Cinema Today: Our Little Sister (OV+germ. subt.), B-Ware, Gärtner Str. 19 (Fhain), 13.00.
Hirokazu Koreeda kennt sein Vorbild und er hat nie einen Hehl daraus
gemacht: Ozu. Die Geschichte einer Familienzusammenführung ist als
Hommage an den grössten japanischen Filmemacher gedacht. Röcke flattern
im Wind, Schneeflocken tanzen durch die Luft, Herbstlaub wird von einer
Brise davon getragen. Koreeda erzählt nicht nur von vier Frauen, seine
Bilder umschmeicheln sie. Sein Film beruht auf dem Manga »Umimachi
Diary« von Akimi Yoshida. Es ist ein grosses menschliches Drama, das
sich vor uns aufbereitet (wobei wir das erst nach und nach realisieren).
Fast unmerklich tauchen wir in den Alltag dreier junger Frauen in, die
ohne ihre Mutter in einem traditionellen Holzhaus in Kamakura vor Tokyo
leben. Sie erfahren vom Tod des Vaters, der die Familie vor Jahren
verliess und treten eine Reise an. Dort lernen sie ihre Halbschwester
Suzu kennen und laden sie ein, bei ihnen zu wohnen. Suzu zieht ein und
ihr Leben wird ab diesem Tag leicht und angenehm. Es entsteht eine
innige Bindung der Geschwister, während die abwesende Mutter innerlich
verhärtet ist. Beiläufig entstehen Gespräche, werden Erinnerungen
ausgetauscht über die Mutter und die Grossmutter. Manchmal sind es
Sinneswahrnehmungen wie der Geschmack von Shirasu, der sie an früher
erinnert. Erzählt wird ruhig und voller Ernst. Die Küstenstadt Kamakura
gehört zu Ozus Welt, hier hat auch er gedreht, hier ist er gestorben.
Genauso wie Suzu fühlte ich mich von den Schwestern herzlich eingeladen,
Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich bin dabei, erlebe die tägliche
Verrichtung der Hausarbeit durch die vier Jahreszeiten. Wir essen
zusammen, trinken Tee, wie eine Familie. Hinter alledem stehen tiefe
Wunden und starke Gefühle - die grossen Fragen des Lebens. Ein grosser
Film!
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