Samstag, 24. März 2018

youtube steam: Richard Lester - A Hard Days Night

Als A Hard Days Night im Kino lief, waren die Beatles bereits berühmt (das halbe Land hatte sie in der Ed Sullivan Show gesehen) - Ikonen aber waren sie noch keine. Man durfte davon ausgehen, dass die Kritiker ob solch eines Rock'n Rolls Musicals die Nasen rümpfen würden. Doch es ist unmöglich, A Hard Days Night nicht zu lieben, so witzig und freundlich und originell ist dieser erste Beatles Film! A Hard Days Night ist überhaupt nicht gealtert, steht ausserhalb der Zeit. Ich denke, 1964, da hatten die 60er noch gar nicht richtig begonnen. Man hörte die Musik der 50er und kleidete sich auch so - bis die Beatles kamen! A Hard Days Night hatte überhaupt nichts mit Rock Musicals wie den klebrigen Elvis-Filmen zu tun. Es ist intelligent, respektlos und nimmt sich selbst nicht zu ernst. Richard Lester inszenierte in elektrisierenden Schwarzweiss-Aufnahmen, semi-dokumentarisch. Er folgt den Beatles bei ihrem Alltag und beantwortet wesentliche Fragen: "Are you a Mod or a Rocker?" - Ringo antwortet: "A Rocker". Im Gegensatz zu amerikanischen Stars der frühen 60er, waren die Beatles nicht von ihren Managern dressiert worden. Anders als Elvis beantworteten sie Interviews nicht wie nette Schuljungen. Sie sahen aus wie Clowns und benahmen sich auch so. Sie waren echt! Sich selbst zu befreien, das ist die Aussage von A Hard Days Night. Man siehts den Jungs an mit ihren langen Haaren. Die Beatles gegen das Establishment: Den Manager oder den TV Direktor, der während ihrer Live Sendung wahnsinnig wird. Wenn sie nicht "arbeiten", rennen sie wie kleine Kind über ein offenes Feld oder werfen Schneebälle. Selbstverständlich nimmt A Hard Days Night auch filmische Einflüsse der Nouvelle_Vague auf. Jump Cuts oder Freeze Frame kennen wir von den französischen Vorbildern der Zeit. Ein Hollywood Film der frühen 60er aber sah gänzlich anders aus(...)

Dienstag, 20. März 2018

youtube stream: David Holzman's Diary


L.M. "Kit" Carson aus Dallas ist gestorben. Wer? Der Schauspieler, Filmemacher, Produzent. Ein Querkopf, mit dem vermutlich niemand zu Recht kam. Während der New Hollywood Ära drehte er mit seinem Freund Jim McBride David Holzman's Diary, 1983 das unglaublich tolle Remake von "Breatless", dass jeder hasste. Als Co-Autor verfasste er Paris_Texas (sein Sohn spielt den Jungen). Und er diente als Mentor für Wes_Andersons ersten Kurzfilm Bottle_Rocket. Genug? Wir habens also mit einer Querkopf-Legende zu tun! Einer, der nie zur Ruhe kam. David Holzman's Diary ist eine Mockumentary aus dem sagenhaften Jahr 1967. Eine Mock-Documentary über einen jungen Filmemacher, der für den Regisseur Jim McBride arbeitet. Ganz nebenbei wird hier ein neues Genre erfunden und zwar das einer Charakterstudie der ersten Person (=des Ich-Erzählers), der hier seine Beichte abliefert. Diese Form wurde unzählige Male kopiert und dient als Original für Video Blogs oder Reality TV. Natürlich weiss aber keiner der Nachmacher, wer da eigentlich für das Original verantwortlich ist! Kennst du Sidney_Lumets Running_On_Empty? Auch in diesem Melodram wirkt Carson mit. Er spielt einen Terroristen, der im Untergrund bleibt und auf der Flucht erschossen wird. Carson selbst lebte auch ein Leben lang im Untergrund. David Holzman's Diary ist nicht autobiographisch, sondern therapeutisch. Carsons David Holzman ist dermassen besessen davon, Filme zu machen, das genau das seine Sicht auf das "echte" Leben verhüllt. Er sieht alles durch seine ganz eigene Brille, in der das Leben zu Filmmaterial wird. Zwischen der Welt und seiner Einbildung steht die Kamera. Eine Art Puffer. Ob Carson das wohl bewusst war? Er scheint das "echte" Leben jedenfalls zu geniessen! Man könnte sagen, er identifizierte sich mit seiner eigenen Filmfigur und baute eine Welt um sie herum. Sehr aufrichtig, sehr ehrlich. Und sehr selbstbewusst.

