganze Reihe exzentrischer Filme schwappte rüber aus Griechenland. Matchbox (Spirtokouto) von Yannis Economides etablierte das, was griechische Filme bis heute ausmacht: Exzentrik! Eine Reihe von Filmen, die quasi selbst gemachten waren. Dafür gabs kein Budget und auch keine Akademie. Die Filmemacher halfen sich selbst, arbeiteten umsonst füreinander, miteinander. Im Umfeld des Filmfestivals von Thessaloniki entstand so eine neue Welle, die schliesslich durch Dogtooth (Kynodontas) von Yorgos Lanthimos weltberühmt wurde und durch Attenberg von Athina Rachel Tsangari allseits beliebt. Lanthimos hat uns jetzt The Lobster geschenkt, eine SciFi Satire, die in einer Zukunft spielt, in welcher der Zwang herrscht, sich zu paaren. Wer dem widersteht wird in ein Tier verwandelt, zum Beispiel einen Hummer. Tsangari bringt zeitgleich ihre neueste Verbeugung vor der Nouvelle Vague ins Kino: Chevalier, ein amüsanter Schwanzvergleich der griechischen Oberklasse. Ob die berühmte griechische "Krise" in den Filmen eine Rolle spielt? Höchstens gibt sie den Ton an, aber harter Sozial-Realismus ist nicht das Anliegen der Neuen Welle. Hier gehts um Erfindungsreichtum und Ideen! Davon haben die Griechen mehr als alle Nachbarländer! Während wir uns die nächste staatlich geförderte "Wendekomödie" oder "80er Befindungsschau" ansehen müssen, erleben wir im griechischen Kino eine Schauspielgruppe, die den Service anbietet, kürzlich Verstorbene durch Darsteller zu ersetzen (Alpen). Oder Kinder, die dazu dressiert werden, im Garten zu kläffen (Dogtooth). Von Gottfried Benn stammt das Zitat: "Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch". Die Griechen haben die richtigen Bilder dafür gefunden!
Our Daily Free Stream: Lindsay Anderson - If...

 Our Daily Free Stream: Lindsay Anderson - If... Ein unheimlich aktueller Film, der allein deshalb so ein Unwohlsein hervorrief, das mir noch lange im Nacken sass... - Hier kommt ein europäischer Klassiker, mit der Güteklasse "essentiell britisch"! Lindsay Andersons Parabel über den Aufstand an einer Boarding School, beschwört all das herauf, was so gemein und hässlich ist an derartigen Etablissements. If... ist die Korrektur aller verlogen nostalgischen High School Filme. Dazu muss man sich vorstellen, wie so eine Elite Schmieder während der 60er gewesen sein muss, um die Motivaion in If... zu verstehen, sich mit Waffen zur Wehr zu setzen. Lindsay Anderson hat daraus einen sehr menschlichen Film gemacht, der in mancherlei Hinsicht an die anarchistische Grösse der Nouvelle Vague erinnert. Im Gegensatz zu den jungen Wilden aus Frankreich wirkt Anderson aber eher alterslos. Seine Schul-Revolte kommt mit einem klaren Blick für die Realität daher, die bis an ihre äusseren Grenzen getrieben wird. Wir erleben das Individuum wie es zu einem "funktionierenden Glied" der Gesellschaft gemacht wird - Sadismus und Masochismus spielen dabei eine grosse Rolle. "Education in Britain," wird der Hausmeister später ekennen; "is a nubile Cinderella, sparsely clad and often interfered with." Malcolm McDowell spielt Mick Travis, der die Autoritäten der Schule herausfordert und schliesslich zu einem gewalttätigen Erlöser wird. Manchmal in Farbe, dann wieder Schwarzweiss, manchmal wie im Traum, dann wieder hyperreal - kommt hier einer der unvergesslichsten Rebellen der Filmgeschichte!

