Donnerstag, 10. März 2016

Our Daily Free Stream: Thomas Arslan - Geschwister Kardesler (german only). 







Our Daily Free Stream: Thomas Arslan - Geschwister Kardesler (german only). Was macht eigentlich Thomas Arslan? Regisseur des deutschen Westerns Gold, der 2013 auf der Berlinale lief? Aushängeschild der "Berliner Schule"? Mitbegründer des Wolf Kinos in Neukölln gerade jetzt. Bitte, Herr Arslan! Wir warten auf einen neuen Film! Deshalb zeigen wir heute sein Debüt Geschwister Kardesler: Wenn ich mir die deutschen Filme ansehe, in denen die Rolle des "Türken" vergeben wird, lassen sich folgende Stereotypen aufzählen: 1. Der Gangster-Türke, der mit funkelnden Augen und viel zu viel Testosteron ganz schnell die Hand am Messer hat. Oft spielt dieser Typus den älteren Bruder, der durchdreht, etwa, wenn die Schwester (die meistens zwangsverheiratet werden soll) nicht spurt. 2. Der lustige Ausländer-Türke, der mit merkwürdig hoher Stimme und falscher Grammatik dumme Witze reisst. 3. Die Opfer-Türkin, die kein Kopftuch tragen will und auch nicht heiraten. Oft wird sie vom (zuvor noch gemütlichen) Vater verstossen und vom Gangster-Türken Bruder gejagt. Klar, dass sich Thomas Arslan deshalb geärgert hat und nun einmal "echte" Türken zeigen will! Erol (Tamer Yigit), Leyla (Serpil Turhan) und Ahmed (Savas Yurderi) sind Geschwister aus Kreuzberg. Sie alle kommen aus einer türkischen Familie, wobei die Mutter Deutsche ist. Erol ist ein kleiner Gangster und Hehler, der die Schule geschmissen hat. Nun hat er aber Ärger mit seiner "Szene" und auch der Polizei. Er will Deutschland verlassen, um in der Türkei seinen Militärdienst zu machen. Er glaubt, nur so könne er seine Leben wie in die richtige Bahn lenken. Leyla versucht der Enge der Familie zu entfliehen. Sie ist in dem Alter, da die beste Freundin den wichtigsten Menschen auf der Welt darstellt. Deshalb verbringt sie auch die meiste Zeit mit ihrer Freundin Sevim und würde auch am liebsten mit ihr zusammen ziehen. Anders als Erol hat Ahmed keine Lust auf die Strassenszene rund um das Kottbusser Tor. Er will sein Abi schaffen und anschliessend studieren. Immer wieder geraten Ahmed und Erol deshalb aneinander. Ahmed nimmt am Kottbusser Tor die Position desjenigen ein, den man zwar von Kindheit an kennt, der nun aber anders ist. Wir hören auch die Eltern, wie sie sich darüber unterhalten, was denn nun türkisch und was deutsch sei? Wie funktioniert überhaupt eine türkisch-deutsche Familie? Thomas Arslan kommt selbst aus so einer Familie mit einer deutschen Mutter und einem türkischen Vater. Offensichtlich kennt er auch die Gegend um das Kottbusser Tor recht gut. Seit 1986 studierte er in Berlin; Geschwister ist sein Debüt. Zum Glück ist Arslan kein pädagogischer Filmemacher. Er versucht auch nicht mühsam, eine Geschichte zu erzählen. Stattdessen rutscht ihm diese unprätentiöse Skizze einfach so raus. Ich hatte übrigens nicht den Eindruck, dass das Abhängen und Umherschweifen am Kotti so schlecht sei. Arslans Film ist darüber hinaus auch noch ziemlich oft sehr witzig. Das funktioniert, weil Geschwister zwar in "Jugendsprache" inszeniert ist, aber in einer, die so auch wirklich gesprochen wird. Präziser: Gesprochen wurde, denn der Film ist im Jahr 1997 entstanden. Arslan, ein würdiger Nachfolger der Nouvelle Vague, lässt mir auch genügend Raum, dass ich mir nicht nur seine Familie ansehe, sondern Zeit finde, mal einen Blick auf das Milieu dahinter zu werfen: Irgendwie kommt mir das Kottbusser Tor in Geschwister viel harmonischer vor als es das heute ist. Oder leide ich da an einer Alterserscheinung? Ganz nebenbei jedenfalls, hat sich Geschwister auch zu einem meiner liebsten Berlin Filme entwickelt.

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