Montag, 12. März 2018

youtube stream: Dorfpunks

Als Rocko Schamoni zum ersten Mal Punk hörte in der norddeutschen Provinz, da überkam ihn das wie ein "Jugend Tsunami". Weg mit dem Scheiss-System und sein Leben war neu. Damals, Anfang der 80er. Im Mittelpunkt steht Roddy Dangerblood (Cecil von Renner) aus Schmalenstedt in Schleswig Holstein. Puristen werden nun feststellen, dass Roddy gar nicht aussieht wie ein Punk der 80er, sondern wie ein Teenie der 00er. Das Milieu um ihn herum, das platte Land, das aber können wir uns vorstellen. Derb lakonisch ist das Leben dort an der Peripherie und es hat sich mit Sicherheit auch nie verändert. Roddy und seine Clique sind echte Landeier und mit Punk befreien sie sich aus der Lethargie um sie herum. "Gestern waren wir noch scheisse, heute sind wir eine Band." Eine Punkband, denn; "zweitletzter zu sein ist scheisse, letzter zu sein ist geil."(...)

Donnerstag, 8. März 2018

youtube stream: The Three Burials Of Melquiades Estrada


Ein Western, wie ihn die Klassiker Hollywoods auch gern gemacht hätten: Er handelt von Loyalität und Ehre zwischen Männern. Das wird gemischt mit einer gehörigen Portion Wahnsinn! In einer Zeit, da wir mit Actionfilmen übergossen werden, in denen Tausende ihr Leben lassen, funktioniert Three Burials ganz simpel: Einer wird geehrt, der andere gerächt. Der Regisseur und Star von Three Burials, Tommy Lee Jones, spielt einen seiner typischen Charaktere: Harte Arbeiter, die sich nicht willenlos ergeben. Er spielt Pete Perkins, einen Viehhändler. Pete heuert den "illegalen" Immigranten Melquiades Estrada (Julio Cedillo) an, für ihn als Cowboy zu arbeiten. Als Melquiades in einem vollkommen unnötigen Gefecht erschossen wird, ignoriert der örtliche Sheriff (Dwight Yoakam) den Fall. Pete nimmt die Justiz in die eigene Hand. Gemeint ist keine simple Gerechtigkeit, für die gelangt hätte, den Schuldigen umzulegen. Gemeint ist eine poetische Justiz, die den Western zu einer Parabel erhebt. Das geschehen spielt in einer Grenzstadt zu Mexiko. Ein unwirtliches Land für Männer und ein demütigendes für Frauen. Zwei besondere Frauen unter ihnen lernen wir kennen: Lou Ann Norton (January Jones) ist die Frau des hiesigen Polizisten und Rachel (Melissa Leo) arbeitet als Kellnerin. Nachmittags stellt sie sich in einem Hotelzimmer zur Verfügung, mit ihrem Chef zu schlafen. Nicht, weil sie eine Hure ist, sondern, weil sie gelangweilt ist. Ein Western aus der Gegenwart (sowie der jüngeren Vergangenheit). Dann tritt der gewalttätige und grausame Polizist Mike Norton (Barry Pepper) auf. Der Mörder. Und ist seine Grausamkeit nicht Zeichen einer tiefer sitzenden Unsicherheit? Frauen, die "sein" Land betreten, verprügelt Mike. Gemeinsam mit Lou Ann lebt er in einem Wohnwagen. Sie schauen Soaps im TV und manchmal haben sie Sex. Ansonsten hängt Mike im Diner bei Rachel herum, weil es sonst absolut nichts zu tun gibt.(...)

Mittwoch, 7. März 2018

Filmliste: Wind River + Modern Western


Frage: Wann darf ein Film Western heissen? Antwort: Wenn die Protagonisten Cowboy Hüte tragen. Warum sollte ein Western im mythisch verklärten 19. Jahrhundert spielen? Wind River führt uns in ein Native Americans Reservat in Wyoming. Eine abgelegene unwirtliche Umgebung. (Ganz nebenbei wird uns bewusst, dass man den eingeborenen Amerikanern genauso solche Gebiete zuwies.) Hier, in der verschneiten Weite wird eine tote Frau aufgefunden. Barfuss. Sie muss zuvor etwa sechs Meilen in wahnsinniger Angst vor etwas geflohen sein... Wind River folgt den Strukturen des klassischen Westerns bis zum Showdown - spielt aber 2017. Gesucht: Western der Gegenwart. Bereits John Ford liess seinen The Man Who Shot Liberty Valance in der Gegenwart spielen. Während der New Hollywood Erneuerung entstanden Meisterwerke wie The Last Picture Show oder The Electric Horseman. Moderne Western. Heute, während des Western Revivals fallen mit No Country For Old Men oder Lone Star ein. Die Geschichte des Westerns endet eben nicht mit der Gründerzeit.(...)