Samstag, 16. April 2016

Our Daily Free Stream: Charles Chaplin - The Great Dictator


Our Daily Free Stream: Charles Chaplin - The Great dictator. Zum Geburtstag von Charlie Chaplin! - 1938 begann der grösste Filmstar der Welt einen Film vorzubereiten über das Monster des 20. Jahrhunderts. Ein bisschen ähnelte Charlie Chaplin Adolf Hitler, zumindest trugen beide denselben Schnurrbart. Auf dieser Gemeinsamkeit baut die Satire The Great Dictator auf, in der ein jüdischer Frisör mit dem Diktator verwechselt wird. Der Film wurde 1940 fertiggestellt und sollte nicht nur Chaplins erster Tonfilm werden, sondern das berühmteste Werk seiner Karriere! Allerdings sollte The Great Dictator auch grosse Probleme für Chaplin bereithalten und ihm indirekt seinen Weg ins Exil weisen... 1938 war es in den USA noch keineswegs Konsens, Hitler für das Böse schlechthin zu halten. Es gab die weit verbreitete Meinung, sich aus dem Ärger in Europa ganz rauszuhalten und Stimmen, die Hitlers antisemitische Politik auch gern in Amerika praktizieren würden. Später hielt man diejenigen, die gegen Hitler gewesen waren, gern für "Kommunisten". Chaplins Film endet mit einer langen Rede über den Frieden und die persönliche Freiheit - und in gewissem Sinne klang das bereits zu "sozi". 1938 wusste noch niemand etwas vom Holocaust, auch Chaplin nicht. Deshalb fiel ihm eine Hitler Komödie leicht, später hätte er sie wohl nicht mehr gemacht. Im Gegensatz zu anderen amerikanischen Parodien der Zeit, tritt Hitler hier persönlich auf, gezeichnet mit Chaplins voller Verachtung. Bis 1938 hatte Chaplin ausschliesslich einen Charakter gespielt: Seinen kleinen Tramp. In The Great Dictator sieht er zwar noch aus wie der Tramp, technisch gesehen spielt er ihn aber nicht mehr. Das hier war keine Komödie mit Märchen-Elementen, sondern eine harte Satire! Der Plot an sich ist so einfach wie genial: Er beginnt während des ersten Weltkrieges. Unser Held, der Barbier, rettet das Leben eines Soldaten namens Schultz - ohne zu wissen, dass Schultz der Feind ist. Beide erleiden eine Bruchlandung und die verursacht beim Barbier, dass er 20 Jahre lang nicht mehr weiss, wer er selbst ist. Dann aber kehrt er zurück zu seinem Frisörgeschäft nach Tomania (sprichs mal laut aus!), wo der Diktator Hynkel die Macht übernommen hat. Er regiert unter dem doppelten Kreuz. Hynkels Sturmtruppen pöbeln nachts durchs Ghetto, zerscmeissen die Schaufenster der Geschäfte und es wird sogar von einem "Concentration Camp" gesprochen. Der Laden des Frisörs aber wird verschont, weil das Viertel dem Befehl von Schultz untersteht, der seinen Kriegskameraden wieder erkennt. Der Barbier (dessen Name genauso wenig genannt wird wie zuvor der des Tramps) liebt Hannah (Paulette Goddard, die immer Chaplins Frau spielt). Es wird aber zunehmend gefährlich: Schliesslich sollen der Barbier und Schultz (der Hynkel gegenüber nicht loyal ist) in ein Konzentrationslager überführt werden. Doch: Ein Missgeschick passiert und Hynkel wird versehentlich für den Barbier gehalten, gerade in dem Moment, da Schultz und der Barbier fliehen - mit Hynkels Uniform. Nun wird der Barbier von jedermann als der Diktator begrüsst. In klassischer Chaplin Tradition ist die Komödie reich an Gags und Pantomime. Am berühmtesten die Szene, in der Hynkel mit einem Ballon spielt, der die Weltkugel darstellt. Schön auch der Besuch des Italieners Benzini Napaloni (Jack Oakie), der nach dem Vorbild Mussolinis modeliert wurde. Beide Diktatoren sitzen gegenüber in verstellbaren Stühlen. Keiner will unter dem Anderen sitzen, jeder versucht seinen Stuhl höher zu schrauben als der Kontrahent. Schliesslich richtet der Hitler Gruss während des Films eine Menge Verwirrung an und Chaplin kreiert ein eigenes Deutsch um die Wörter "Sauerkraut" und "Schtonk". Chaplin setzt seine comicartige Figur dafür ein, Hitler zum Clown werden zu lassen. Das Publikum feierte den Film für diese Idee, fühlte aber wohl bereits während der Uraufführung, dass The Great Dictator sich dann totläuft, wenn Chaplin am Ende zu einem etwa vierminütigen Monolog ansetzt. Scheinbar war ihm diese Rede aber so wichtig, dass er 1,5 Millionen Dollar seines eigenen Vermögens setzte, um die Produktion nicht aus der Hand zu geben. Seine irrwitzige und brilliante Satire sollte in eben diesem Statement gipfeln! The Great Dictator ist immer noch ein Werk von grosser Komik, zeigt aber auch den Mut, den Chaplin als Künstler immer hatte! Den kleinen Mann mit Schnurrbar aber, sollte er danach nie wieder spielen.

