Donnerstag, 10. März 2016

Cinema Today: Under The Sun (OV+germ. subt.), Kino Krokodil, Greifenhagener Str. 32, Prenzlauer Berg, 20.15.


Vor ein paar Jahren besuchte ich meinen alten Freund Florian in Peking. Dort besuchten wir das Restaurant der nordkoreanischen Botschaft. Die Kellnerinnen waren bildhübsch, aber abweisend (obwohl sie dabei lächelten). Neben ihrer Aufgabe als Bedienung, hatten sie noch eine zweite: Um 20.00 formierten sie sich zu einer Synthie Popband vor einer Discokugel und dem Bild einer nordkoreanischen Berglandschaft. Ungeheuer laut spielten sie (ziemlich geschmackvollen) Synthie Pop (mit Propaganda Texten, denke ich). Ein chinesischer Geschäftsmann sass mit dem Rücken zur Bühne, wusste wohl nichts von diesen Auftritten und spuckte fast sein Essen aus vor Schreck. Ich dachte, womöglich ist es in Nordkorea ganz anders als wir es in der Zeitung erfahren? Vielleicht sogar angenehm? Vitaly Mansky darf das nun herausfinden. Er bekam eine Drehgenehmigung über ein Jahr in Nordkorea, dem "glücklichsten Land der Welt". Überall Statuen des geliebten Führers; Zeitungen dürfen nicht gefaltet werden, es könnte ja ein Bild des Führers zerknicken. Eine Doku im Sinne einer authentischen Beobachtung dürfte wohl schwierig sein, da der Dreh überwacht wurde. Manksy machte deshalb die Inszenierungsstrategie der Offiziellen kurzerhand zum Thema des Films. Einige "verpatzte" Szenen konnte er aus dem Land schmuggeln. Im Strahl der Sonne wirft nicht nur den Blick auf ein bizarr abgeschottetes Land, sondern wirkt wie ein Lehrfilm für Propaganda. Im Mittelpunkt, die Musterexistenz eines kleinen Mädchens und ihrer Angehörigen. Das Team betritt eine grosse Wohnung und weiss, dass die Familie sie nur für die Dauer des Drehs bewohnen darf. Die Eltern betraten wohl auch ihre Arbeitsstätten (zufällig die Vorzeige-Betriebe des Staates) für die Inszenierung zum ersten Mal. Wir sehen bunt gedeckte Tische und anschliessend Kinder, die den Müll auf der Strasse durchwühlen (wohl eine verpatzte Szene). Die Sequenzen des offiziellen Drehbuchs: Von gespenstischer Durchsichtigkeit. Abstossend, aber auch darin faszinierend. Im Strahl der Sonne ist mitunter aber auch komisch: Ein mit Orden voll behängter Kriegsveteran erzählt Schulkindern seine Heldengeschichte - die Kamera interessiert sich vor allem für das Kind, das ständig einnickt. Der unendlich traurige Schluss über das kleine Mädchen muss wohl auch eine der verpatzten Szenen sein... Sollte ich mit Florian noch einmal in das nordkoreanische Botschafts-Restaurant gehen, weiss ich, wer die Zeche gezahlt hat. (noch mehr kuriose Dokus findest du als Film list auf cinegeek.de)

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