Sonntag, 4. März 2018


youtube stream: Smithereens

Susan Seidelmans Filme bieten einen guten Einstieg in das New York der frühen 80er, vor allem, weil es bei Seidelman stets um starke und unabhängige Frauen geht. Seidelmans Filme handeln von der bittersüssen Welt der Liebe. Im Mittelpunkt von Smithereens steht eine junge Träumerin, die nach New York kommt, um - ja - berühmt zu werden. Im Sturmschritt, doch in Wahrheit tritt sie nur gegen sich selbst an. Sie heisst Wren (Susan Berman), eine Antiheldin im Fishnet Outfit. Ein Post-Punk. Natürlich kommt Wren nicht aus New York, sondern spricht im breiten Jersey Akzent. Und natürlich wird sie nie berühmt, sondern jobbt in einem Copyshop. Eine Frau vom Land, die vom Leben angepisst ist und einen schwer verdaulichen Charme versprüht. Wren pendelt zwischen zwei Männern: Paul (Brad Rinn), einem Künstler aus Montana, der in einem Bus lebt - und Eric (Richard Hell von den Voidoids), einem Musiker. Die erste Liebesnacht zwischen Wren und Eric endet damit, dass Eric bewusstlos einpennt, bevor sie es tun. Ist sie mehr als bloss ein Groupie für Eric? Um sich zu beruhigen, geht Wren zurück zu Paul und langsam verstehen wir den Untertitel des Films: “She was a legend in her own mind…”

Samstag, 3. März 2018


youtube stream: Blank City

Blank City benutzt ein altgedientes Argument und zwar, dass Armut die beste Voraussetzung dafür ist, Künstler zu werden. Dafür begibt sich diese Doku von Caeine Danhier zurück in die Ära des New Wave, genauer betrachtet, führt sie uns einen kurzen Moment in Erinnerung. Dieser Punkt, an dem ohne Budget Musik und Filme an der Lower Eastside entstanden. Dort, in der "Alphabet Street", nähe 14th Street, wo die Mieten günstig waren und das Leben einfach. Kennen wir das nicht in Berlin? Als eine ganze Reihe von Ladenlokalen in der Pannierstrasse frei standen? Ich kann mich sogar an ein Eck-Geschäft erinnern, inklusive Wohnung! Als wir die Filmkunstbar Fitzcarraldo in der Reichenberger Strasse anmieteten, hatten wir sogar die Auswahl zwischen zwei Läden. Die "Moonshine Bar" wurde es nicht, da ist jetzt die "Rummelsperle" drin. Genauso in New York als man mit einer Super 8 Kamera einen Film fertigstellte. Mit einer Super 8 Kamera, die auch gern gestohlen sein durfte! Die übrige Ausstattung bekam man dann für zehn Dollars. Screenings und Auftritte von Bands fanden statt in Locations, die billig oder illegal waren. Klingt nach Berlin? Doch wir sind immer noch in New York. Hier eine Reihe der Künstler aus diesem Umfeld: Steve Buscemi, Jim Jarmusch, Susan Seidelman, Deborah Harry, Jean-Michel Basquiat. Und jetzt überlegt mal, wie viele mehr, die heute vergessen sind! Kunst basisdemokratisch: Es zählt nicht die Qualität, sondern, einfach loszulegen! Nicht das Können, aber der Wille! Filmemacher gründeten Bands und Bands produzierten Filme. Was macht das schon, wenn man sein Instrument gar nicht beherrscht? (Man erinnere sich an den Instrumententausch von Malaria). Die meisten Filme dieser Zeit dürfte wohl heute niemand mehr nennen können, Ausnahmen wie Seidelmans "Smithereens" and Jarmuschs "Stranger Than Paradise" bestätigen die Regel. Andy Warhol prognostizierte 15 Minuten des Ruhms, aber Jarmusch und Buscemi gings wohl eher darum, 15 Minuten berüchtigt zu sein. Wie Outlaws in einem Western! Begriffe wie "No Wave", "Blank Generation" oder "Cinema of Transgression" drücken dementsprechend die Kunst der eigenen Existenz aus. Wir verstehen sie weniger als übergreifendes Statement. Und wir dürfen uns nicht darüber wundern, dass alles weniger gut gelungen sei, sondern darüber, dass es überhaupt gelang! Das ist die Kunst der Nicht-Kunst. Die meisten Filmemacher waren inspiriert vom New Yorker Indie Film der frühen 60er, von John_Cassavetes und seiner Film-Familie. Übrigens spricht niemand von ihnen in Blanc City darüber, einen guten oder gar grossen Film machen zu wollen. So verrückt kann auch niemand sein! Selbstverständlich stehen heute eine Menge von ihnen in den Regalen unserer Cinemateque. Sie sind Geschichte, werden aber immerhin noch im Keller aufbewahrt. Im DVD Keller Archiv der Filmkunstbar Fitzcarraldo.