Freitag, 15. April 2016

Our Daily Free Stream: John Ford - Stagecoach


Our Daily Free Stream: John Ford - Stagecoach. Eine ganze Reihe neuerer Western stehen bei uns im Neuheiten Regal, die eines geinsam haben: John Ford ist ihr grosses Vorbild! Deshalb gibts heute Stagecoach. - Stagecoach aus dem Jahr 1939 markiert den Beginn zweier Karrieren. John Ford hatte bereits einen Namen als Western Spezialist, doch Stagecoach sollte der erste wahrhaft grosse Western in der Geschichte Hollywoods sein. John Wayne kannte man nur aus einigen B-Movies. Stagecoach ist sein erster John Ford Western. Nach einigen Jahren kehrte John Ford hier zu dem Genre zurück, aus dem alle seine Ideen entsprangen. Gemeinsam mit John Wayne sollte er ein paar der grössten Western aller Zeiten drehen. Beide stellen eine der ikonischen Partnerschaften der Geschichte Hollywoods dar. Sie fanden zusammen an einem verheissungsvollen Punkt in Fords Karriere: Er war bereits 45 Jahre alt, hatte kurz zuvor den Oscar gewonnen und seit 1917 eine Reihe von Western inszeniert, einige stumm, andere mit Ton. Stagecoach aber markiert den Beginn eines Triumphs! Wohl kein zweiter Regisseur der Tonfilm-Ära vermochte so viele Meisterwerke in so kurzer Zeit aufeinander folgen lassen. Kein zweiter Autor war so oft für den Oscar nominiert bzw. erhielt ihn. Seit geraumer Zeit hatte Ford ein Auge auf Wayne geworfen, der noch Marion Morrison, Spitzname Duke, hiess. Für Stagecoach sah Ford Waynes Zeit gekommen und er entschied sich für den Neuen - gegen den Willen des Studios. Heute mag Stagecoach vielleicht nicht mehr besonders originell erscheinen, doch das liegt nur daran, dass der Western wie kein zweiter nachfolgende Filmemacher beeinflusste. Manchmal meint man, eine ganze Sammlung von Klischees zu sehen. In Wahrheit aber, handelts sich um Original-Erfindungen Fords: Die Hure mit dem Herz aus Gold, der gemeine Banker, der grissene Zocker oder die Heroine reinen Herzens. Ferner erlebt man Verfolgungsjagden mit der Kutsche und Fords geliebte U.S. Kavalerie. Kurz, es sind die Zutaten von Fords Weltbild einer paradiesischen Vergangenheit. John Ford war ein konservativer Utopist. Stets hält Stagecoach unserer Interesse aufrecht und ist dabei so elegant gemacht wie eine Symphonie. Ford gibt nicht alle Schlüsselszenen an Wayne, er führt eine ganze Reihe von Charakteren ein, mit denen er etwas zu erzählen hat. Dabei gewichtet er sie in etwa gleich. Hier kommen John Carradine als der Zocker, Thomas Mitchell als versoffener Doktor oder Donald Meek als reisender Geschäftsmann. Alle diese Figuren haben ihre eigene Geschichte und ihre guten Gründe, voller Wagemut durch das Indianer Gebiet zu reisen. Die stärkste Szene von Waynes Charakter, The Ringo Kid, ist die, als er sich als er sich für die Prostituierte Dallas stark macht und im Saloon insistiert, sie möge einen Tisch und ein Glas Wasser bekommen. Hier erleben wir John Wayne mit seiner mühelosen Autorität. "There's a cabin half built. A man could live there... and a woman. Will you go?", fragt Ringo Dallas. "But you don't know me--you don't know who I am", zögert sie. "I know all I wanna know." Wir zweifeln keine Sekunde, dass er meint, was er sagt. Wayne war 32 Jahre alt, gross und dünn; er konnte schön knurren, redete nicht zuviel und das, was er sagte, das nahm man ihm ab. Ford inszeniert ohne Eile und übertreibt es nie mit Schnitten. Immer achtet er auf den Hintergrund einer Action-Szene. Die Szenen mit Stunts aber sind grandios! Nehmen wir die, in welcher ein Apache zwischen zwei Pferden reitet. Keine Effekte hier - fällt er, könnte er sein Leben verlieren! Wayne spielt einen Helden, aber keinen Action-Helden. Er wird manifestiert als "Bad Guy" - The Ringo Kid wird per Anschlag gesucht - dennoch beschützt er die Kutsche und ihre Passagiere, insbesondere die Frauen. Das Bild der Native Americans im Film ist unaufgeklärt. Indianer sind schlicht die mörderischen Wilden. Die Frage, ob die Weissen ihnen ihr Land genommen haben, stellt sich nie. Ford sollte dieses Bil in den folgenden 25 Jahren hinterfragen und ins Gegenteil verkehren. Im Jahr 1939 aber teilte er diese simple Perspektive mit allen anderen Western. Zu Unrecht hatte man aber Ford lange als "Rechten" gesehen, vielleicht auch, weil er so lange mit Wayne arbeitete. In Wahrheit aber war er ein Liberaler. Er bewies das vor allem während der Hexenjagd zu Zeiten McCarthys. Weder Ford, noch Wayne waren Rassisten. Das Eingeborenen-Bild in Stagecoach ist eben schlicht naiv! Tief im Herzen ist Stagecoach ein sehr humanistischer Film. Alle Insassen dieser Reise bekommen ihr Gewicht, keiner wird abgelehnt oder bevorzugt. Stagecoach ist ein zivilisierter Western. (Dazu gibts eine Film List der klassischen Western ab 1939 auf unserer Empfehlungsseite cinegeek.de

Donnerstag, 14. April 2016

Our Daily Free Stream: Terri


Our Daily Free Stream: Terri. Lust auf eine Indie Entdeckung? - Der Film von Azazel Jacobs hat mich regelrecht vereinnahmt. Es ist die Geschichte eines dicken Jungen, der in der High School gequält wird. Die meisten High School Filme über Aussenseiter sind ziemlich gewöhnlich - dieser hier nicht! Terri wird so glaubhaft von Jacob Wysocki verkörpert, dass es wie ein kleines Wunder wirkt! Terri ist klug, freundlich und instinktiv auch schon weise, dadurch tut es umso mehr weh, wenn er gedemütigt wird. Seine Entscheidung, Pyjama in der Schule zu tragen, dürfte im späteren Leben sogar eine hippe Idee sein! Terri hat Charakter. Wir erleben mit ihm zwei oder drei Wochen seines Lebens, in denen er einige wichtige Hürden nimmt. Seine Eltern kommen im Film nicht vor. Terri lebt zusammen mit seinem Onkel James (Creed Bratton), inmitten von dessen Büchern und Musik. James ist genau wie Terri ein besonderer Mensch. Das Haus, in dem die beiden wohnen, liegt mitten im Wald und den muss Terri durchqueren, um zur Schule zu gelangen. Er hat bereits ziemlich viele Tage versäumt und wird deshalb zum Direktor Fitzgerald (John C. Reilly) bestellt. Der Direktor versteht Terri, denn er selbst wurde als Teenager gequält. Langsam entwickelt sich hier ein Gespräch von Mann zu Mann, ja von Freund zu Freund - was von Jacobs sehr subtil entwickelt wird. Insgesamt ist es nicht die Absicht des Films, einer seiner Figuren zu nahe treten zu wollen oder mit Eile die Handlung runter zu spulen. Terri ist ein wundervolles Beispiel, wie ein Film uns das menschliche Leben nahe bringen kann, ohne sich darüber jemals lustig zu machen! Es gibt noch zwei weitere wichtige Charaktere: Chad (Bridger Zadina) ist ein zweiter Problemkandidat von Fitzgerald. Ein mürrischer Aussenseiter mit hängenden Schultern, der sich zwanghaft die Haare vom Kopf zupft. Heather (Olivia Crocicchia) ist eine der schönsten Schülerinnen und Terri beobachtet sie auf dem Heimweg. Sie "macht gerade mit einem Jungen rum" (oder ist es doch etwas anderes?), weshalb Fitzgerald sie verweisen will. Terri aber macht sich stark für sie und beweist seinen Respekt vor Heather. Beide beginnen eine schüchterne Freundschaft und schreiben sich kleine Zettel. Schliesslich lädt Terri beide zu sich nach Hause ein: Chad, Heather, eine Flasche Schnaps und ein paar Pillen seines Onkels. Es wird nicht nur für die Drei ein denkwürdiger Abend, auch mir blieb die Szene bis heute im Gedächtnis. Ich denke nicht, dass ich jemals eine solche Sequenz gesehen habe... Irgendetwas in Terris Leben spornt uns an, genauso zu sein, wie wir sein wollen. Obwohl Terri sein Glück noch nicht gefunden hat, lebt er das bereits. Terri und auch die übrigen Charaktere werden nie eingeschränkt durch die Konventionen einer "Story". Alle fünf habe ich so nie in anderen Filmen gesehen! Sie werden mit Hingabe und Sympathie beobachtet und niemals vereinfacht - es wäre zum Beispiel interessant, etwas mehr über Heather zu erfahren. Hier ist ein Junge, der in einem normalen High School Film einfach "dick" und "merkwürdig" wäre. Hier ist er aber so viel mehr als bloss dick und merkwürdig! Bisher war mir der Schauspieler Jacob Wysocki unbekannt, aber er spielt seine Rolle so ruhig und selbstbewusst, dass ich mal weitere Filme mit ihm recherchieren muss. Die Gespräche zwischen ihm und John C. Reilly könnte ich mir alle noch einmal einzeln ansehen, so aufrichtig und denkwürdig sind sie gefilmt. Hier zeigt sich wahrhafte Meisterklasse!

Mittwoch, 13. April 2016

Our Daily Free Stream: Clint Eastwood - Breezy

 Our Daily Free Stream: Clint Eastwood - Breezy. 2016 kommt der neue Eastwood Film ins Kino mit Tom Hanks als Captain "Sully" Sullenberger. Wer aber kennt noch Eastwoods zweiten Film Breezy , den wir als unbedingten Geheimtipp heute zeigen? - Hier kommt einer von Clint Eastwoods erklärten Lieblingen! Es ist auch einer der schönsten Filme über die Hippie Ära! Breezy (Kay Lenz) bewegt sich per Anhalter durch die USA bis nach Kalifornien. Sie besitzt nichts als die Klamotten, die sie am Leib trägt - und eine Gitarre. So stolpert Breezy in das Leben des Immobilienhändlers Frank (William Holden), einem Mann mittleren Alters. Eine unwahrscheinliche Romanze beginnt, die wir Eastwoods Film aber abnehmen. Mit dem Altersunterschied kommt Breezy klar, doch es gibt noch so einigen Ballast in Franks Leben wie eine bittere Scheidung und zahlreiche Affären. Breezy macht Spass, nicht durch das, WAS passiert, sondern WIE es geschieht. Clint Eastwood hat den Film 1973 inszeniert und liefert sogar selbst einen Kurzauftritt darin ab. Wir bemerken ihn am Pier, während Frank neue Klamotten kauft für Breezy. Die Beziehung zwischen Frank und der begierig liebenden Breezy ist beides: Überraschend und sehr eindringlich. Eastwood zeigt sie mit grosser Zärtlichkeit und kann sich auf Jo Heims sensibles Drehbuch und auf den Titelsong von Michel Legrand verlassen. Wir dürfen etwas Schönes erwarten! Breezy ist jung und hübsch mit einem einnehmenden Lächeln. Sie besitzt nichts, vermisst aber auch nichts und glaubt, dass die Menschen von Grund auf gut sind. Frank ist da ganz anders: Sein Leben ist überladen mit lieblosen Beziehungen, die er wie Geschäfte betreibt. Alles wird bei ihm überschattet von seinem Zynismus, wovon er diverse Lebens- und Liebesregeln ableitet: Keine Blumen, keine Gegenseitigkeiten. Breezy behandelt Frank wie einen ungezogenen Jungen. Wie kann er an solchen Quatsch glauben, wo er doch so ein gemütliches Haus besitzt? Ist es so, dass wir Eastwood diese ungleiche Beziehung abnehmen, weil hier ein Rollentausch stattfindet? Wer von den beiden ist in Wahrheit reifer? Immerhin kauft Frank beschafft Frank ihr einen Hund (Sir Love-A-Lot, den sie auf der Strasse findet) und fährt mit ihr ans Meer. Durch die Gespräche mit seinen Freunden, findet Frank schliesslich selbst heraus, was ihm fehlt. Einige der besten Passagen des Films sind die Gespräche über die Ehe. Franks Freund mit leichtem Bauchansatz und schütterem Haar, beklagt sich, wie unbefriedigt er sei. Doch auch in ihm steckt noch Leben und Leidenschaft (es ist für uns wohl genauso peinlich wie für Frank, dass aus dem Mund eines älteren und ziemlich schmierigen Mannes zu hören). Frank selbst spielt Tennis und sauniert regelmässig. Wenn er mit Breezy im vornehmen Restaurant auftritt, werden seine Freunde gelb vor Neid (wohlbemerkt: Frank verheimlicht seine junge Freundin nicht!). Schliesslich gehts aber doch um den Altersunterschied zwischen Breezy und ihm. Nicht Breezy stört sich daran, sondern er selbst. Während Frank mit sich hadert, sieht Breezy das Leben ganz einfach: "Does it follow you around all the time", fragt sie Frank. "Would you mind very much if I love you?' erklärt sie Frank die wahre Liebe: "I wouldn't expect anything in return." Breezys Aufrichtigkeit bringt Franks zynischen Lebensentwurf ins Wanken... Eastwood hat einen sehr charmanten Film gemacht, der das Mysterium der Liebe erforscht. Breezy handelt darüber hinaus vom Älterwerden und wie man sich dieses gewisse Etwas bewahrt. Ein fröhlicher Film, den ich mir jetzt zum zweiten Mal angesehen habe.(Dazu gibts unsere Auswahl an Hippie Filmen aus den 60er/70er Jahren als Film List auf unserer Empfehlungsseite cinegeek.de

Dienstag, 12. April 2016

Our Daily Free Stream: Vincent Gallo - The Brown Bunny. 


Our Daily Free Stream: Vincent Gallo - The Brown Bunny. Heute hat Vincent Gallo Geburtstag, der früher mit Basquiat arbeitete, später Industrial Noise machte und dann der Regisseur von Brown Bunny wurde. - Als ich zum ersten Mal The Brown Bunny sah, dachte ich, wie schlimm kann es noch werden? Habe ich je einen prätentiöseren und grauenvolleren Arthaus Film gesehen? Dann las ich wie The Brown Bunny in Cannes 2003 aufgenommen wurde: Das Publikum muss sich einig gewesen sein, den schlimmsten Film in der Geschichte des Festivals gesehen zu haben. Manche blieben wohl nur im Kinosaal, um "Buu" zu rufen. Dann passierte etwas Merkwürdiges. Ich habe mir den Film heute, nach etwa zehn Jahren, noch einmal angesehen. Das, was mir als unerträglich in Erinnerung geblieben war, kam mir auf einmal intensiv und traurig vor. Jeder, der mit mir am Tresen gequatscht hat, weiss, dass ich lange Einstellungen mag und gerne Filme jenseits klassischer Strukturen anschaue. Das, was ich als so leer empfunden hatte, kam mir diesmal wie ein Sog vor. Gallo spielt Bud Clay, einen Rennfahrer, der einen wichtigen Wettkampf verlor. Er ist ein einsamer Mann, der die Welt draussen kaum wahrnimmt, stattdessen sehr mit seinem Innenleben beschäftigt ist. Bud ist bedürftig, ja leidet Not. Ihm fehlt Liebe. Ihm fehlt sie: Daisy. Gallo spielt das ganz ungeschützt. In einer frühen Szene bittet er ein Mädchen, mit ihm zu kommen. Sie verneint und er wiederholt seine Frage mit einem flehenden "Please". Dann kommt er in eine verlassene Kleinstadt. Wir sehen eine Frau allein im Park. Er nähert sich ihr, beide küssen sich, dann entfernt Bud sich wieder. Es braucht keiner Worte, um zu sehen, dass Buds Herz gebrochen ist. In Kalifornien trifft er endlich sie, Daisy (Chloe Sevigny), in einem Hotelzimmer. Vermutlich wissen die meisten bereits, was passieren wird, denn das ist die Szene, für die The Brown Bunny berühmt wurde. Ja, die Szene ist explizit. Nein, sie ist nicht grundlos. Wir verstehen Bud, seine Einstellung zu Frauen, seine Sexualität, seine Schuld - wieder fast ohne Worte. Fantasie, sexuelle Bedürfnisse und ein gewisser Wahnsinn kommen hier zusammen und es ist vor allem auch Sevignys Verdienst, dass The Brown Bunny so wahrhaftig geworden ist. Brown Bunny ist eine Studie der Einsamkeit und des Verlangens, der eine zärtliche Traurigkeit beschwört.

Montag, 11. April 2016

Our Daily Free Stream: Abel Ferrara - The Addiction. 


Our Daily Free Stream: Abel Ferrara - The Addiction. Weils so schön war, gleich noch einen Abel Ferrara Film: Sein New Wave Vampir Drama The Addiction. - Gruselig, witzig und herrlich lächerlich! Das hier ist bestimmt das prätentiöseste B-Movie überhaupt! Das mit philosophischen Zitaten angereicherte Skript über einen rasenden Greenvich Village Vampir schämt sich nicht, Verweise zum Vietnam Krieg oder den Nazi Camps zu ziehen, bevor der Film seiner Heldin die Absolution erteilt. Das alles wird aber mit so grosser Schönheit und so viel Kraft von Abel Ferrara inszeniert, dass es am Ende an uns hängt: Können wir mit diesem wundervollen Quatsch umgehen oder nicht? Die Philosophie-Studentin Kathleen (Lili Taylor) wird auf dem Weg nach Hause von einer Vampirin angefallen und gebissen. Sie klagt über rasende Schmerzen, kann sich nicht mehr orientieren und verspürt einen unstillbaren Durst nach Blut. Blutdurst geht bei ihr einher mit sexueller Erregung. In diesem Zustand begnet ihr noch ein Vampir: Der intellektuelle Peina (Christopher Walken) lehrt sie, wie sie ihren Durst kontrollieren kann. Abel Ferrara zeigt sich hier wieder als zweifelnder Katholik und offenbart noch eine andere Seite von sich selbst: Seine Drogensucht. Er kennt die Obsession, die Selbstzerstörung und Todessucht. Metaphysik und Delirium, basierend auf dem Skript von Nicholas St. John. Ferrara erklärte, dass St. John in Heidelberg studierte und manchmal meint man, dass es wohl nur drei Semester gewesen sein mögen und einige der Uni Abschriften versehentlich in den Film gelangt sind. Ferrara jedenfalls hat sich dieser furchtbaren Vorlage mit so viel Poesie und ehrlicher Überzeugung angenommen, dass es gar nicht mehr ins Gewicht fällt.

Sonntag, 10. April 2016

Our Daily Free Stream: Abel Ferrara - Miss 45


Our Daily Free Stream: Abel Ferrara - Miss 45. Ferraras letzter Film Pasolini mit Willem Dafoe ging im Kino unter. Seitdem warten wir auf etwas Neues von dem Regiusseur, der wie kein zweiter das Indie Kino der 80er verkörpert! Deshalb gibts heute Miss 45. - Es war 1981 als Abel Ferrara dem Genre des Rache Thrillers einen besonderen Twist abgewann: Hier schwingt sich eine Frau auf zum Rache-Engel! Miss 45 ist eine Reise zurück nach New York, bevor es zur spätkapitalistischen Hochglanz-Metropole wurde. Hier wird ein stummes Mädchen nicht ein Mal, sondern zwei Mal vergewaltigt! Zum ersten Mal wird Thana (Zoe Lund) von einem Mann (Abel Ferrara selbst) in einer Mülltonne vergewaltigt, später in ihrer Wohnung noch einmal von einem Einbrecher. Diesmal aber kann sie sich wehren und erschlägt ihn mit einem Bügeleisen. Seine 45er Magnum nimmt sie ihm ab, zerstückelt die Leiche und verstreut sie über die ganze Stadt. Ein paar Müllsäcke mit Leichenteilen vergisst sie auf der Strasse, die ihr ein hilfsbereiter Passant hinterher trägt. Thana erschiesst ihn. Ab diesem Moment, beginnt sie Männer zu jagen. Thana verwandelt sich von der unauffälligen Angestellten in eine grell geschminkte Femme Fatale im Nonnenkostüm. Ein gewisser W. Herzog scherzte einmal, nachdem er ein Abel Ferrara Remake inszeniert hatte, er wüsste gar nicht, wer dieser Ferrara sei. Besser hätte er sich Miss 45 angesehen, um zu merken, dass dieser Ferrara genauso verrückt ist wie er selbst! In den frühen 80ern avancierte Ferrara zu einem der wichtigsten Indie Regisseure, die diesen Namen auch verdienen. Bis in die 90er dauerte seine Karriere an, blieb stets spannend, dann verliessen sie ihn und seine Filme wurden prätentiös. Ferrara zog 1998 von New York nach Rom. Heute versucht er, an alte Triumphe anzuschliessen und wir wünschen ihm von Herzen, dass er die Form von Miss 45 wieder erlangt! Zwischen Gosse und Glauben pendeln seine frühen Filme und wenn Thana bei Ferrara im Nonnenkostüm killt, ist das keine blosse Provokation. Ferrara war stets ein echter Katholik! Miss 45 ist deshalb auch kein simpler Exploitation Film, sondern das Portrait einer isolierten, kranken Frau. Seine Thana ist stumm und deshalb abgeschnitten von der Welt. Freunde hat sie keine, das wird deutlich in der Szene, als sie der Nachbarin erklärt, sie würde nachts bei einer Freundin bleiben, worüber die Dame sich wundert. Dadurch, dass Thana stumm ist, arbeitet auch Ferraras Film nur mit spärlichen Dialogen, was Teil der Faszination von Miss 45 ist. Versuch mal, den Ton ganz abzuschalten und du wirst Miss 45 problemlos verstehen! Ferrara ist da ein kühnes Experiment des reinen Films gelungen! Sieht man genauer hin, ist Miss 45 auch kein klassisches Rape & Revenge Movie. Das Genre funktioniert normalerweise so, dass am Anfang eine Vergewaltigung steht, die alle folgenden Taten rechtfertigt. Alle Täter werden erledigt und das Gute gewinnt. Thana aber tötet nicht nur ihren Vergewaltiger, sondern eine Reihe unschuldiger Personen, was ihrem "Rachefeldzug" eine psychopathische Note verleiht. Vermutlich war Thana bereits vorher eine kranke Persönlichkeit, die Vergewaltigungen aber, zerstören sie vollends. Ferrara als praktizierender Katholik führt hier vor, dass Rache keine Lösung sein kann. Der Hass selbst ist Ausdruck der erlittenen Schädigung und den gilt es zu überwinden. Das ist der grosse Unterschied zu den meisten Rachefilmen, auch denen, die sich der "Philosophie" der Rache bemächtigen. Miss 45 ist ein dreckiger Low Budget Film, der aber sein ganzes Genre des Rape & Revenge ad absurdum führt. Ich habe nie einen zweiten Film gesehen, der das genauso konsequent schafft! Miss 45 ist Abel Ferraras bester Film!